Frage an Dieter-Lebrecht Koch

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Dieter-Lebrecht Koch
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Frage von Uwe D. •

Frage an Dieter-Lebrecht Koch von Uwe D.

Im UN-Migrationspakt wird mehrfach Bezug genommen auf Innovationen und Vorteile für die Migranten aufnehmenden Gesellschaften, weswegen Migration begrüßens-und unterstützenswert sei.
Welche positiven Aspekte gab und gibt es Ihrer Meinung nach durch die Migration vieler Millionen Europäer im 19./20. Jhd. für die First Nations Nordamerikas, die unter dem Begriff Indios subsumierten Ureinwohner Mittel-und Südamerikas, die Aborigines Australiens und deren Nachkommen? Welche positiven Auswirkungen hatte dies für deren durch ein spirituelles Verhältnis zur Natur geprägte, nachhaltige und ressourcenschonende Lebensweise?
Sehen Sie durch die Pflicht zur positiven Berichterstattung über Migration und Entzug der Unterstützung für kritische Stimmen die Pressefreiheit gefährdet?
Welche Position nehmen Sie zur geplanten Unterzeichnung dieses Dokumentes ein? Warum?

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr D.,

haben Sie vielen Dank für Ihre Nachricht.

In der letzten Zeit gab es leider Versuche durch "irreführende Informationen" die öffentliche Meinung gegen den UN-Migrationspakt zu mobilisieren. Vielen, aber nicht allen Meldungen möchte ich entgegentreten.

Die Annahme des "Globalen Pakts für eine sichere, geordnete und reguläre Migration" wird als Meilenstein bei den Bemühungen, illegale Migration zu bekämpfen und legale Migration zu steuern, beworben.

Meine Begeisterung für den Pakt hält sich dennoch in Grenzen.

Ich hätte mir Nachbesserungen in zahlreichen Punkten gewünscht. So enthält der Pakt zwar viel Wichtiges und Richtiges, aber er ist in meinen Augen zu einseitig ausgerichtet. Das Dokument singt ein uneingeschränktes Loblied auf legale Migration (die angeblich ein Segen für die Menschheit ist, in jedem Fall Wohlstand schafft und uneingeschränkt gefördert werden sollte), löst aber kurzfristig kein einziges unserer Probleme mit der illegalen Massenzuwanderung!

Daher gestatten Sie mir zunächst einige Erklärungen:

1. Der UN-Migrationspakt ist kein völkerrechtlicher Vertrag. Die Vereinbarung, die die Staatengemeinschaft in Marrakesch beschlossen hat und die im Januar noch förmlich von der UN-Generalversammlung gebilligt werden muss, ist damit zwar rechtlich nicht bindend, als politisches Druckmittel auf die Zielländer von Migration ist sie aber bestens geeignet. Ich habe keinen Zweifel: Der Pakt wird die internationale Gerichtsbarkeit beeinflussen und damit auch die Handlungsspielräume der Politik beschränken! Seine politischen Vorgaben erfüllt Deutschland jedoch grundsätzlich bereits.

2. Es stimmt nicht, dass Deutschland durch den UN-Migrationspakt bis 2035 jährlich zwei Millionen Menschen aufnehmen soll und damit unsere Identität in Gefahr gerät. Der UN-Migrationspakt enthält keine Aufnahmezusagen/ Aufnahmeverpflichtungen. Allerdings fordert der Pakt nicht deutlich genug, dass die Migranten die Gesetze der Zielländer einhalten und deren Gebräuche respektieren müssen. Von den Staaten verlangt der Pakt, dass sie sich zu den 23 ausgehandelten Zielen - wie der Bekämpfung von Migrationsursachen und der Schleuserkriminalität - verpflichten. Die Vereinbarung geht sogar so weit, dass sie von den Aufnahmeländern verlangt, sich mit den Gebräuchen der Einwanderer vertraut zu machen, diese zu respektieren und zu akzeptieren. Ziel ist die gelebte kulturelle Vielfalt, nicht die Anpassung der Einwanderer an die Gepflogenheiten des Gastlandes. Wenn ich mir vorstelle, dass es demnächst zu unserem Alltagsbild gehören soll, dass Männer Frauen nicht die Hand geben oder ihnen nicht ins Gesicht schauen, weil sie "unrein" sind, ist bei mir die Grenze der Toleranz erreicht! Unsere Frauen und weite Teile der Gesellschaft haben jahrhundertelang unter vielen Opfern für Gleichberechtigung und Freiheit gekämpft. Diesen Schritt sollten wir nicht wieder zurückgehen! Ganz im Gegenteil: Die echte gleichberechtigte Teilhabe von Frauen haben wir ja noch gar nicht erreicht. Schauen wir uns nur die Mandatsverteilung in den Gemeinderäten oder Kreistagen an. Da liegen noch ein gutes Stück Arbeit und strukturelle Reformen vor uns, bis wir von Gleichberechtigung reden können. Um es kurz zu machen: Nach vorne, ja! Zurück ins Mittelalter, niemals!

3. Der UN-Migrationspakt wird bei einer gerechteren Lastenverteilung helfen. Das souveräne Recht der Mitgliedstaaten, ihre nationale Migrationspolitik zu regeln und für einen effektiven Grenzschutz zu sorgen, wird nicht direkt eingeschränkt. Der Pakt soll lediglich dazu beitragen, dass die Schleusung von Migranten und der Menschenhandel grenzüberschreitend bekämpft sowie das Management an nationalen Grenzen besser koordiniert werden, um illegale Migration zu verhindern.

4. Der Vorwurf, dass der UN-Migrationspakt den unterzeichnenden Staaten Pflichten auferlegt, Kritik an Einwanderung und am UN-Migrationspakt zu unterbinden, stimmt ebenfalls nicht. Ganz im Gegenteil. Die Unterzeichnerstaaten sollen im Einklang mit dem Völkerrecht das Recht der freien Meinungsäußerung schützen.

Der UN-Migrationspakt beschäftigt sich also lediglich mit der Frage, wie man illegale Migration verhindern und legale Migration besser steuern und ordnen kann. Die Migration vieler Millionen Europäer im 19./20. Jahrhundert nach Nordamerika ist nicht mit möglichen Konsequenzen durch eine Unterzeichnung des UN-Migrationspakts vergleichbar.

Ich bedanke mich herzlich für Ihr Interesse an dem Thema Migration, möchte Sie gleichzeitig darum bitten, kritisch zu bleiben, sich vielseitig zu informieren und sehr vorsichtig mit Falschmeldungen umzugehen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Dieter-Lebrecht Koch, MdEP
stellv. Vorsitzender des Ausschusses für Verkehr und Fremdenverkehr