Wie stehen Sie zu demokratischer Kontrolle des Parlaments durch die Öffentlichkeit (Transparenz)?

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Bärbel Bas
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Frage von Siegfried D. •

Wie stehen Sie zu demokratischer Kontrolle des Parlaments durch die Öffentlichkeit (Transparenz)?

Im Februar letzten Jahres hat das Berliner Verwaltungsgericht auf Antrag des Vereins Parlamentwatch gegen die Bundestagsverwaltung (neuerdings also Sie als Repräsentantin) geurteilt: Die Geheimhaltung von Unterlagen zu den Verstößen der Abgeordneten bei den Verhaltensregeln ist „rechtswidrig“. Klarer kann man die Rechtslage nicht formulieren.

Ich beobachte den Fortgang dieser Auseinandersetzung mit großem Interesse, insbesondere deshalb, weil ich mir vom Regierungswechsel im letzten Jahr einen deutlichen Wechsel der Haltung der Bundestagsverwaltung erwartet hatte. Inzwischen regt sich aber bei mir der Verdacht, dass aufseiten der SPD/FDP/Bündnis 90/die Grünen-Fraktionen die Angst vor Transparenz ebenso groß ist wie zuvor aufseiten der CDU/CSU-Fraktion.

Meine Frage: wie begründen Sie die immer noch andauernde Zurückhaltung von Informationen im Widerspruch zu dem rechtskräftigen Urteil? Meiner Meinung nach setzt sich die Bundestagsverwaltung mit diesem Verhalten ins Unrecht

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr D.,

vielen Dank für Ihre Frage. Da Sie sich auf meine Aufgaben als Bundestagspräsidentin beziehen, antworte ich Ihnen nicht in meiner Funktion als Abgeordnete, sondern als Vertreterin des Verfassungsorgans Deutscher Bundestag und der Gesamtheit seiner Mitglieder sowie dank der Zuarbeit der Bundestagsverwaltung: 

Ich habe mir zum Ziel gesetzt, den Bürgerinnen und Bürgern noch besser zu vermitteln, wie das Parlament und seine Abgeordneten arbeiten und was sie für unser demokratisches Gemeinwesen leisten. Dazu gehört auch, Transparenz zu schaffen, wie die Parlamentarier und die Verwaltung des Deutschen Bundestages arbeiten. Gerne erläutere ich deshalb die Hintergründe des von Ihnen angesprochenen Sachverhalts.

Das Verwaltungsgericht Berlin hatte die Bundestagsverwaltung mit Urteil vom 11. Februar 2021 verpflichtet, Parlamentswatch e. V. nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) umfangreich Zugang zu Informationen zu gewähren, die Prüfungen und Sanktionen zu Verstößen gegen die seinerzeit geltenden Verhaltensregeln betreffen. Dabei geht es um den Zeitraum von 2005 bis zum Tag der Antragstellung am 11. Juni 2018 – also über 13 Jahre bis in die 15. Wahlperiode zurückreichend. Erfragt waren Auskünfte über alle Prüfungen, Ermahnungen wegen minder schwerer Fälle, Mitteilungen des Präsidenten an das Präsidium, durch das Präsidium festgestellten Verstöße und Fälle, in denen das Präsidium keinen Verstoß festgestellt hat sowie verhängte Ordnungsgelder und deren jeweilige Höhe. Die Angaben sollten nach Jahren aufgeschlüsselt werden. Grundlage dafür waren die bis zum 18. Oktober 2021 geltenden und bis dahin in der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages geregelten Verhaltensregeln.

Die Bundestagsverwaltung hatte zunächst abgelehnt, diese Auskünfte zu erteilen. Denn ihrer Ansicht nach war die Veröffentlichung von Verstößen in den Verhaltensregeln selbst bereichsspezifisch und abschließend geregelt. Daneben bestehe deshalb kein Raum mehr für weitergehende Auskünfte nach dem IFG. Das Verwaltungsgericht hat jedoch entschieden, dass die Vorschriften des IFG anwendbar sind und demnach der Informationsanspruch – über die Regelung zur Veröffentlichung bestimmter Sanktionen als Bundestagsdrucksachen hinaus – im begehrten Umfang besteht. Angesichts der klaren Entscheidungslage und der Urteilsbegründung hat der Deutsche Bundestag keine Rechtsmittel gegen diese Entscheidung eingelegt.

Die gewünschten Statistiken und Zahlen lagen der Verwaltung in der geforderten Form nicht vor. Die Informationen konnten deshalb nur den Akten entnommen werden, die über die einzelnen Abgeordneten zu deren Anzeigepflichten geführt werden. Deshalb mussten unter erheblichem Personaleinsatz seit dem Frühjahr 2021 eine Auswertungsmatrix vorbereitet und die Akten sämtlicher Mitglieder seit dem Jahr 2005 händisch durchgesehen und sorgfältig ausgewertet werden. So konnten durch die Verwaltung ausgesprochene Erinnerungen bzw. Ermahnungen durch die jeweiligen Präsidenten sowie die entsprechenden Präsidiumsentscheidungen erfasst werden. Diese Daten konnten dem Kläger inzwischen übermittelt werden.

Ich hoffe, diese Auskunft vermittelt Ihnen ein nachvollziehbares Bild zum Stand der Dinge.          

Abschließend möchte ich darauf hinweisen, dass Sie selbstverständlich die Möglichkeit haben, auch auf direktem Weg mit dem Deutschen Bundestag, seinen Abgeordneten oder mir als seiner Präsidentin Kontakt aufzunehmen. Zum Beispiel über: https://www.bundestag.de.

Mit freundlichen Grüßen

Bärbel Bas

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