Wieso wollen Sie weiter Grenzkontrollen, wenn Sie gegen Asylrechtsverschärfungen gestimmt haben?

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Christian Dürr
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Frage von Markus P. •

Wieso wollen Sie weiter Grenzkontrollen, wenn Sie gegen Asylrechtsverschärfungen gestimmt haben?

Sehr geehrter Herr Dürr,

in der Welt Online vom 13.07.24 steht, dass Sie weitere Grenzkontrollen wollen und auch eine Begrenzung der irregulären Migration durch Asyl.

Laut den namentlichen Abstimmungen im Bundestag haben Sie aber folgende Anträge zur Reduzierung der Migration abgelehnt
* 28.4.2023

Folgenden Anträge, die auch ein Anreiz sind, über Asyl einzureisen, haben Sie zugestimmt
* 23.6.2023 Fachkräfteeinwanderung
* 19.1.2024 Staatsangehörigkeitsrecht
* 2.12.2022 Chancenaufenthaltsrecht

Und enthalten
* 7.6.2019 Durchsetzung Ausreisepflicht

Können Sie mir daher bitte Ihren Sinneswandel erläutern?

Mit freundlichem Gruß
Markus P.

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Sehr geehrter Herr P.

vielen Dank für Ihre Frage.

Einen Sinneswandel kann ich in meinem Abstimmungsverhalten nicht erkennen. Wir Freie Demokraten sind eine weltoffene Partei und beurteilen Menschen nicht danach, wo sie herkommen, sondern danach, was sie für Ziele verfolgen und wie sie sich in unsere Gesellschaft einbringen.

Das Grundrecht auf Asyl ist für uns Liberale ein hohes Gut. Gleichzeitig stellen wir fest, dass es im Bereich der Fluchtmigration Missbrauchsfälle gibt. Teilweise wird das Asylrecht zur Einwanderung in die Sozialsysteme genutzt, wofür es nicht gedacht ist. Dadurch kommt es zur Überforderung der Aufnahmekapazität und -bereitschaft unserer Gesellschaft. Deshalb ist für mich klar: Wir brauchen mehr Ordnung und Kontrolle in der Migrationspolitik: Zuwanderung leistungsbereiter Menschen in unseren Arbeitsmarkt ja, Zuwanderung in die Sozialsysteme ohne Asylgrund nein.

Anhand dieser politischen Überzeugung stimme ich im Deutschen Bundestag ab:

Der Gesetzentwurf für das sog. Geordnete-Rückkehr-Gesetz von 2019 war nicht konsequent genug. Statt das Asyl- und Aufenthaltsrecht grundlegend zu überholen, betrieb die damalige Große Koalition nur Flickschusterei. Zwar enthielt der Gesetzentwurf auch Verbesserungen, doch die grundlegenden Probleme wurden vertagt, insbesondere blieb das Kompetenzchaos von Bund und Ländern weitgehend bestehen. Deshalb habe ich mich damals enthalten. Erst die gegenwärtige Regierungskoalition hat hier mit dem Rückführungsverbesserungsgesetz Anfang 2024 Abhilfe geschaffen.

Der CDU/CSU-Antrag von 2023 enthielt teilweise inhaltlich vernünftige Ansätze, war aber von den Verhandlungen auf Bund-Länder-Ebene schon überholt und versuchte, den Bund einseitig zugunsten der Länder in die Verantwortung zu nehmen. Wir können migrationspolitisch aber nur mit allen föderalen Ebenen gemeinsam und nicht gegeneinander vorankommen.

Meine Zustimmung zu den drei von Ihnen genannten Gesetzen von 2022 und 2023 – Fachkräfteeinwanderung, Chancenaufenthalt und Staatsangehörigkeit – habe ich aus voller Überzeugung gegeben, denn mit diesen Gesetzen sind wir einen guten Schritt in die Richtung eines weltoffenen Landes gegangen, das attraktiv ist für Leistungsträger, die sich bei uns einbringen wollen. Einen Anreiz, über das Asylrecht einzureisen, stellen sie gerade nicht dar, im Gegenteil:

Wir haben jetzt endlich eines der modernsten Einwanderungsgesetze der Welt, das mit einem Punktesystem nach kanadischem Vorbild diejenigen aussucht, die zu uns passen und die unser Land und unseren Arbeitsmarkt bereichern. Mit dem neuen Staatsangehörigkeitsrecht und dem einmaligen Chancenaufenthalt belohnen wir diejenigen, die sich besonders gut bei uns integriert haben. Zugleich haben wir die Kriterien für den Erwerb der Staatsangehörigkeit deutlich verschärft: Eine Einbürgerung setzt künftig voraus, dass der eigene Lebensunterhalt durch Arbeit selbst finanziert wird. Bislang war eine Einbürgerung trotz Sozialleistungsbezug möglich. Das ändern wir. Denn Einbürgerungen, die den Bezug von Transferleistungen zementieren, lehnen wir ab.

Auch bei Vorstrafen ziehen wir rote Linien ein: Wer antisemitische, rassistische, fremdenfeindliche oder sonstige menschenverachtende Handlungen begangen hat, kann künftig nicht eingebürgert werden. Wer die Werte unseres Grundgesetzes ablehnt, kann die deutsche Staatsbürgerschaft nicht erhalten. Dazu werden die Abfragen bei Sicherheitsbehörden und Nachrichtendiensten verbessert.

Insgesamt sind wir – bei allen noch offenen Problemen – auf einem guten Weg, denn im Gegensatz zur Vorgängerkoalition haben wir die Weichen viel klarer auf Leistungsbereitschaft und gelungene Integration gestellt. Zugleich müssen wir die Fehlanreize im Asylsystem noch weiter abbauen. Immerhin haben wir erreicht, dass die Asylanträge in den ersten sieben Monaten dieses Jahres bereits um rund 20 Prozent gegenüber dem Vorjahr gesunken sind.

Freundliche Grüße,

Christian Dürr

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