Frage an Elisabeth Schroedter bezüglich Gesundheit

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Elisabeth Schroedter
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage an Elisabeth Schroedter von Volker T. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrte Frau Schroedter,

mich beschäftigt seit dem 3rd Homeopathy Day in Brüssel die Frage: Wie bewußt ist den EU-Parlamentariern, dass es massisve Bestrebungen gibt, die therapeutische Vielfalt in der EU gezielt einzuschränken, bzw. zu vernichten?

Es geht nicht um Kassenzulassungen, sondern um die freie berufliche Ausübung therapeutischer Tätigkeit für viele 1000e von Menschen in der EU, die keine Heilpraktiker sind und für die es noch keine geregelten und anerkannten Ausbildungsmöglichkeiten gibt. In Deutschland gibt es mit dem Heilpraktiker die einzige gesetzliche Grundlage auf der neben dem Arzt und Psychologen geheilt werden darf. Das ist einzigartig in der EU und gerade durch die Heilpraktiker wurden Naturheilverfahren und Homöopathie weiterentwickelt und im medizinischen Alltag beibehalten. Sollten wir nicht, gerade in Anbetracht der immer mehr nachlassenden Wirksamkeit der Antibiotikaära, eine Vielzahl von Möglichkeiten offen halten und auf eine eu-weite gesetzliche Grundlage stellen, um die Menschen in Zukunft gesund erhalten zu können. Die Fähigkeiten der Schulmedizin sind natürlich sehr wichtig, doch halte ich die Vielfalt für überlebenswichtig. Forschung und Behandlung sollte niemals nur in eine Richtung laufen, doch genau diese Gefahren drohen dem ganzen Gesundheitswesen in der EU, wenn es bestimmten Lobbyisten gelingt sich durchzusetzen.

Ich bitte sie hiermit sich über diesen Bereich zu informieren und sich für die Vielfalt einzusetzen. Für unser aller Zukunft! Über einen kurzen aktuellen Stand der Situation wäre ich Ihnen sehr dankbar.

Mit freundlichen Grüßen

Volker Thielmann, Heilpraktiker, klassische Homöopathie

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Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Thielmann,

Vielen Dank für Ihre Anfrage zur therapeutischen Vielfalt.

Als Grüne unterstützen wir seit vielen Jahren die therapeutische Vielfalt und die freie Wahl der Patienten zwischen verschiedenen Therapien.

Im Rahmen der Verhandlungen zum 2. Gesundheitsaktionsprogramms der EU war unsere Fraktion die treibende Kraft, die die Anerkennung komplementärer Medizin vorangetrieben hat. Unsere konkreten Vorschläge im operativen Teil des Aktionsprogramms haben leider nicht die Unterstützung der Mehrheit im Parlament gefunden. Ein Verweis in der Präambel wurde jedoch unterstützt - und nach schwierigen Verhandlungen mit dem Rat ist es uns gelungen, wenigstens einen qualifizierten Verweis in die endgültige Fassung des Aktionsprogramms einzuführen:

"(28) Das Programm sollte der Bedeutung eines ganzheitlichen Ansatzes für die Gesundheit der Allgemeinheit Rechnung tragen und bei seinen Aktionen die ergänzende und alternative Medizin, soweit angemessen und soweit wissenschaftliche oder klinische Nachweise ihrer Wirksamkeit bestehen, berücksichtigen."

Daher ist mir von meinen Kollegen bekannt, welche Widerstände es im Ministerrat gibt, wenn es um die Anerkennung der Komplementärmedizin geht.

Darüber hinaus ist mir die aktuelle Debatte zu der möglichen Auswirkung des Endes der Übergangsperiode im Rahmen der Richtlinie 2004/24/EG zu traditionellen pflanzlichen Arzneimitteln bekannt. Mein holländischer grüner Kollege Bas Eickhout hat diesbezüglich eine mündliche Anfrage im Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit gestellt, um dieser Sache nachzugehen (siehe Anhang). Das Thema wird voraussichtlich Ende November 2011 im Ausschuss behandelt.

Sie sprechen allerdings von "massiven Bestrebungen, die therapeutische Vielfalt in der EU gezielt einzuschränken, bzw. zu vernichten", jedoch ohne zu spezifizieren, was genau Sie damit meinen.

