Frage an Christine Kamm bezüglich Umwelt

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Christine Kamm
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Frage an Christine Kamm von Petra F. bezüglich Umwelt

Liebe Christine Kamm,

noch eine weitere Frage zur Gentechnik. Seit geraumer Zeit wird von Befürwortern dieser Technologie der Begriff der „Koexistenz“ bemüht. Er soll suggerieren, dass es ein scheinbar problemloses Nebeneinander mehrerer Landwirtschaftsarten geben könne. Neben dem Anbau von transgenen Pflanzen soll angeblich auch die konventionelle Landwirtschaft ja sogar der Ökolandbau auch noch möglich sein. Dieses „koexistierende“ Nebeneinander ist allerspätestens seit dem Urteil des Augsburger Verwaltungsgerichts vom 30 Mai 2008 (AZ: AU 7K07.276) mehr als fragwürdig geworden. Bei dem Prozess hatte ein Imker namens Bablok aus dem Donauries gegen die Freisetzung von transgenen Pflanzen geklagt mit der Begründung, dass sein Honig mit transgenen Pollen kontaminiert und damit nicht mehr verkäuflich sei. Das Gericht hatte dem Imker zwar grundsätzlich Recht gegeben ihm aber gleichzeitig gesagt, dass es ihn vor dieser Verschmutzung seines Honigs nicht schützen, also die Freisetzung nicht verbieten könne. Sie gaben dem Imker den Rat, sich selber zu schützen, indem er seine Bienenvölker aus dem Umgriff der transgenen Felder entfernt und sie auf anderen Feldern weiden lässt. Abgesehen von einem völlig auf den Kopf gestellten Verursacherprinzip, stellt sich die Frage wie diese so genannte Koexistenz (langfristig) funktionieren soll? Wohin soll der Imker ausweichen, wenn es mehr und mehr transgene Pflanzen geben wird? Was wäre aus Ihrer Sicht notwendig, damit die konventionelle Landwirtschaft und der Ökolandbau langfristig überhaupt weiter existieren und gentechnikfrei produzieren können?

Vielen Dank für Ihre Antwort und freundliche Grüße

Petra Fleissner

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Bündnis 90/Die Grünen

Liebe Petra Fleissner,

eine langfristige Koexistenz zwischen gentechnikfreien Anbau - ob konventionell oder biologisch - kann es nicht geben, die Abstände zwischen gentechnisch veränderten Anbau und gentechnisch unveränderten konventionellen oder biologischen Anbau müssten mehrere Kilometer umfassen: Der Maissamen - auch der genveränderte - fliegt 3 Kilometer oder weiter, Bienen suchen sich einen Großteil ihrer Nahrung bis von vier Kilometer von ihren Bienenhäusern entfernt.
Die traurigen Erfahrungen in Kanada zeigen, dass insbesondere langfristig eine Koexistenz nicht möglich ist. Wenn - wie dort - ein gewisser Anteil des angebauten Rapses gentechnisch verändert ist, wird es über kurz oder lang keinen gentechnikfrei angebauten Raps wegen der Auskreuzungen des genveränderten Rapses mehr geben. Wenn neue Organismen ausgesetzt und verbreitert werden, sind die Folgen nicht mehr rückholbar. In Mittelamerika sind wegen des Anbaus von gentechisch verändertem Mais die für die Ernährung der Bevölkerung wichtigen einheimischen Maissorten in ihrer Existenz gefährdet.
Auch wenn zu einem geringen Anteil nur gentechnisch veränderte Produkte angebaut werden, wird es keinen gentechnikfreien Honig mehr geben. Bayerische Imker werden ihren Honig über kurz oder lang nicht mehr absetzen können, wenn sich gentechnisch veränderter Anbau nur bei 5 oder 10% der Flächen durchsetzen sollte. Die vermeintlichen Vorteile, die eine Minderheit der Landwirte im gentechnisch veränderten Anbau erkennen mögen, wird sich zu Lasten der Mehrheit der anderen Landwirte und der regionalen landwirtschaftlichen Produktion auswirken, viele Verbraucher werden auf andere Produkte, beispielsweise aus Österreich ausweichen.

Sollte sich am 28. September bei der Landtagswahl in Bayern eine Regierung durchsetzen, die weiterhin die Gentechnik unterstützt, wie dies die CSU und die FDP tun, sehe ich schwarz für den zukünftigen Bioanbau in Bayern.

Mit freundlichen Grüßen

Christine Kamm