Frage an Dieter Wiefelspütz bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Dieter Wiefelspütz
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Frage von Kurt F. •

Frage an Dieter Wiefelspütz von Kurt F. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Wiefelspütz,

zunächst möchte ich sagen, dass ich Irland in höchstem Maße dankbar bin. Dann möchte ich Ihnen die Frage stellen, welches Verständnis Sie von unserer Demokratie haben. Auch hierzulande gab es nämlich überaus deutliche - und eigentlich nur mit Mühe und Absicht zu übersehende Hinweise darauf, dass die Deutschen mehrheitlich ebenfalls gegen den EU-Reformvertrag sind.

Wenn ich in der Schule richtig aufgepasst habe, ist das Volk der eigentliche Souverän. Nun frage ich Sie ganz ernsthaft, weshalb in Deutschland unentwegt Politik gegen den Willen der Menschen gemacht wird. Finden Sie nicht auch, dass Politiker ihre persönliche Meinung zurückstellen sollten, wenn Sie - auf welche Weise auch immer - Kenntnis davon erlangen, dass die Mehrheit des Volkes anderer Meinung ist? Und eine persönliche Frage: Nach Ihrem eigenen Bekunden setzen Sie sich für mehr plebiszitäre Elemente in unserer Demokratie ein. Völlig im Widerspruch dazu, stellen jedoch gerade Sie niemals Ihre eigene Meinung hinter dem Volkeswillen zurück, sondern fallen im Gegenteil mitunter sehr unangenehm dadurch auf, dass Sie auf Ihrem Standpunkt beharren. Das macht Sie in meinen Augen unglaubwürdig und ist sicher einer der Gründe dafür, weshalb Sie auf Abgeordnetenwatch dermassen im Rampenlicht stehen.

Wenn das deutsche Volk in wichtigen Belangen schon nicht abstimmen darf, wäre es dann nicht die Pflicht aller Politiker, Meinungsumfragen und andere Hinweise sehr viel ernster zu nehmen und sie wenigstens zum Anlass zu nehmen, um den eigenen Standpunkt kritisch zu überdenken?

Zum Schluss eine konkrete Frage: Irland war das einzige Land, in dem das Volk überhaupt befragt wurde und es war auch das einzige Land, welches gegen den EU-Vetrag gestimmt hat. Glauben Sie, dass die Mehrheit aller EU-Länder für oder gegen den EU-Vertrag gestimmt hätte, wenn man die Bevölkerung hätte abstimmen lassen? Und welche Konsequenzen ziehen Sie aus dieser Erkentnis?

mfg Kurt Felgendreher

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Sehr geehrter Herr Felgendreher,

warum muß ich dauernd auf unser wunderbares Grundgesetz hinweisen?

Nochmals und zum Mitschreiben: "Sie (die Abgeordneten des Deutschen Bundestages) sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen." Artikel 38 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes gilt für mich, aber auch für Sie. Wir leben nicht in einer Stimmungsdemokratie, nicht in einer Meinungsumfragendemokratie, sondern in einer repräsentativen parlamentarischen Demokratie. Das "imperative" Mandat gibt es in der Bundesrepublik Deutschland nicht. Das mag Ihnen alles gefallen oder auch nicht. In dieser Angelegenheit bin ich ganz stur.

Es ist die vornehmste Aufgabe eines Volksvertreters, das Wohl seines Volkes zu mehren. Das gilt selbstverständlich auch für mich. Ich bin nahezu täglich damit befaßt, Meinungen von Menschen aufzunehmen und zu würdigen. Weil ich hauptamtlich Politik machen darf, komme ich vermutlich mit erheblich mit mehr Menschen und Meinungen zusammen als Sie, und zwar in ganz Deutschland. Alle diese Eindrücke prägen mich. Wenn ich freilich Entscheidungen treffe, treffe ich diese Entscheidungen selber. Ich muß sie auch selber verantworten. Oder soll ich mich hinter Meinungsumfragen verstecken?

Ich bin seit Jahren entschieden für die Einfügung von plebiszitären Elementen in das Grundgesetz. Über einen Verfassungsvertrag für Europa sollte das Volk abstimmen dürfen, nicht nur in Deutschland.

Ich kann nicht sagen, wie die Volksabstimmungen ausgegangen wären. Ich bin kein Wahrsager. Ich arbeite aber daran.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Dieter Wiefelspütz, MdB