Frage an Christoph Bader bezüglich Kultur

Christoph Bader
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Dietmar E. •

Frage an Christoph Bader von Dietmar E. bezüglich Kultur

Sehr geehrter Herr Bader,

in der repräsentativen Demokratie stehen die gewählten Politiker stellvertretend für den demos. Dieser sollte daher zunächst definiert werden. Nachfolgend meine Fragen hierzu:

1. Wie definieren Sie "Volk", wie "Bevölkerung"? Gibt es hier einen signifikanten Unterschied?

2. Welcher Kategorie fühlen Sie sich verpflichtet?

3. Was tun Sie konkret für den Erhalt bzw. die Rückgewinnung der deutschen nationalen Identität?

Vielleicht noch ein paar Fragen zu aktuellen Themen.

Zur Familienpolitik:
1. Was verstehen Sie unter aktiver Familienpolitik?

2. Glauben Sie, daß durch die Schaffung von mehr Kindergartenplätzen ein familienfreundliches Klima entsteht?

3. Halten Sie monetäre Anreize und Maßnahmen wie etwa den Ausbau der staatlichen Kinderbetreuung für geeignet, die demographische Entwicklung zu verändern?

4. Welche Rolle spielt die familiäre Erziehung in Ihrem familienpolitischen Konzept?

5. Steht die Forderung nach ganztägiger schulischer Betreuung im Gegensatz zu ihrem familienpolitischen Konzept?

Zur Meinungsfreiheit:
1. Wie nennen Sie Staaten, die vermeintliche historische Wahrheiten gesetzlich festschreiben wollen?

2. Würden Sie das geistige Klima in der Bundesrepublik als pluralistisch bezeichnen?

3. Gibt es in der Bundesrepublik eine soziale Zensur?

Abschließend noch eine letzte Frage:
Welche grundsätzlichen weltanschaulichen Unterschiede zwischen Ihrer Partei und den anderen im Landtag vertretenen Parteien gibt es?

Herzlichen Dank für Ihre Antwort!

Freundliche Grüße
Dietmar Engelhard

Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Engelhard,

vielen Dank für Ihre Fragen.

Zu Frage 1:

In bezug auf die Arbeit eines gewählten Politikers halte ich die Unterscheidung zwischen Volk und Bevölkerung nicht für ausschlaggebende. Ein Abgeordneter ist nach der Wahl nicht nur seinen eigenen Wählern (in meinem Fall also den Grün-Wählern) verantwortlich, sondern allen Menschen, auf die sich seine Entscheidungen beziehen. Menschen, die zwar zur Bevölkerung, aber nicht zum Volk gehören, kann ich genau so wenig ausschließen, wie solche, die nicht Wahlberechtigt sind, oder nicht zur Wahl gegangen sind.

Zu Frage 2:

Als Politiker fühle ich mich meiner Umwelt verpflichtet, dazu gehören alle Menschen, auf die sich von mir getroffene Entscheidungen beziehen.

Zu Frage 3:

Was verstehen Sie unter "deutscher nationaler Identität"?

Ihre Fragen zur Familienpolitik:

Zu Frage 1:

Aktive Familienpolitik muss dafür sorgen, dass Kinder nicht zum Armutsrisiko werden.

Eltern müssen Familie und Beruf vereinbaren können, hier muss die Politik die Rahmenbedingungen schaffen.

Zu Frage 2:

Mehr Kindergartenplätze tragen zu einem Familienfreundlicheren Klima bei, indem sie den Eltern ermöglichen, Kinder und Beruf besser zu vereinbaren. Es kann dabei aber nicht das Ziel des Staates sein, alle Kinder verpflichtend in den Kindergarten zu schicken. Wer in den ersten Jahren auf den Beruf verzichtet und lieber bei seinen Kinder zu Hause bleiben möchte, muss dies genau so tun dürfen. Momentan herrscht allerdings noch ein deutlicher Mangel an Kindergartenplätzen, hier muss die Politik dafür sorgen, dass alle Eltern zumindest die Möglichkeit haben, ihre Kinder in den Kindergarten zu bringen, wenn sie dies möchten.

Zu Frage 3:

Unabhängig von der demographischen Entwicklung darf es nicht sein, dass
Menschen, die sich für Kinder entschieden haben, damit ein finanzielles
Risiko eingehen. Hier müssen die Kinder zum Beispiel bei der Steuer besser
berücksichtigt werden. Direkte Zahlungen an die Eltern halte ich nicht für
das geeignete Mittel. Es kann nicht Ziel des Staates sein, Kinder so zu
subventionieren, dass sich eine Berufstätigkeit für die Eltern nicht mehr
lohnt.

Zu Frage 4:

Erziehung in der Familie ist und bleibt der wichtigste Bereich in der Erziehung. Gerade deshalb muss es für beide Elternteile möglich sein, in den ersten Jahren bei ihren Kindern zu Hause zu bleiben. Außerdem sollten wir uns davon verabschieden, dass nur die Schule oder nur die Eltern unsere Kinder erziehen. Hier müsste vielmehr in Richtung gemeinsame Bewältigung dieser Aufgabe unternommen werden.

Zu Frage 5:

Nein, dass steht sie nicht.

Vor 50 Jahren waren die Erziehungsaufgaben noch klar verteilt. Vormittags Lernen in der Schule und nachmittags fand eine Betreuung durch die Eltern, bzw. die Mutter statt, diese sorgte dann zum Beispiel auch dafür, dass die Hausaufgaben gemacht wurden. Heute haben wir bei etwa 40% der Kinder das Problem, dass beide Eltern arbeiten oder aus anderen Gründen keine ausreichende Erziehung in der Familie möglich ist. Zunehmend verbringen diese Kinder den Nachmittag vor dem Fernseher oder schlagen sich auf andere Art und Weise die Zeit tot. Für diese Kinder müssen dringend Ganztagesschulen eingeführt werden, in denen nicht nur Betreuung, sondern eine ordendliche Bildung statt finden kann.

Zur Meinungsfreiheit:

Zu Frage 1:

In dieser allgemeinen Form fällt es mir etwas schwer Ihre Frage zu beantworten.

Ich bin aber der Meinung, dass man historische Erreignisse nur dann bewerten kann, wenn man möglichst viele Sichtweisen in die Betrachtung mit einbezieht.

Zu Frage 2:

Ja

Zu Frage 3:

Eine Gesellschaft basiert auf gemeinsamen Regeln, die in vielen Fällen eine Art der Zensur darstellen. Auch in Deutschland gibt es solche Zensur, zum Beispiel in Form von Jugendschutzbestimmungen.

Wenn diese Einschnitte in die Meinungsfreiheit auf demokratischem Wege zustande gekommen sind, halte ich diese auch für gerechtfertigt. Das Problem in unserer Gesellschaft ist vielmehr, dass sich immer weniger Menschen am politischen Entscheidungsprozess beteiligen. Hier sehe durchaus die Gefahr, dass am Ende nur noch einige Wenige über entsprechende Fragen entscheiden.

Zur letzten Frage:

Die Grünen versuchen den Gedanken der Nachhaltigkeit auf allen Politikgebieten zu berücksichtigen. Nicht nur im Bereich des Umweltschutzes, sondern auch bei der Wirtschafts-, Energie- oder Finazpolitik müssen Entscheidungen so getroffen werden, dass zukünftige Generationen auch damit leben können. Hier unterscheiden sich die Grünen ganz klar von anderen Parteien. Der Satz "Wir haben unsere Erde nur von unseren Kindern geborgt" stimmt heute mehr denn je.

Mit freundlichen Grüßen

Christoph Bader