Frage an Bettina Hagedorn bezüglich Gesundheit

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Bettina Hagedorn
SPD
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Frage von Carsten L. •

Frage an Bettina Hagedorn von Carsten L. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrte Frau Hagedorn,

Hunderttausende sterben jedes Jahr unter unsäglichem Leid an Krebs.

Karl Lauterbach: ".Bei den Erfolgen, die Operateure heute feiern, ist es ein Trauerspiel, dass so viele Menschen nicht in den Genuss eines Spenderorgans kommen.." https://www.welt.de/wirtschaft/article181410776/Organspende-Was-die-Widerspruchsloesung-gefaehrden-koennte.html .

Unfassbar ist es, wenn Politiker krebsfreien Menschen Hoffnung machen, somit zu einer Therapie raten, die über kurz oder lang, zu eben dieser Krebserkrankung führt. Kranke Patienten hegen meist keine Zweifel an der Therapieempfehlung ihres Arztes, sie wollen an ihre Rettung glauben, an Heilung http://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/uniklinik-frankfurt-zweifelhafte-psma-therapie-gegen-prostatakrebs-a-1244065.html, auch wenn sie diese Therapie geradewegs zu dem führt, das sie - verzweifelt - verhindern wollten, den Tod. Die Therapieempfehlung ist die von bestimmten Politikern geradezu beschworene Organspende, als würde es sich hierbei um einen Jungbrunnen, eine Wiedergeburt, gar das ewige Leben handeln https://www.bundesgesundheitsministerium.de/gzso.html.

Viele Menschen können Sie in dieser Situation nicht von einem therapierenden Arzt unterscheiden.

Medikamente unterdrücken das Immunsystem, damit das Gewebe nicht abgestoßen wird und befördern zugleich das Krebswachstum, weil Krebszellen vom Immunsystem nicht mehr effektiv bekämpft werden können. Beispielhaft der Fall einer Frau, die an der Lungenkrankheit Mukoviszidose litt. Rund anderthalb Jahre nach der Transplantation einer Lunge und 3 Monate nach der Entdeckung von Krebs, ist Sie an diesem verstorben http://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/transplantation-einer-raucherlunge-organempfaengerin-stirbt-an-lungenkrebs-a-1236881.html .

Vor der Transplantation hatte sie 38 Jahre - zumindest - gelebt.

Ist es aus Ihrer Sicht nötig, den Sachverhalt wissenschaftlich nüchtern, den Bürgern als Mediziner und nicht als Therapeut, zu erklären?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Linseisen,

vielen Dank für Ihre Frage auf abgeordnetenwatch.de vom 26. Februar 2019 zum Thema Organspende. In dieser weisen Sie auf die potentiellen Gefahren einer Organspende – insbesondere das für den Organempfänger hohe Krebsrisiko – hin und fragen nach einer „wissenschaftlich nüchternen“ Erklärung des Sachverhaltes. Das Thema Organspende ist eines, welches die Gesellschaft „bewegt“ und nicht nur kontrovers, sondern auch emotional debattiert wird.

Seit 17 Jahren bin ich Mitglied im Deutschen Bundestag. Obwohl ich über 16 Jahre als Mitglied im Haushaltsausschuss tätig war, waren mir die Themen Gesundheit und Pflege – geprägt von persönlicher Erfahrung mit Pflege und Tod – stets ein wichtiges Anliegen. Seit 2004 absolviere ich jedes Jahr Praktika in Pflegeeinrichtungen oder auf Intensivstationen und habe viele betroffene Patienten kennengelernt. Ihre Forderung nach größtmöglicher wissenschaftlicher Transparenz kann ich daher sehr gut nachvollziehen! Statistiken und Studien zeigen uns, dass Organtransplantationen eine hohe Erfolgsquote aufweisen können. Nach Information des BZgA (Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung) funktionieren beispielsweise fast 90 Prozent der transplantierten Nieren noch nach einem Jahr, nach fünf Jahren sind es noch etwa 75 Prozent. Fast 80 Prozent der transplantierten Herzen sind nach einem Jahr noch funktionsfähig. Nach fünf Jahren sind es noch 65 Prozent. Für schwerkranke Menschen, die so dringend auf eine Organspende warten sind dies hervorragende und „mutmachende“ Zahlen.

