Frage an Dietmar Schulz bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Frage von Jocelyne L. •

Frage an Dietmar Schulz von Jocelyne L. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

2012 richtete eine Gruppe von Tierschützern Bürgeranfragen im Rahmen des Informationsfreiheitsgesetzes an LANUV NRW als genehmigende Behörde für die Versuche an Primaten an der Uni Bochum, um die notwendige Transparenz über diese seit Jahrzehnten stark umstrittene Versuche herbeizuführen und um die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben zur Genehmigung dieser Versuche zu kontrollieren.

Die Tierschützer beriefen sich auf ein öffentliches Interesse von höherer Bedeutung (Verfassungsrelevanz des Tierschutzes als Staatsziel seit 2002), sowie auf § 258 StGB wegen einem dringenden Verdacht auf Verstöße gegen das Tierschutzgesetz bei der Genehmigung dieser Versuche. Dieser Verdacht hat sich auch durch die Antworte der Behörde bestätigt: Strafanzeige wurde erstattet und eine Petition beim Landtag NRW wurde eingereicht, die aktuell noch geprüft wird, um die Erhebung der öffentlichen Klage durch die Staatsanwaltschaft zu erzwingen (Pet. Nr. I.3/16-P-2013-04842-00).

Die Tierschützer klagten auf Rückerstattung der von der Behörde in dieser Angelegenheit erhobenen Gebühren, da sie die im Gebührengesetz NRW § 6 für Auskunftsersuchen im öffentlichen Interesse vorgesehene Gebührenbefreiung beanspruchten.

Am 7.2.14 hat das Verwaltungsgericht Düsseldorf ein verwirrendes Urteil gefällt und eine Klage der Tierschützer abgewiesen, siehe Volltext des Urteils 26 K 2277/13 bei dejure.org:

http://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Gericht=VG%20Düsseldorf&Datum=2014-02-07&Aktenzeichen=26%20K%202277/13

Ein öffentliches Interesse und eine Gebührenbefreiung wurden vom Gericht mit der Begründung abgelehnt, dass nicht die Bürger subjektiv beurteilen dürfen, ob ein öffentliches Interesse vorliegt, sondern es einzig im Ermessen der Behörde gehöre, die hier ein öffentliches Interesse abgelehnt hatte. Damit ist das Informationsfreiheitsgesetz grundsätzlich ausgehebelt!

Was können die Bürger tun, um den Sinn des Informationsfreiheitsgesetzes im Land NRW respektieren zu lassen?

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Sehr geehrte Frau Lopez,

die Aktenlage ist mir selbstveständlich nicht bekannt. Dies gilt auch hinsichtlich der von Ihnen erwähnten Petition. Petitionen werden sehr vertraulich von speziell hierzu entsandten Abgeordneten aller Fraktionen letztlich im Konsens im Petitionsausschuss behandelt und entschieden. Was die Arbeit der Staatsanwaltschaften unseres Landes angeht, so weise ich Sie an dieser Stelle gerne darauf hin, dass sich die Piratenfraktion nachhaltig für die Unabhängigkeit der Organe der Justiz von der Politik einsetzt. Dies gilt sowohl für die Anklagebehörden, die der Dienst- und Fachaufsicht der jeweiligen Generalstaatsanwaltschaften unterstehen, als auch für die Gerichte, Richterinnen und Richter, die in der Regel frei und unabhängig entscheiden.

Die unabhängig getroffenen Entscheidungen der jeweiligen Anklagebehörde oder Gerichte anzuzweifeln sehen wir daher nicht als Gegenstand politischen Handelns an; selbst wenn diese im Einzelfall kritikwürdig erscheinen. Hier steht im Falle von Anzeigen den Anzeigeerstattern in der Regel die Möglichkeit offen, den sog. "Privatklageweg" zu beschreiten, um unter gegebenen Umständen eine Anklageerhebung zu erzwingen. Letzteres ist dann ggf. über den Instanzenzug zu erstreiten und wird je nach juristischer Komplexität der Fallsituation möglicherweise der Inanspruchnahme von Anwälten bedürfen. Wie Sie mitteilen, sind die von Ihnen gemeinten Personenkreise dabei, diesen Weg zu beschreiten oder haben diesen bereits beschritten.

Was die Anwendung des Informationsfreiheitsgesetzes im Verwaltungsverfahren angeht, so ist dieses ein besonderes Anliegen der Piratenfraktion. Aber auch hier muss ich Sie aber darauf hinweisen, dass bei Zweifeln hinsichtlich der korrekten Anwendung des Gesetzes durch Behörden oder Gerichte Ihnen oder Betroffenen der Rechtsweg und/oder der jeweilige Instanzenzug offen steht. Diese Möglichkeiten gilt es in der Regel zunächst auszuschöpfen. Wir sehen es mit Blick auf die Unabhängigkeit der Justiz nicht als opportun an, auf Organe der Judikative in irgendeiner Form politisch einzuwirken. Hierfür bitte ich um Ihr Verständnis.

Ich hoffe Ihnen mit der Antwort gedient zu haben und verbleibe mit freundlichen Grüßen

Dietmar Schulz