Frage an Dagmar Freitag

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Dagmar Freitag
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Frage von Josef T. •

Frage an Dagmar Freitag von Josef T.

Sehr geehrte Frau Freitag,

der Bundestag berät derzeit über die geplanten Änderungen wasser-, naturschutz- und bergrechtlicher Gesetze und Verordnungen zur Regelung des Einsatzes der Fracking-Technik in Deutschland. Die geplanten Regelungen könnten Fracking auch in NRW ermöglichen, wo erhebliche Potenziale an unkonventionellem Erdgas vermutet werden. Ich freue mich daher, wenn Sie mir einige Fragen zum gegenwärtigen Gesetzgebungsprozess beantworten:

1) Der Bundesratsumweltausschuss hat im April einen Antrag verbaschiedet, der ein Fracking-Verbot über das Bundesberggesetz vorsieht. Wie stehen Sie zu diesem Antrag?
2) Die Frage, ob in Deutschland Fracking zur Gewinnung von Erdöl und Erdgas eingesetzt wird ist von gesellschaftlicher und politischer Relevanz. Sollte die Letztentscheidung über eine solche Frage nicht beim Bundestag liegen?
3) Worin sehen Sie den Sinn und Zweck der im Gesetzesentwurf verankerten 3000-Meter-Grenze?
4) Sollte Ihres Erachtens als zentrale Zulassungsvoraussetzung für Fracking-Maßnahmen der wasserrechtliche Besorgnisgrundsatz im WHG gelten und wenn nein, warum nicht?
5) Halten Sie die Erprobung von Fracking-Vorhaben für Test- und Experimentierfeld mit ungeahntem Ausgang und wenn nein, warum nicht? Wie viele solcher Vorhaben halten sie in Deutschland für erforderlich und warum?

Mit freundlichen Grüßen

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Sehr geehrter Herr Tumbrinck,

wie Sie sicher verfolgt haben, hat der Bundestag am 7. Mai 2015 in 1. Lesung zwei Gesetzentwürfe der Bundesregierung zur Regelung des Frackings debattiert: den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung wasser- und naturschutzrechtlicher Vorschriften zur Untersagung und zur Risikominimierung bei den Verfahren der Fracking-Technologie und den Entwurf eines Gesetztes zur Ausdehnung der Bergschadenshaftung auf den Bohrlochbergbau und Kavernen.

Der Schutz des Trinkwassers und die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger muss dabei aus meiner Sicht oberste Priorität haben. Das vorliegende Gesetzespaket (Drs. 18/4713, 18/4714) regelt Fracking in Deutschland und setzt dafür deutlich engere Grenzen, als wir sie zurzeit in Deutschland haben.

Mit dem Gesetzespaket wird unkonventionelles kommerzielles Fracking zunächst verboten, lediglich Probebohrungen zur wissenschaftlichen Erkundung der Technologie sollen unter engen Voraussetzungen ermöglicht werden. Für das konventionelle Fracking, das in Niedersachsen seit Jahrzehnten zur Erdgasförderung angewendet wird, wird es künftig strengere Regeln geben.

Das so genannte konventionelle Fracking erfolgt in Sandstein in größerer Tiefe als 3000 Meter unter der Erdoberfläche und damit unterhalb der Grundwasservorkommen. Hierbei wird Frackflüssigkeit in wesentlich geringeren Mengen eingebracht als beim unkonventionellen Fracking. Deshalb wird Frackflüssigkeit bei konventionellem Fracking eher bei der Förderung von Restvorkommen der jeweiligen Bohrung und bei weniger durchlässigem Gestein eingesetzt. Konventionelles Fracking wird zur Erdgasförderung in Deutschland – am häufigsten in Niedersachsen – seit mehr als 40 Jahren angewendet, und seither konnten umfangreiche Erfahrungen mit der Technologie gewonnen werden. Im Jahr 2012 wurden in Deutschland 11,7 Milliarden Kubikmeter Erdgas gewonnen, was etwa 13 Prozent des deutschen Gesamtverbrauchs ausmacht.

