Frage an Elisabeth Motschmann bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Elisabeth Motschmann
CDU
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Frage von Dr. Wilfried J. •

Frage an Elisabeth Motschmann von Dr. Wilfried J. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Guten Tag Frau Motschmann,

Gern würde ich Ihre persönliche Entscheidung zur vorgesehenen Erhöhung der Abgeordnetendiäten wissen, speziell in Bezug auf meine letzte Rentererhöhung..

Mit freundlichen Grüssen,
Ihr
W. Junge

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Junge,

vielen Dank für Ihre Anfrage. Ich kann gut verstehen, dass Sie diese Nachricht beschäftigt. Die Erhöhung von Abgeordnetendiäten sorgt insgesamt für Diskussionen, daher ist es wichtig, dass wir Abgeordnete uns dieser Debatte stellen. Insbesondere bei diesem Thema ist es von Bedeutung, dass Sie über das Vorhaben und die Einzelheiten informiert werden, denn es gibt gute Gründe, die in der Öffentlichkeit oft nicht eindeutig dargestellt werden.

Grundsätzlich geht es meiner Meinung nach bei dieser Diskussion darum, ob Abgeordnete auch die Leistung erbringen, die eine Erhöhung rechtfertigen würde. Anders könnte man auch fragen: Was sind uns unsere Volksvertreter und die Demokratie eigentlich wert? Betrachtet man die Meinungsumfragen zu diesem Thema ist deutlich zu erkennen, dass die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger Abgeordnete für überbezahlt halten. Im Vergleich zu anderen Arbeitnehmern ist die Abgeordnetenentschädigung in der Tat hoch, im Vergleich zu ähnlichen Entscheidungsträgern mit vergleichbarer Verantwortung jedoch nicht.

Um Transparenz und Objektivität zu schaffen, wurde zuvor eine unabhängige Expertenkommission mit diesem Thema beauftragt. Diese unabhängige Kommission hat erstmalig 1995 und jetzt wieder die Empfehlung ausgesprochen, die Höhe der Abgeordnetenentschädigung an der Besoldung von Richtern an obersten Bundesgerichten zu orientieren, da diese Funktion mit der Tätigkeit eines Abgeordneten im Bundestag vergleichbar sei. Die Vergütung von Richtern an obersten Bundesgerichten entspricht in etwa der Vergütung von Landräten und Bürgermeistern mittelgroßer Städte (ca. 250 000 Einwohner).

Gemäß dem Grundgesetz entscheiden Abgeordnete selbst über die Höhe ihrer Entschädigung. In den vergangenen Jahren (2003 bis 2007 und 2009 bis 2011) haben Abgeordnete aber wiederholt auf diese verzichtet. Nun soll die Erhöhung der Abgeordnetenentschädigung künftig auf Basis der Entwicklung des Nominallohnindexes erfolgen, d.h. es wird sichergestellt, dass alle Abgeordneten, aller Parteien an der durchschnittlichen - positiven wie negativen - Einkommensentwicklung teilhaben. Darüber hinaus wird die Altersversorgung um mehrere Prozentpunkte gesenkt, das Renteneintrittsalter angehoben, die "Strafgelder" bei Fernbleiben der Sitzungen verdoppelt und eine strengere Regelung bei Abgeordnetenbestechung durchgesetzt. Entgegen der Einschätzung der Kommission, die die Höhe der derzeitigen Altersversorgung für angemessen hält, haben wir Abgeordneten eine Absenkung des Versorgungsniveaus vorgeschlagen. Dadurch gilt u.a. die Rente mit 67 auch für Abgeordnete; für bereits erworbene Ansprüche gilt Bestandsschutz.

Die Entscheidung für eine Funktion als Volksvertreter sollte in erster Linie von der Bereitschaft und dem Willen abhängig sein, seinem Land und dem Volk zu dienen. In zweiter Konsequenz ist es aber auch wichtig, dass wir auch Fachkräfte, die in anderen Branchen oft mehr verdienen, für unser Parlament gewinnen können. Abgeordnete haben ca. eine 70-Stunden-Woche und entscheiden u.a. über die Durchsetzung und Umsetzung von Menschenrechten, Krieg und Frieden, wie z.B. bei der Debatte über die Verlängerung des ISAF-Einsatzes in Afghanistan. Deshalb ist es umso bedeutender, dass wir gute, qualifizierte, engagierte und unabhängige Parlamentarier haben. Für den Fall, dass ein Abgeordneter in Ihren Augen keine gute Arbeit leistet, haben Sie die Möglichkeit, diesen nach vier Jahren abzuwählen. Wer aus dem Parlament ausscheidet und keinen neuen Job antritt, hat einen sehr begrenzten Anspruch auf Übergangsgelder. Für jedes Jahr der Parlamentszugehörigkeit erhalten die Abgeordneten einen weiteren Monat ihre Entschädigung. Befindet sich der ehemalige Abgeordnete jedoch in einem neuen Arbeitsverhältnis, z.B. in der Wirtschaft, wird der Anspruch verrechnet und der Steuerzahler somit entlastet. Es ist also von Vorteil, wenn Abgeordnete nach Ablauf ihrer Mandatszeit schnell in einen anderen Beruf einsteigen. Sollte dies jedoch nicht gelingen, erhalten Abgeordnete grundsätzlich keine Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung. Dies kann -- wie schon geschehen -- dazu führen, dass Abgeordnete nach Ablauf der individuellen Entschädigungsfrist auf Hartz IV angewiesen sind.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen dieses umfangreiche Thema ein wenig näher bringen und ihre Frage damit beantworten.

Mit freundlichen Grüßen

Elisabeth Motschmann