wie stehen Sie zu diesen Themen: Mindestlohn für Menschen mit Behinderungen in Werkstätten Inklusionsbetriebe als Alternative zu Werkstätten Übergang von Werkstätten in den ersten Arbeitsmarkt

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Corinna Rüffer
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Dominik S. •

wie stehen Sie zu diesen Themen: Mindestlohn für Menschen mit Behinderungen in Werkstätten Inklusionsbetriebe als Alternative zu Werkstätten Übergang von Werkstätten in den ersten Arbeitsmarkt

Sehr geehrte Frau Rüffer,

ich interessiere mich für die Situation von Menschen mit Behinderungen in Werkstätten. Ich habe dazu drei Fragen:
Sind Sie für einen Mindestlohn für Menschen mit Behinderungen in Werkstätten? Warum oder warum nicht?
Wie wollen Sie die Werkstätten zu Inklusionsbetrieben weiterentwickeln, die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung bieten? Welche Maßnahmen planen Sie dafür?
Wie wollen Sie den Übergang von Menschen mit Behinderungen aus den Werkstätten in den ersten Arbeitsmarkt besser ermöglichen und fördern? Welche Unterstützungs- und Beratungsangebote wollen Sie bereitstellen?

Ich freue mich auf Ihre Antwort, da mir dieses Thema wichtig ist.

Mit freundlichen Grüßen
Dominik S.

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Bündnis 90/Die Grünen

Vielen Dank für Ihre Frage.

Eine Entlohnung von Werkstattbeschäftigten nach Mindestlohn sehen wir als eine große Hürde für einen Wechsel von einer Werkstatt auf den allgemeinen Arbeitsmarkt und lehnen diesen Ansatz daher ab. Stattdessen wollen wir Alternativen stärken und Betroffenen echte Teilhabe auf einem inklusiven Arbeitsmarkt ermöglichen. Der Mindestlohn ist ein Instrument des ersten Arbeitsmarktes und sollte auf diesen beschränkt bleiben. Ein wichtiges Instrument für einen Zugang auf den allgemeinen Arbeitsmarkt ist das Budget für Arbeit, das wir weiter stärken und verbessern wollen, damit deutlich mehr Betroffene davon profitieren können. Außerdem ist es notwendig die Möglichkeiten der Ausbildung für Menschen mit Behinderungen zu verbessern und Möglichkeiten zu schaffen, dass diejenigen, die heute nach dem Besuch einer Förderschule fast automatisch in Werkstätten landen, stattdessen die Option haben, qualifizierende Abschlüsse in Betrieben zu machen und auch Zugang zu Berufsschulen zu erhalten. Um den Zugang für Werkstattberechtigte auf den allgemeinen Arbeitsmarkt zu verbessern ist es sowohl wichtig, Förderinstrumente zu stärken als auch bestehende Hürden abzubauen.

Unser Anliegen ist es, dass sich Werkstätten auf ihre eigentliche Funktion als Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation fokussieren und nicht im Wettbewerb zu wirtschaftlichen Akteuren stehen. Werkstätten sind kein Bestandteil eines inklusiven Arbeitsmarktes, sondern verstoßen in ihrer derzeitigen Form gegen das in Artikel 27 der UN-Behindertenrechtskonvention ausformulierte Recht auf die Möglichkeit, den eigenen Lebensunterhalt durch Arbeit in einem inklusiven Arbeitsumfeld zu verdienen. Dies hat der UN-Fachausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderung im Jahr 2023 in seinen Abschließenden Bemerkungen zur Staatenprüfung Deutschlands zum wiederholten Mal deutlich kritisiert.

Unser Anliegen ist, dass die wirtschaftlich im Wettbewerb stehenden Teile von Werkstätten schrittweise in Inklusionsbetriebe umgewandelt werden, in denen die Beschäftigten Arbeitnehmer*innen im umfassenden Sinne (voll sozialversicherungspflichtig und mindestens nach Mindestlohn vergütet) sind und auf Augenhöhe mit Menschen ohne Behinderungen arbeiten.

Herzliche Grüße

Corinna Rüffer 

 

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