Unkonventionelles Fracking ist die Förderung von Gas aus Schiefer-, Ton-, Mergel- und Kohleflözgestein. Dies ist in der Regel oberhalb von 3000 Metern Tiefe und somit näher am Grundwasser zu finden. Für die Gasförderung aus diesen Gesteinen (weniger porös als Sandstein) muss Druck mittels Frackflüssigkeiten erzeugt werden, die umwelttoxische (umweltgiftige) Stoffe enthalten. Unkonventionelles Fracking wird in Deutschland nicht angewendet, weshalb hier auch keine Erfahrungen damit bestehen, wie sich diese Technologie auf die Umwelt auswirkt.

Kommerzielles unkonventionelles Fracking oberhalb von 3000 Metern unter der Erdoberfläche wird künftig per Gesetz unbefristet verboten. Lediglich Erprobungsmaßnahmen zu Forschungszwecken werden zulässig sein, wenn die eingesetzten Frack-Flüssigkeiten nicht wassergefährdend sind. Mittels dieser Erprobungen sollen die Auswirkungen auf die Umwelt wissenschaftlich erforscht werden. Eine unabhängige Expertenkommission soll die Erprobungsmaßnahmen begleiten und auswerten. Dazu soll sie jährlich zum 30. Juni Erfahrungsberichte erstellen. Die ersten Berichte werden zum 30. Juni 2018 vorgelegt.

Die Expertenkommission wird von der Bundesregierung eingesetzt. Sie wird aus sechs unabhängigen Vertreterinnen und Vertretern bestehen, die jeweils aus folgenden Institutionen entsandt werden sollen: der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), dem Umweltbundesamt (UBA), einem Landesamt für Geologie, das nicht für die Zulassung der Erprobungsmaßnahmen zuständig ist, dem Deutschen Geoforschungs-zentrum Potsdam (Helmholtz-Gesellschaft), dem Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung Leipzig und ein vom Bundesrat benannter Vertreter einer für Wasserwirtschaft zuständigen Landesbehörde, die nicht für die Zulassung der Erprobungsmaßnahmen zuständig ist.

Als Mitglieder meiner NRW-Landesgruppe in der SPD-Bundestagsfraktion haben wir am 23.3.2015 folgenden Beschluss dazu gefasst: "Fracking ist heute nicht verantwortbar - Expertenkommission kein Ersatz für Bundestag" http://www.nrwspd-landesgruppe.de/wp-content/uploads/2015/03/20150323_LG-Beschluss-Fracking.pdf

Auch für konventionelles Fracking gelten künftig strengere Regelungen, die ebenfalls auf den Umgang mit Lagerstättenwasser, das sich Erdgaslagerstätten befindet und durch die Förderung von Erdgas zutage kommt, anzuwenden sind. Die zum Einsatz kommenden Frack-Flüssigkeiten dürfen höchstens als schwach wassergefährdend eingestuft werden.

Außerdem wird jegliche Art des Frackings in den folgenden Gebieten untersagt: in Wasserschutz- und Heilquellenschutzgebieten, in Einzugsgebieten von natürlichen Seen und Talsperren, aus denen Wasser für die öffentliche Wasserversorgung entnommen wird sowie in allen Einzugsgebieten von Wasserentnahmestellen für die öffentliche Wasserversorgung.

Dieses Verbot kann zudem durch landesrechtliche Vorschriften erweitert werden auf Einzugsgebiete von Mineralwasservorkommen und von Stellen zur Entnahme von Wasser zur Herstellung von Getränken sowie auf Gebiete des Steinkohlebergbaus.

Darüber hinaus werden Fracking und die untertägige Ablagerung von Lagerstättenwasser in Naturschutzgebieten und Nationalparks verboten. Unkonventionelles Fracking ist zudem in Natura-2000-Gebieten untersagt.

Bei weiteren Rückfragen möchte ich Sie bitten, sich direkt mit Ihrem für Wassenberg zuständigen Bundestagsabgeordneten in Verbindung zu setzen.

Mit freundlichen Grüßen

Dagmar Freitag