Wie stehen Sie zur Prüfung des AfD-Verbots-Verfahrens?

Dr. Carsten Brodesser
Carsten Brodesser
CDU
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Frage von Wolfgang W. •

Wie stehen Sie zur Prüfung des AfD-Verbots-Verfahrens?

Sehr geehrter Herr Brodesser,

sicherlich haben Sie auch von der neuesten Recherche von Correctiv.org und Greenpeace sowie anderen über die unsägliche "Konferenz" nur 8 Kilometer vom Haus Wannsee entfernt gehört, in der Neurechte, Nazis und hochrangige AfD-Mitglieder, mir fällt es schwer, da noch eine Unterscheidung zu treffen, über die Möglichkeiten, "Undeutsche" aus Deutschland zu entfernen, diskutiert haben.
Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Ich habe Angst davor, dass diese Faschisten durch die zögerliche Haltung in Bezug auf ein Verbotsverfahren Schritt für Schritt an die Macht kommen. Ich mag unsere Demokratie, ich mag unsere offene Gesellschaft. Die AfD will das alles abschaffen. Ich bitte Sie hiermit als Abgeordneter für unseren Kreis, das Thema endlich anzugehen! Hitler und die Nazis haben die Demokratie auch auf demokratische Weise unterwandert. Wenn "Nie Wieder!" nicht nur eine Phrase seins soll - und das darf es nicht -, muss die Demokratie JETZT handeln!
Mit freundlichen Grüßen

Dr. Carsten Brodesser
Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr W.,

 

vielen Dank, dass Sie mich erneut über Abgeordnetenwatch kontaktieren und auf ein AfD-Verbot ansprechen.

 

Ich habe den Artikel von Correctiv.org zu einem Geheimtreffen in Potsdam mit AfD-Politikern und Rechtsextremisten, in dem über Deportationen (auch von deutschen Staatsbürgern) gesprochen sein soll, gelesen. Mich hat dieser geschockt und entsetzt. Die dort genannten „völkischen Fantasien“ zeugen von einem ekelhaften Gedankengut und sind verfassungsfeindlich. Ich stimme Ihnen zu: Nie Wieder ist Jetzt. Die Demokratie muss wehrhaft sein und sich gegen Extremisten wehren.

 

Bezüglich eines erfolgreichen Parteiverbotsverfahren der AfD bin ich allerdings noch skeptisch. Für ein Verbot einer Partei gibt es klare verfahrenstechnische Regeln. Diese werden im Grundgesetz sowie im Bundesverfassungsgerichtsgesetz geregelt. Einen Antrag für ein Parteiverbotsverfahren kann sowohl der Bundesrat, Bundestag als auch die Bundesregierung stellen. Zuerst ist die Verfassungswidrigkeit zu klären. Demnach sind Parteien verfassungswidrig, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitlich demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden. Gleichwohl genügt es nicht allein, verfassungsfeindliche Ideen zu verbreiten. Dazu müssen noch aktiv kämpferische, aggressive Haltungen gegenüber der freiheitlich demokratischen Grundordnung, auf deren Abschaffung die Partei abzielt, sowie konkrete Anhaltspunkte für ein potenzielles Erreichen dieser verfassungsfeindlichen Ziele hinzukommen. Die Aktionen von einzelnen Akteuren sind meines Wissens nach nicht ausreichend für ein Verbot einer Partei.

 

Das Problem des Rechtsextremismus und des rechtsextremen Gedankenguts würde sich mit einem Verbot der AfD nicht automatisch auflösen. Stattdessen erachte ich es als zielführender, die AfD politisch zu stellen. Es müssen demokratische Lösungen gefunden werden für die Ursachen, warum Menschen dieser Partei ihre Stimme geben würden. Die Sorgen und Probleme der Bürger müssen ernst genommen werden und die demokratischen Parteien in unserem Land ihren Job machen. Das gilt für uns als CDU/CSU sowie für die Ampel-Koalition aus SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen.

 

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Carsten Brodesser

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