Frage an Christian Fender bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen

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Frage von Rainer S. •

Frage an Christian Fender von Rainer S. bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen

Wie sehen sie die städtebauliche Zukunft der Stadt Berlin? Kann die Stadt Berlin weiterhin 30.000 Neubürger aufnehmen ? Wie sehen sie die Zukunft für den innerstädtischen Verkehr ? Welche Verbesserungsvorschläge haben sie ?

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DIE VIOLETTEN

Sehr geehrter Herr S.,

vielen Dank für ihre Fragen.

#Städtebau

ich beobachte in mir keine städtebaulichen Visionen im architektonischen Sinne. Grundsätzlich mag ich diese Stadt mit ihren vielen Zentren, interessanten Orten. Diese Stadt hat viele bekannte Highlights, aber auch viele versteckte Möglichkeiten für spezielle Szenen sich zu begegnen. Ich liebe diese Stadt für ihr Angebot an Kultur, Partyszene, spirituellen Zentren und Begegnungsmöglichkeiten und möchte, dass dies auch so bleibt und ggf. gefördert wird. Was ich sehr schätze sind die vielen Parks, Grünflächen und auch Seen. Ich bin übrigens für den Erhalt der Wiese, an der Stelle wo der Palast der Republik stand, als Erholungsort anstatt dort ein Bauprojekt zu starten, dessen Kosten sicherlich wie bem BER nach und nach den Haushalt mehr belasten werden als veranschlagt. Nach meinem Geschmack dürften es gerne weniger bis gar keine Spielotheken sein.

#Gentrifizierung

Zu der Zahl 30.000 kann ich nichts sagen. "Leider" leben wir in der geilsten Stadt der Welt. Wir ziehen viele Kreative, Lebenskünstler_innen, Studierende, aber auch Firmen und Businessmenschen an. Nebenbei leben noch viele Menschen in Unterkünften für Geflüchtete, von denen nach und nach auch ein großer Teil in den vorhandenen Wohnraum integriert werden möchte.

Ich kenne das Problem der Gentrifizierung allein schon wegen meiner eigenen Miete hier im Wedding ;-) Außerdem weiß ich als Sozialpädagoge, dass Trägern der Jugendhilfe (oder für psychisch kranke Erwachsene), ziemlich leicht Wohnobjekte verlieren und ziemlich schwer Neue anmieten. Ich hatte mal das Vergnügen mit einer gerade 18 Jahre alt gewordenen Klientin auf Wohnungssuche zu gehen. Das dauerte sehr lange. Teilweise muss allein wegen der Wohnungssuche kostenintensive Jugendhilfe verlängert werden, weil Klient_innen sonst von Wohnungslosigkeit bedroht wären.

Ob wir als Stadt weiter wachsen werden? Mit Sicherheit. Ob wir die neuen Hinzugezogenen integrieren? Abgesehen von langen Wartezeiten bei Bürger_innenämtern, sicherlich auch, sofern die Grundwerte stimmen.

#Ehrlichkeit

Aber was ich mit Sicherheit sagen kann ist, dass dieser Prozess, egal wie die Wahl ausgeht, auch die nächsten Jahre mit Spannungen verbunden sein wird. Solange wir im Kapitalismus leben, solange wir den Wohnort frei wählen können, wird die hohe Nachfrage Preisdruck auf den Wohnraum hier in Berlin ausüben. Solange es für Vermieter_innen eine höhere Rendite abwirft, wenn sie die bestehende Bewohner_innenschaft rausekelt, das Haus saniert und an zugezogene Gutverdiener_innen neu vermietet, solange werden Vermieter_innen auch Wege finden das zu tun.

Gerne würde ich noch tiefer gehen und die einzelnen Instrumente wie Mietpreisbremse, WBS, sozialer Wohnungsbau, Wohnungsbaugesellschaften, Kosten der Unterkunft, Wohngeld, Umwandlungsverbot von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen diskutieren, aber ich bremse mich mal, da meine Antwort offensichtlich eh schon zu lang wird.

#Verkehr

Die Violetten Berlin haben beschlossen, dass wir den Volksentscheid Fahrrad und die inhaltichen Forderungen dieser Initiative unterstützen. Wir wollen uns zu einer ökologischen Stadt entwickeln mit Ausbau des ÖPNV und der Fahrradinfrastuktur und den individualisierten Motorverkehr auf das allernötigste beschränken.

Ich möchte einen fahrscheinlosen ÖPNV. Es kann nicht sein, dass Menschen wegen (wiederholtem) "schwarz"-Fahren ins Gefängnis gesteck werden. Ich wünsche mir ein Bürger_innenticket, ähnlich wie das Semesterticket. Jede_r Berliner_innen zahlt einen Beitrag. Dadurch sinkt der Preis massiv und es gibt einen hohen Anreiz den ÖPNV auch zu nutzen, da Mensch ihn ja schon bezahlt hat. Tourist_innen sollten sich über eine Übernachtungspauschale an den Kosten für ÖPNV, Kosten für Instandhaltung von Sightseeinig und Pflegen von Grünanlagen mitbeteiligen.

Ich hoffe, dass meine Antworten Sie erreichen.

mit freundlichen Grüßen

Christian Fender