Sehr geehrter Herr Dürr, was spricht heute noch wirklich gegen die Abschaffung des Ehegattensplittings?

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Christian Dürr
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Frage von Katja T. •

Sehr geehrter Herr Dürr, was spricht heute noch wirklich gegen die Abschaffung des Ehegattensplittings?

Sie verteidigen das Ehegattensplitting mit der Aussage, es leite sich "aus der Verfassung ab, die die Ehe unter besonderen Schutz stellt." (Spiegel Politik, 11/7). Während die Verfassung durchaus eine Stütze für politische Stabilität sein kann, hätte ich mir mehr Substanz als "Das steht so im Buch" gewünscht. Ist die unreflektierte Umsetzung von Prinzipien der Weg, den Sie für Deutschland in die Zukunft sehen? Auf der Gegenseite gibt es derweilen ungleich praxisrelevantere Argumente _für_ die Abschaffung, zB dass dadurch (wie von anderen Ländern vorgelebt) mehr Fachkräfte für den Arbeitsmarkt verfügbar werden und dass die Inzidenz von finanzieller Abhängigkeit (gerade bei Frauen und im Alter) reduziert wird. Halten Sie diese Veränderungen nicht für erstrebenswert? Und zum Thema Familie: das Familiensplitting als Alternative wurde ja bereits vorgeschlagen, mit klaren Vorteilen. Aber warum Kinderlose mit Trauschein Steuervorteile verdienen, dafür würde ich gerne Ihre Argumente lesen.

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Guten Tag!

Vielen Dank für Ihre Frage.

Als Freie Demokraten lehnen wir die Abschaffung des Ehegattensplittings ab, da dies zu einer enormen Mehrbelastung der Mitte der Gesellschaft führen würde. Zudem würde eine Abschaffung ausschließlich die mittleren und unteren Einkommen treffen: Gutverdiener, die zusammen mehr als 62.000 Euro im Jahr verdienen, fallen unter den Spitzensteuersatz - die Steuerprogression greift nicht mehr. Sie profitieren also nicht vom Splitting. Für diejenigen, die weniger als ca. 62.000 Euro im Jahr verdienen, würde es eine Steuererhöhung bedeuten, die im Koalitionsvertrag klar ausgeschlossen wird. Deutschland ist schon heute ein Höchststeuerland. Eine Steuererhöhung zu Lasten der Familien wäre ein falsches Signal an die Menschen in unserem Land. Erfreulicherweise gibt es dafür keine Mehrheiten im Parlament.

Zudem verweise ich gerne noch einmal auf den Artikel 6 des Grundgesetzes. Das Grundgesetz ist unsere Verfassung und dort ist der besondere Schutz der Ehe festgeschrieben. Das Ehegattensplitting ist somit keine beliebige Steuervergünstigung, sondern ein Gebot unserer Verfassung. Damit wird gewürdigt, dass Menschen füreinander Verantwortung übernehmen.

Darüber hinaus bin ich davon überzeugt, dass es nicht Aufgabe des Staates ist, in die persönliche Lebensgestaltung von Familien und Paaren einzugreifen. Zudem ist die Anzahl der Ehen mit stark unterschiedlichen Einkommen der Ehepartner und hohem Splittingeffekt rückläufig. So ist der Anteil der Ehen, in denen nur ein Ehepartner zum Familieneinkommen beiträgt, von 29 Prozent im Jahr 2010 auf 20 Prozent im Jahr 2023 gesunken. Die Bürgerinnen und Bürger sollen selbst und frei entscheiden, welches Modell für sie das Beste ist. Dazu bedarf es keiner staatlichen Lenkung.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr

Christian Dürr

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