Frage an Bärbel Höhn bezüglich Finanzen

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Bärbel Höhn
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Frage an Bärbel Höhn von Dorothee S. bezüglich Finanzen

Beamte und Beiträge zur Pension

Sehr geehrte Frau Höhn, habe vorhin die Diskusion bei Herrn Jauch wegen der Benzinpreise gesehen. Dabei kam von Ihnen die, wie schon von vielen anderen Kollegen ihrer Zunft auch platte Aussage, dass Beamte keine Beiträge zu ihren Pensionen zahlen. Rein optisch stimmt das sogar, nur richtig ist es deshalb trotzdem nicht. Im Jahre 1955 (wenn ich mich nicht irre) wurde bei den Beamten ein Abschlag vom Gehalt gemacht, der den Rentenbeiträgen vergleichbarer Angestellter entsprach. Leider hat man versäumt diesen Abschlag und den Arbeitgeberanteil in eine Pensionskasse einzuzahlen. So ist nun heute nichts da. Macht aber auch nichts, denn hätten die diversen Regierungen sicher genauso geplündert wie es bei den Renten geschehen ist. Nur bitte behaupten Sie nie wieder: Beamte zahlen keinen Beitrag zu ihren Pensionen. Dies entspricht nicht den Tatsachen.

Meine Frage dazu: stimmt ihre Aussage oder habe ich Recht?

Dorothee Schäfer

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Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Schäfer,

wir schreiben das Jahr 2012 und sind nicht mehr in den 50er Jahren. Die Zeit ist weitergegangen. Der Abschlag, den Sie erwähnen, hat sich inzwischen zu einem satten Plus im Nettogehalt der Beamten entwickelt. Ich hatte als Ministerin in NRW die Situation, dass circa die Hälfte der Mitarbeiter Angestellte und Arbeiter waren, die andere Hälfte Beamte. Für einen Hochschulabsolventen machte bei absolut gleichen familiären und regionalen Voraussetzungen in der gleichen Gehaltsgruppe die Differenz 500 Euro im Monat netto aus - diese bekam der Beamte mehr gegenüber dem Angestellten. Ich musste meiner Belegschaft also erklären, warum dies bei gleicher Arbeit so war. Das ist nicht platt, sondern diese Ungerechtigkeit ist leider Realität. Woran liegt diese Entwicklung, die sich Mitte der 50er Jahre anders darstellte? Die Umlagefinanzierung der Rente war dem Denken der Generation Adenauer geschuldet - Kinder kriegen die Leute sowieso. Dass dies so nicht stimmte und im Verlauf der Jahre immer weniger BeitragszahlerInnen pro Renter die Altersbezüge erwirtschaften mussten, funktionierte irgendwann nicht mehr. Die Regierung Kohl verschloss lange die Augen davor - Sie erinnern sich sicherlich an Blüms Ausspruch: Die Rente ist sicher - der leider nicht mehr stimmte. Erst die rot-grüne Bundesregierung leitete die notwendigen Reformen wie die Verlängerung der Lebensarbeitszeit und die teilweise Beitragsfinanzierung ein, die sicherlich nicht angenehm, aber notwendig waren. Für einen umfassenden Vergleich der wirtschaftlichen Situation von BeamtInnen und gesetzlich Versicherten im Alter sind neben weiter zurückliegenden Änderungen und Reformen auch Veränderungen in jüngerer Zeit zu berücksichtigen. Dazu gehören sicherlich die Einführung der Tarifordnung des TVöD im öffentlichen Dienst, die Folgen der Massenarbeitslosigkeit der 90er und 2000er Jahre und die oftmals prekär gewordenen Erwerbsbiographien in den letzten Jahren und Jahrzehnten. In jüngerer Zeit ist zudem die wiederholte Umstellung der Finanzierung von Maßnahmen des sozialen Ausgleichs innerhalb der Rentenversicherung von einer Steuerfinanzierung auf eine Beitragsfinanzierung zu berücksichtigen, die ja zu einer Entlastung nicht nur, aber auch, der Beamten beigetragen hat. Markus Grabka vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung sprach bezüglich der Altersvorsorge von einer "doppelten Privilegierung" der Beamten: Die Koppelung der Altersbezüge an das letzte Gehalt (und nicht das Durchschnittseinkommen im Erwerbsverlauf) und die Nichtzahlung von Beiträgen. Es wäre wünschenswert, wenn wir für andere Berufsgruppen dieselbe Situation in Alter hätten wie für die BeamtInnen - bei denen es als einzige Berufsgruppe keine Altersarmut gibt. Leider ist dies im Moment bei vielen Berufsgruppen nicht der Fall und deshalb sehen wir bei der Gleichbehandlung von Beamten und Nichtbeamten bei der Alterssicherung weiterhin Handlungsbedarf. Grundlage dafür muss selbstverständlich eine umfassende Betrachtung der Belastungen und Aufgaben verschiedener Berufsgruppen sein und auch die besondere Bedeutung, die den Beamten für die Sicherstellung der öffentlichen Aufgaben zukommt.

Mit freundlichen Grüßen,

Bärbel Höhn