Frage an Ekin Deligöz bezüglich Recht

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Ekin Deligöz
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Anton W. •

Frage an Ekin Deligöz von Anton W. bezüglich Recht

Sehr geehrte Frau Deligöz,

wie stehen Sie, wie stehen die Grünen zu Lobbyismus und Firmenspenden an politische Parteien?
Wie verhindern Sie effektiv die Einwirkung der (zahlenden) Wirtschaft und deren Lobbyisten auf die Entstehung und Verabschiedung von Gesetzen?

Mit freundlichen Grüßen

A. W.

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Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr W.,

vielen Dank für Ihre Frage zu Lobbyismus und Firmenspenden an politische Parteien. Die mögliche Einflussnahme von Lobbyverbänden auf das Regierungshandeln, gerade auch im Laufe von Gesetzgebungsverfahren, ist ein empfindlicher Punkt. In einer pluralistischen Gesellschaft ist es zwar legitim, dass zahlreiche betroffene Gruppen ihre Wünsche oder Sorgen im Gesetzgebungsprozess zur Sprache bringen wollen. Doch der Einfluss von Interessensgruppen, beziehungsweise Lobbyisten, muss transparent sein und nach klar definierten Regeln erfolgen. Durch das Herstellen von Transparenz können unlautere Einflüsse neutralisiert oder auch nur ein böser Schein von vornherein vermieden werden. Doch gerade was die Transparenz von Lobbyismus angeht, ist Deutschland ins Hintertreffen geraten. Wie Transparency International ermittelt hat, kommt Deutschland von 19 untersuchten EU-Staaten und -Institutionen gerade mal auf den Platz 16.

In einer repräsentativen Demokratie sollten Wählerinnen und Wähler die Abwägungsprozesse von Regierung und Parlament nachvollziehen können. Und sie haben ein Recht zu erfahren, wer neben den gewählten Abgeordneten auf Gesetze Einfluss nimmt. Die Einführung eines Lobbyregisters ist eine zentrale Maßnahme um Einfluss von außen transparent zu machen. Die Bürgerinnen und Bürger könnten dann klar nachvollziehen: Wer wirkt auf die eine oder andere Art an der Gesetzgebung mit? Wenn die Beteiligung von Interessensvertretern hinter verschlossenen Türen undurchschaubar bleibt und die Bevölkerung Entscheidungen nicht nachvollziehen kann, besteht das Risiko, dass das Vertrauen in die Politik schwindet. Denn Vertrauen in gewählte Abgeordnete setzt in einer repräsentativen Demokratie voraus, dass die Wählerinnen und Wähler ihre Abgeordneten kontrollieren können. Und die Voraussetzung für diese Kontrollmöglichkeit ist wiederum Transparenz.

Die grüne Bundestagsfraktion hat einen detaillierten Antrag für ein gesetzliches, verbindliches Lobbyregister vorgelegt. Verbände, Vereine, Unternehmen, Gewerkschaften, Kirchen und weitere Institutionen müssten sich in dieses verbindliche Register eintragen, wenn sie die Absicht haben, auf Entscheidungen und Abläufe der Regierung und des Parlamentes einzuwirken. Das Register wäre öffentlich einsehbar. Sie enthielt Informationen über die handelnden Interessensvertreter, deren Interessengebiete und die finanziellen Aufwendungen. Außerdem würde über ein sogenanntes Footprint-Prinzip erkennbar, an welchen Vorlagen der Regierung Lobbyisten mitgewirkt haben.

Leider haben Union und SPD diesen Vorschlag eines Lobbyregisters blockiert. Dabei sollte es in aller Interesse sein, ein solches Register endlich verbindlich einzuführen. Andere Staaten haben mit einem gesetzlichen und verbindlichen Lobbyregister sehr gute Erfahrungen gemacht. Die Herstellung von mehr Transparenz und Öffentlichkeit ist kein Problem. Und mehr Öffentlichkeit schafft nicht weniger Vertrauen in die Politik, sondern mehr.
Auch in Punkto Parteispenden sehen wir Grüne grundlegenden Reformbedarf. Skandale bei der Parteienfinanzierung schaden der Demokratie massiv. Unternehmensspenden an Parteien wollen wir zukünftig verbieten. Auch sollten jährliche Höchstsummen festgesetzt werden, die eine Einzelperson pro Jahr an eine Partei spenden darf. Auch die Veröffentlichungsgrenzen für Parteispenden sollten abgesenkt werden, um den BürgerInnen zeitnah die Möglichkeit zu geben, mögliche Verstrickungen zu erkennen. Und diese Regeln müssen selbstverständlich auch für das Parteisponsoring gelten, da es in diesem Feld bislang keine Transparenz gibt.

Mit freundlichen Grüßen
Ekin Deligöz

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