Frage an Carsten Sieling bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

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Carsten Sieling
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Frage von Christiane S. •

Frage an Carsten Sieling von Christiane S. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Sieling,

ich verstehe nicht, warum die Abstimmung der Bevölkerung auf der Krim, dass sie mit großer Mehrheit für eine Wiedervereinigung mit Russland sind, nicht akzeptiert werden kann. Gerade wir als Deutsche sollten doch für dieses Anliegen Verständnis aufbringen.Die Krim ist an die Ukraine verschenkt worden, ohne jede Rechtsgrundlage und ohne die Bevölkerung zu fragen. Haben die Krim-Bewohner unter diesen Umständen nicht ein Recht darauf, autonom über ihre Staatszugehörigkeit zu entscheiden?

Auf der anderen Seite bekommt eine nicht demokratisch gewählte "Übergangsregierung", die nicht durch Wahl sondern durch einen Putsch an die Macht gekommen ist, eine finanzielle Zusage in Milliardenhöhe von der EU. Sollte man da nicht erst ein Mal die demokratischen Wahlen in der Ukraine abwarten, bevor man davon ausgeht, dass die jetzigen Regierungsmitglieder, den Willen des gesamten ukrainischen Volkes vertreten?

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SPD

Sehr geehrte Frau Schulz-Ekloff,

vielen Dank für Ihre Frage auf abgeordnetenwatch.

Dass die Willenserklärung der Krim, zu Russland gehören zu wollen, völkerrechtlich keinen Bestand haben kann, hat einen einfachen Grund: Die ukrainische Verfassung sieht keine lokalen Referenden zu politischen Frage vor. Daher kann auch die Autonome Republik der Krim nicht einfach per Referendum erklären, nicht mehr zur Ukraine, sondern zu einem anderen Land gehören zu wollen. Über eine derartige Frage müsste die gesamte Ukraine abstimmen.
Entsprechend schwierig ist es auch, die einseitige Veränderung der Grenzen durch die Autonome Republik der Krim und Russland damit zu entschuldigen, dass die damaligen Bewohner über die Angliederung der Krim zur Ukrainischen Sozialistischen Sowjetrepublik nicht direkt selbst entscheiden konnten. Denn richtig ist, dass sich Russland und die internationaler Staatengemeinschaft mit dem Ende der Sowjetunion 1991 darauf geeinigt hat, dass die Grenzen zwischen den "Fortsetzerstaat" Russland und den nunmehr 14 unabhängige Staaten nicht verändert werden. Diese Einigung wurde von Russland verhandelt und akzeptiert und hatte bis zum Ausbruch der Krise auf der Krim Bestand. Folglich gibt es für eine einseitige Aufhebung dieser Einigung - noch dazu durch ein lokales und in der Verfassung der Ukraine nicht vorgesehenes Referendum, keine Rechtsgrundlage.
Noch ein Wort zu den finanziellen Zusagen für die Ukraine: Richtig ist, dass die derzeitige Regierung durch einen revolutionären Akt an die Macht gekommen ist, der ebenfalls nicht mit der Verfassung des Landes im Einklang steht. Unabhängig von der verfassungsrechtliche Legitimität dienen die finanziellen Zusagen der EU beispielsweise aber vor allem der Stabilisierung der ukrainischen Volkswirtschaft. Diese sind entsprechend konditioniert und sollen verhindern, dass sich die politische Krise durch eine wirtschaftliche Krise verschärft. Gleichzeitig ist aber vollkommen klar, dass die demokratische Wahl des ukrainischen Präsidenten schnellstmöglich stattfinden und die vollständige verfassungsrechtliche Legitimität wieder hergestellt werden muss.

Mit freundlichen Grüßen,

Dr. Carsten Sieling MdB