Frage an Dagmar Roth-Behrendt bezüglich Verbraucherschutz

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Dagmar Roth-Behrendt
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Frage von Jörn N. •

Frage an Dagmar Roth-Behrendt von Jörn N. bezüglich Verbraucherschutz

Sehr geeehrte Frau Roth-Behrendt,

ich bin von http://www.no-patents-on-seeds.org auf den Vorschlag zum neuen EU Patentsgerichtshof aufmerksam gemacht worden, der ein entscheidendes Element des EU Einheitspatents werden soll. No patents on seeds bittet, diesen Vorschlag aus folgenden Gründen abzulehnen:

- Die Entscheidungen des neuen Gerichtshofs können nicht vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) überprüft werden.

- Durch hohe Kosten der Rechtsverfahren werden gemeinnützige Organisationen daran gehindert vor dem neuen Gerichtshof zu klagen.

- Notwendige nationale Maßnahmen, um die Reichweite von Patente zu begrenzen, werden unmöglich gemacht.

Einen Hintergrund dazu (bisher nur auf Englisch) finden Sie auf http://www.no-patents-on-seeds.org/en/information/background/critical-analysis-draft-agreementunified-patent-court

Wie stehen Sie als Abgeordnete des Europäischen Parlaments zu dem Vorschlag zum neuen EU Patentsgerichtshof und zu der Kritik von no patents on seeds?

Wie werden Sie sich in einer Abstimmung dazu verhalten?

Mit besorgten Grüßen
Jörn Naber

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Naber,

vielen Dank für Ihre Anfrage zu dem zurzeit vieldiskutierten Thema.

Die drei von ´No Patents On Seeds´ genannten Argumente zur Ablehnung des EU-Patents haben uns in Form vieler Massenemails erreicht.

Jedoch teilen wir, die Mitglieder des Europäischen Parlaments, die drei Argumente aus folgenden Gründen nicht:

1. "Die Entscheidungen des neuen Gerichtshofs können nicht vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) überprüft werden."

Im Europäischen Parlament wird überhaupt nicht über das Patentgerichtssystem abgestimmt. Was abgestimmt wird, ist ein sogenannter Initiativbericht (Bericht LEHNE), der die Haltung des Europäischen Parlaments zu einem Patentgerichtssystem formuliert. Dieser Bericht ist aber völlig
unverbindlich und in keinster Weise als Abstimmung über einen Patentgerichtshof zu bezeichnen.
Bei dem Abkommen zur Schaffung des einheitlichen Patentgerichts handelt es sich um ein zwischenstaatliches Abkommen zwischen den 25 teilnehmenden Staaten außerhalb des EU-Rechts. Daher kann das Europäische Parlament darüber überhaupt nicht entscheiden.

Worüber jedoch verbindlich im Europäischen Parlament abgestimmt wird, ist die Patentverordnung (Bericht RAPKAY), die das materielle Recht formuliert. Hierzu haben wir, die Mitglieder des Europäischen Parlaments, genau dafür gesorgt, dass das "Vorlageverfahren" beim EuGH garantiert bleibt. Das bedeutet, dass einzig und allein der EuGH über die Vereinbarkeit mit EU-Recht entscheidet. Eine Ausschaltung des EuGH wäre das gewünschte Ergebnis vom britischen Premierminister Cameron und dem Verband der Patentanwälte gewesen. Wir haben jedoch erreicht, dass dieser Versuch scheitert.

2. "Durch hohe Kosten werden gemeinnützige Organisationen daran gehindert vor dem neuen Gerichtshof zu klagen."

Das neue EU-Patent, um dessen einheitlichen Schutz es geht, ersetzt nicht das nationale Patent oder das europäische "Bündelpatent", das ein Patent nach dem Europäischen Patentübereinkommen (EPÜ) ist und nichts mit der EU zu tun hat. Auf europäischer Ebene, bleibt es nach wie vor bei diesem Bündelpatent, wie es schon besteht. Das Bündelpatent wird einmal vom Europäischen Patentamt, welches übrigens keine EU-Einrichtung ist, erteilt und gilt dann in 38 Mitgliedsstaaten des Europäischen Patentübereinkommens. Jeder kann dieses Bündelpatent weiter benutzen, allerdings dann wie bisher mit dem damit verbundenen hohen Verwaltungskosten. Das EU-Patent ist eine zusätzliche Option, allerdings bedeutend preiswerter und wird deswegen vermutlich die anderen Optionen auf Dauer obsolet machen. Warum sich durch das neue EU-Patent kostenmäßig etwas ändern sollte, erschließt sich nicht.

3. "Notwendige nationale Maßnahmen, um die Reichweite von Patenten zu begrenzen, werden unmöglich gemacht."

Nationales Recht darf europäisches Recht nicht verändern oder gar brechen. Da hat sich der Berichterstatter Bernhard Rapkay (SPD) auch in allen Verhandlungen entschieden dagegen gewendet. Es kann nicht sein, dass der Europäische Gesetzgeber eine Europäische Verordnung schafft, ein nationaler Gesetzgeber diese dann aber verändern kann. Dies ist aus der Sicht des Europäischen Parlaments nicht akzeptabel, es verstößt allerdings auch gegen EU Recht. Der EuGH müsste eine solche geforderte Regelung sofort für unwirksam erklären.

Mit freundlichen Grüßen,

Dagmar Roth-Behrendt