Natürlich stimmt es auch, dass eine Organtransplantation nicht ohne Risiko verläuft. Die Aufklärung über diese Risiken ist für Spender und Empfänger enorm wichtig. Eine Entscheidung kann nur auf Basis aller Informationen nach aktuellem Stand der Wissenschaft erfolgen und dazu gehört eben auch, dass Organtransplantationen nicht immer positiv verlaufen. Deshalb finde ich es gut, dass die BZgA auch hierzu Informationsmaterial zur Verfügung stellt. Unter anderem umfangreiche Broschüren können unter folgendem Link kostenfrei heruntergeladen oder bestellt werden: https://www.organspende-info.de/infothek/infomaterialien/fachbandreihe

Sie zielen in ihrer Anfrage insbesondere auf ein erhöhtes Krebsrisiko nach Organtransplantation ab, welches durch die langfristige Einnahme von das Immunsystem schwächenden Medikamenten bedingt ist. Wissenschaftlich erwiesen ist, dass einige Tabletten – oder auch körperliche Abstoßungsreaktionen nach Transplantation eines Organs – das Immunsystem des Empfängers derart schwächen können, dass sich Tumore schneller und einfacher bilden und verbreiten. Ich stimme Ihnen zu, dass dieses Risiko – über die exakte Größe der Gefahr gibt es unterschiedliche wissenschaftliche Erkenntnisse – jedem Empfänger vor Organen bewusst sein muss. Eine entsprechende Aufklärung hat durch die behandelnden Ärzte zu erfolgen. Die Politik kann dabei Leitlinien setzen, in welchen Rahmenbedingungen Organspenden durchgeführt werden. Die Zielrichtung ist jedoch klar: Die Organspende ist für viele Patienten meist der letzte „Hoffnungsschimmer“ – diese Menschen müssen und wollen wir unterstützen!

Denn nur 797 Menschen haben im Jahr 2017 ihre Organe gespendet, zeitgleich warten nach Angaben der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) mehr als 10.000 Menschen auf ein Spenderorgan. Ich muss nicht erwähnen, dass ich persönlich seit 20 Jahren einen Organspende-Ausweis bei mir trage – es besteht allerdings aus meiner Sicht auch politischer Handlungsbedarf.

In der SPD diskutieren wir intensiv und seit langem über dieses wichtige Thema. Der ehemalige SPD-Fraktionsvorsitzende und jetzige Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat im Jahr 2010 mit einer Nierenspende seiner schwer erkrankten Frau geholfen und damit auch zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit für dieses Thema beigetragen. Seit dem ist einiges passiert: Um die Organspende-Praxis transparenter zu machen, haben wir uns in der Koalition auf Druck der SPD bereits 2016 auf ein Transplantationsregister verständigt. Ein Jahr später hat sich der SPD-Bundesparteitag mit dem Thema Organspende beschäftigt und sich deutlich für eine Intensivierung der Werbung für Organspenden, inklusive der Aufklärung an Schulen, ausgesprochen.

Im Koalitionsvertrag haben wir das Problem fehlender Organspender ebenfalls aufgegriffen. So findet sich dort ein klares Bekenntnis zum Ziel einer Erhöhung der Organspenden. Um dies zu erreichen „werden wir eine verbindliche Freistellungsregelung für Transplantationsbeauftragte schaffen und diese finanzieren. Die Organentnahme wird höher vergütet“ (S.100 im Koalitionsvertrag). Das ist ein Schritt in die richtige Richtung und wird die Rahmenbedingungen für Organspenden erheblich verbessern und natürlich auch zu einer besseren Aufklärung der Patienten über mögliche Risiken führen! CDU-Gesundheitsminister Jens Spahn hat dazu am 31. August 2018 seinen ersten Gesetzentwurf veröffentlicht, der am 14. Februar 2019 in 2./3. Lesung vom Bundestag verabschiedet wurde.

Mit freundlichen Grüßen,
Bettina Hagedorn

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