Frage an Dagmar Wöhrl bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Dagmar Wöhrl
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Frage von Philipp F. •

Frage an Dagmar Wöhrl von Philipp F. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Wöhrl,

mich würde Ihre Meinung zum Thema Beschneidung von nicht einwilligungsfähigen Kindern interessieren. In den Medien wird von einem hohen Zustimmungsgrad unter den Abgeordneten zum geplanten Gesetzesvorhaben gesprochen. Wie werden Sie abstimmen? Sind Sie auch der Meinung, dass männliche Säuglinge und Kleinkinder auf Wunsch der Eltern (religiös, kulturell oder welch Interesse auch immer) beschnitten werden können? Wenn ja: Sollen dann Ihrer Meinung nach Mädchen künftig in Deutschland auch wieder beschnitten werden können?
Wenn Sie sagen: ´Jungen ja - Mädchen nein´, womit begründen Sie dann die Geschlechterdifferenz? In beiden Fällen handelt es sich um einen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit ohne medizinische Indikation. Haben in Deutschland Jungen und Mädchen unterschiedliche Rechte?

Ich bin gespannt auf Ihre Antwort.

Mit freundlichen Grüßen
Philipp Fischer-Riepe

P.S.: Sollte Sie in dieser Frage die Meinung Ihrer Wähler interessieren (Stichwort Volksvertreter), so würde ich mir wünschen, dass Sie bei diesem Gesetzesvorhaben aus o.a. Gründen mit Nein stimmen.

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CSU

Sehr geehrter Herr Fischer-Riepe,

vielen Dank für Ihre Nachricht an mich über Abgeordnetenwatch. Wir werden am12. Dezember in im Bundestag in zweiter und dritter Lesung den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Beschneidung von Jungen beraten.

Ich werde dem Gesetzentwurf zustimmen, weil ich Meinung bin, dass die weltweit akzeptierte Beschneidung von Jungen auch in Deutschland grundsätzlich zulässig bleiben soll. Nach dem Urteil des Landgerichts Köln vom vergangenen Mai ist eine rechtliche Klarstellung notwendig. Während der Gesetzentwurf vorsieht, dass Eltern unter bestimmten Voraussetzungen weiterhin in die Beschneidung ihres Sohnes einwilligen können, auch wenn der Eingriff medizinisch nicht notwendig ist, bleibt aber die Beschneidung von Mädchen in Deutschland verboten.

Der Gesetzentwurf lässt das Kindeswohl nicht aus dem Blick aber wir müssen auch berücksichtigen, dass das Kindeswohl alle Aspekte der Entwicklung von Kinder, auch die religiöse Sozialisation, umfasst. Ich respektiere und toleriere den Wunsch gläubiger Eltern, ihren Kindern eine religiöse Heimat zu geben. Für jüdische und muslimische Eltern ist die rituelle Beschneidung von Jungen ein elementarer und identitätsstiftender Bestandteil ihrer Religion und ein Ausdruck der Fürsorge für ihre Kinder. Sie haben daher meiner Ansicht nach ein Recht auf rechtliche Klärung und Rechtssicherheit.

Der Gesetzentwurf soll diese Rechttsicherheit erreichen. Die Beschneidung von Jungen war bisher in Deutschland stets erlaubt und soll es auch in Zukunft sein. Voraussetzung ist, dass dabei die Regeln der ärztlichen Kunst eingehalten werden. Das bedeutet, dass die Eltern über alle Risiken und Folgen der Beschneidung aufgeklärt werden müssen. Der Eingriff selbst muss mit einer möglichst effektiven Schmerzbehandlung verbunden sein. Den Willen ihres Sohnes müssen die Eltern in ihre Entscheidung einbeziehen - und zwar umso mehr, je älter das Kind ist.

Grundsätzlich dürfen nur Ärzte eine Beschneidung vornehmen. Personen, die von Religionsgemeinschaften dafür vorgesehen werden, beispielsweise jüdische Mohalim, dürfen dies nur in den ersten sechs Lebensmonaten eines Jungen und nur, wenn sie speziell ausgebildet und für den Eingriff so befähigt sind wie ein Arzt. Eine Beschneidung wird selbstverständlich dann nicht erlaubt, wenn sie das Wohl des Kindes gefährden würde. Wird der Eingriff medizinisch fachgerecht ausgeführt, ist das jedoch nach heutigem Wissenstand in der Regel nicht zu erwarten.Der Gesetzentwurf bewegt sich damit ganz auf dem Boden unserer Verfassung.

Die angestrebte Regelung ist aber wie gesagt nicht übertragbar auf die Beschneidung von Mädchen. Genitalverstümmelung ist und bleibt in Deutschland eine Körperverletzung und somit strafbar.

Ich hoffe, ich konnte Ihre Fragen damit beantworten.

Mit freundlichen Grüßen

Ihre
Dagmar Wöhrl MdB