Frage an Carsten Sieling bezüglich Wirtschaft

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Carsten Sieling
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Frage von Angela R. •

Frage an Carsten Sieling von Angela R. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Dr. Sieling,

Sie haben gestern im Bundestag für den EURO-Rettungsschirm gestimmt. Dazu habe ich folgende Fragen: Sind Sie wirklich tief im Inneren überzeugt davon, dass dieser eingeschlagene Weg richtig ist? Es gibt keine Erfahrung aus der Vergangenheit!
Macht es Ihnen keine Angst, mit diesen astronomischen Summen zu hantieren, zumal die Folgen für alle Bürger völlig unkalkulierbar sind resp. die Bürger ausbluten werden.

Ich bin zunehmend entsetzt über unsere Volksvertreter, die eigentlich schon gar keine mehr sind.

Beste Grüße
Angela Ruhfus

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Ruhfus,

vielen Dank für Ihre Frage.

Ich habe im Deutschen Bundestag der Ausweitung des Gewährleistungsrahmens des provisorischen Rettungsschirms EFSF zugestimmt. Obwohl Risiken unabweisbar sind und eine Reihe von Regelungen, wie etwa die ausreichende Gläubigerbeteiligung des Finanzsektors über einen sogenannten Schuldenschnitt, nicht erfüllt sind, kann mit der EFSF der aktuellen Staatschuldenkrise begegnet werden. Europa ist zu wichtig, um wegen einzelner Mängel am Rettungsschirm das Gesamtkonzept abzulehnen. Trotz aller Schwächen ist die EFSF derzeit die beste Möglichkeit, der Krise zu begegnen.

Als SPD wollen wir hierzu Klarheit, denn das scheibchenweise Vorgehen von Bundesregierung und Kanzlerin schafft Unsicherheit an den Finanzmärkten und erhöht damit die Risiken. Darüber hinaus ist diese Informationspolitik der schwarz-gelben Bundesregierung unredlich.

Trotz der Unsicherheit spreche ich mich wie die SPD-Bundestagsfraktion für die Stabilisierung des Euros aus. Wir tun dies, weil die Zukunft der Europäischen Union und damit Wohlstand, Frieden und Zukunftschancen davon abhängen. Insbesondere Deutschlands wirtschaftlicher Erfolg ist zu großen Teilen abhängig vom Export in andere europäische Länder. Dafür brauchen wir den Euro. Wir müssen also mit allen Mitteln verhindern, dass eine Kettenreaktion in Gang kommt, die eine erneute schwere Finanz- und Bankenkrise mit sich bringt und im schlimmsten Fall bisher stabile Staaten, wie die Bundesrepublik, betreffen könnte.

Diese Gefahr besteht vor allem dann, wenn es zu Zahlungsausfällen durch Staatspleiten käme. Diese Situation entstünde, wenn etwa Griechenland pleite wäre oder ganz aus der Währungsunion ausscheidet. Die Folgen einer griechischen Insolvenz für den Euroraum sind nicht absehbar. Auch gibt es bisher kein europäisches Verfahren, wie mit insolventen Staaten umzugehen ist.

Ein Ausschluss Griechenlands aus der Währungsunion ist jedenfalls keine Lösung. Die griechischen Staatsschulden würden sich nicht verringern und ohne den Rückhalt der Währungsunion hätte Griechenland noch weniger Chancen, sich zu rekapitalisieren. Die griechische Regierung hat ihre Schulden in Euro gemacht und wird sie auch in Euro zurück-zahlen müssen. Das heißt: Der griechische Schuldenberg würde im Falle einer schwachen Drachme noch weiter wachsen. Verbunden wären damit katastrophale Folgen für Wirtschaft, Arbeitsplätze und soziale Stabilität in Griechenland. Auf der anderen Seite wären auch zahlreiche Banken in Europa und Deutschland von einem Kreditausfall betroffen.

Gemäß dem Vertrag von Lissabon ist es sowieso nicht möglich, ein Land aus der Eurozone auszuschließen. Es handelt sich also um eine rein theoretische Diskussion. Würde es dennoch geschehen, ist ein Dominoeffekt zu befürchten: Der Verbleib anderer, schwächerer Staaten in der Währungsunion wäre nicht mehr garantiert, was zu schweren Unruhen an den Finanzmärkten und in Folge daraus auch für Wirtschaft und Demokratie führen würde.

Die EFSF ist daher kurz- und mittelfristig ein notwendiger Weg Griechenland zu helfen und die anderen Euro-Staaten vor den negativen Auswirkungen einer griechischen Staatspleite zu schützen. Noch effektiver wäre sie allerdings, wenn gleichzeitig ein Wachstumsprogramm, etwa aus EFSF-Mitteln finanziert würde, das die griechische Konjunktur ankurbelt, neue, nachhaltige Arbeitsplätze schafft und so Griechenland hilft, wieder wettbewerbsfähig zu werden.

Mit freundlichen Grüßen,

Dr. Carsten Sieling MdB