Frage an Christoph Schulze bezüglich Verbraucherschutz

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Frage von Jörg P. •

Frage an Christoph Schulze von Jörg P. bezüglich Verbraucherschutz

Für allen möglichen Käse werden Beiträge und Gebühren verlangt, obwohl die damit finanzierten Anlagen von der Gemeinschaft genutzt werden. Ferner zahle ich Steuern.

1 ) Frage : Setzen Sie sich dafür ein, dass ( z.B. wie in Berlin teilweise in TH ) eine Abschaffung von Beiträgen für kommunalen Aufgaben erfolgt ?

2 ) Frage : Wie stehen Sie zu Musterklageverfahren in Beitragsfragen ?

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Frage 1:

Sehr geehrter Herr Pohland,

die Frage ist nicht so einfach zu beantworten und es gibt auch relativ strenge Vorgaben, die aus der Bundeshaushaltsordnung und der Landeshaushaltsordnung erwachsen. Mit dem Hinweis, dass man Steuern zahlt sind nicht alle Leistungen, die die Kommune oder der Staat für den Bürger erbringt, abgegolten. Ansonsten könnten ja alle Abgaben und Beiträge abgeschafft werden und es würde alles nur über Steuern geregelt. Ähnliche Regelungen gibt es etwa in Schweden, die dafür eine sehr hohe Steuerlast haben. In Deutschland ist dies anders geregelt. Hier werden Steuern erhoben, die den Staat finanzieren und woraus Leistungen refinanziert werden, die der Allgemeinheit zugutekommen. Damit ist aber nicht verbunden, dass damit alles zwischen Staat und Bürger als abgegolten gilt. Viele Leistungen, die der Staat oder die Kommunen erbringen erzeugen auch einen persönlichen Vorteil, wie zum Beispiel Straßen, Gehwege und andere Einrichtungen. Deshalb ist hier aus meiner Sicht aus gutem Grunde eine gewisse Beitragspflicht vorgesehen. Das ist nicht nur im Bundesbaugesetz, sondern auch in der Abgabenordnung und der im Kommunalabgabengesetz der Länder geregelt. Hier alle Leistungen völlig beitragsfrei zu gestalten halte ich weder für richtig, noch für am Ende bezahlbar. Im Grund genommen ist es ja bereits jetzt so, dass unterschiedliche Dinge auch unterschiedlich behandelt werden. Anliegerstraßen, die eben nur die Anlieger nutzen, müssen höhere Beiträge bezahlen, als für Haupterschließungs- oder Durchgangsstraßen und bei Landes- und Bundesstraßen werden überhaupt keine Beiträge fällig und dies ist auch richtig so.

Worüber man diskutieren kann, sind die entsprechenden Sätze in welcher Höhe Bürgerinnen und Bürger herangezogen werden dürfen. Was aber viel wichtiger ist, ist eine konkrete Ausgestaltung der Einbeziehung der Bürger in solche Baumaßnahen von Straßen und Radwegen, des Trink- und Abwassers und der Straßenbeleuchtung. Hier muss es mehr Transparenz und Bürgerbeteiligung geben die Bürgerinnen und Bürger müssen vorher explizit über die Baumaßnahmen aufgeklärt werden, beispielsweise darüber welche Kosten entstehen und welche Kosten umgelegt werden sollen. Weiterhin sollten nach meiner Ansicht im Gesetz Regelungen geschaffen werden, dass die Bürgerinnen und Bürger ein Mitspracherecht haben, insbesondere dergestalt, dass die Ausbaumaßnahmen auf das Notwendige begrenzt werden und nicht ein Übermaß an Baumaßnahmen veranlasst wird, was in der Vergangenheit auch nicht selten der Fall war. Damit werden die Grundstückseigentümer und Anlieger in ausreichendem Maße geschützt und beteiligt.Der Bürgerentscheid in Bernau ist hier ein gutes Vorbild. Die Bürger von Bernau haben sich in der großen Breite der Bevölkerung auch nicht für eine völlige Abschaffung der Beiträge ausgesprochen, sondern dafür, dass sie beteiligt werden wollen und dass sie mitbestimmen wollen und nicht über ihre Köpfe hinweg festgesetzt wird, in welcher Höhe Beiträge erhoben werden. Wenn man dem Bernauer Modell so folgen würde, wäre es ein ausreichender Schritt in die richtige Richtung zur Konfliktminimierung. Ich selbst habe mich in der Vergangenheit bereits für das Bernauer Modell im Landtag eingesetzt, aber in der 4. Wahlperiode bei der Regierungskonstellation SPD/ CDU war dies nicht möglich und wurde sowohl von der SPD als auch von der CDU abgelehnt und auch beim rot-roten Modell 2009 bis 2014 war dies weder diskussionsfähig noch durchsetzungsfähig, weil sowohl die SPD als auch die Linkspartei dies abgelehnt haben.

Frage 2:

Grundsätzlich unterstütze und begrüße ich die Einrichtung einer gesetzlichen Möglichkeit, dass sich Bürgerinnen und Bürger zu einer Klagegemeinschaft zusammen schließen und eine Musterklage führen. Die aktuelle Lage, dass jeder Bürger einzeln gegen den Zweckverband oder denjenigen der Beiträge oder Gebühren erhebt, vorgehen muss, halte ich für falsch. Die Zweckverbände oder kommunalen Behörden und Einrichtungen sind aus Steuergeldern finanziert und bezahlen ihre Anwälte und das gesamte prozessuale Risiko aus Steuergeld. Der einzelne Bürger hingegen, der der Übermacht einer steuerfinanzierten Kommunalverwaltung gegenüber steht, soll dies alleine bezahlen. Hier muss es zu einer gewissen „Waffengleichheit“ und Augenhöhe kommen und wenn sich zahlreiche Bürger, die ja letztendlich alle von der gleichen Problematik betroffen sind, zusammentun, dann kann eigentlich niemand etwas dagegen haben. Im Grunde genommen geht es ja darum, dass das was das Grundgesetz verbürgt, nämlich die Rechtswegegarantie abzusichern und dafür Sorge zu tragen, dass nicht nur finanzielle Unterlegenheit des einzelnen Bürgers die Rechtswegegarantie auf finanziellen Gründen beziehungsweise aus Gründen der Prozessrisikos abgeschnitten wird.

Ein gutes Beispiel hierfür waren die Klagen von Bürgerinnen und Bürgern gegen den Flughafen, die am Ende damit geendet haben, dass die Bürgerinnen und Bürger noch mehrere Tausend Euro nachzahlen sollten, weil die Klägerseite die Kosten extrem hochgetrieben hatte.

Lange Rede kurzer Sinn: Ja, ich bin für Musterklagen. Ich denke, dass es auch einfach gesetzlich zu regeln ist, weil es bereits in anderen Bundesländern diese Möglichkeit gibt. Hier muss das Rad nicht neu erfunden werden. Es ist ausschließlich eine Frage des politischen Willens.