Zunächst ist hier anzumerken, dass gemäß Artikel 168 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union bei der Tätigkeit der Union
a) die Verantwortung der Mitgliedstaaten für die Festlegung ihrer Gesundheitspolitik sowie für die Organisation des Gesundheitswesens und die medizinische Versorgung gewahrt wird, und
b) die Verantwortung der Mitgliedstaaten die Verwaltung des Gesundheitswesens und der medizinischen Versorgung sowie die Zuweisung der dafür bereitgestellten Mittel umfasst.

Die primäre Anerkennung beruflicher Qualifikationen fällt nach meinem Verständnis in diese nationale Verantwortung.

Nun gibt es auch eine EU-Richtlinie zur Anerkennung von Berufsqualifikationen innerhalb der EU (Richtlinie 2005/36/EG) . Die Nichtaufführung von Heilpraktikern in dieser Richtlinie kann meiner Ansicht nach aber nicht im Umkehrschluss als Nichtanerkennung als solches von Heilpraktikern gesehen werden. Die Nichtaufführung besagt lediglich, dass ein solcher Status in einem EU-Mitgliedsstaat - wie z.B. Deutschland - nicht in einem anderen EU-Mitgliedsstaat anerkannt werden muss. Dies ist aber nicht gleichzusetzen mit der Einschränkung oder gar Vernichtung therapeutischer Vielfalt.

Ich unterstütze voll und ganz die therapeutische Vielfalt, insbesondere die Homöopathie. Eine Bedrohung dieser durch EU-Gesetze oder andere Aktivitäten - abgesehen von dem oben bereits genannten Problem der traditionellen pflanzlichen Arzneimittel - kann ich ohne weitere Information allerdings nicht erkennen.

Bitte lassen Sie mich wissen, wenn mir etwas Wichtiges entgangen sein sollte.

Mit freundlichen Grüßen,

Elisabeth Schroedter

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Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Thielmann,

Sie schrieben einen ausführlichen Beitrag zur therapeutischen Vielfalt. Ich ziehe daraus den Schluss, dass Sie neben der Antwort auf Ihre Frage zur Anerkennung von beruflichen Qualifikationen in der EU ebenfalls wissen wollen, welche Rolle die therapeutische Vielfalt in der letzten Zeit in unserer Arbeit im Europäischen Parlament gespielt hat. Ich gehe deshalb im Folgenden ebenfalls darauf ein.

Als Grüne unterstützen wir seit vielen Jahren die therapeutische Vielfalt und die freie Wahl der Patienten zwischen verschiedenen Therapien.

Im Rahmen der Verhandlungen zum 2. Gesundheitsaktionsprogramms der EU war unsere Fraktion die treibende Kraft, die die Anerkennung komplementärer Medizin vorangetrieben hat. Unsere konkreten Vorschläge im operativen Teil des Aktionsprogramms haben leider nicht die Unterstützung der Mehrheit im Parlament gefunden. Ein Verweis in der Präambel wurde jedoch unterstützt - und nach schwierigen Verhandlungen mit dem Rat ist es uns gelungen, wenigstens einen qualifizierten Verweis in die endgültige Fassung des Aktionsprogramms einzuführen:

"(28) Das Programm sollte der Bedeutung eines ganzheitlichen Ansatzes für die Gesundheit der Allgemeinheit Rechnung tragen und bei seinen Aktionen die ergänzende und alternative Medizin, soweit angemessen und soweit wissenschaftliche oder klinische Nachweise ihrer Wirksamkeit bestehen, berücksichtigen."[1]

Daher ist mir von meinen Kollegen bekannt, welche Widerstände es im Ministerrat gibt, wenn es um die Anerkennung der Komplementärmedizin geht.

Darüber hinaus ist mir die aktuelle Debatte zu der möglichen Auswirkung des Endes der Übergangsperiode im Rahmen der Richtlinie 2004/24/EG zu traditionellen pflanzlichen Arzneimitteln bekannt. Mein holländischer grüner Kollege Bas Eickhout hat diesbezüglich eine mündliche Anfrage im Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit gestellt, um dieser Sache nachzugehen (siehe Anhang). Das Thema wird voraussichtlich Ende November 2011 im Ausschuss behandelt.

Sie sprechen allerdings von "massiven Bestrebungen, die therapeutische Vielfalt in der EU gezielt einzuschränken, bzw. zu vernichten", jedoch ohne zu spezifizieren, was genau Sie damit meinen.

Zunächst ist hier anzumerken, dass gemäß Artikel 168 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union bei der Tätigkeit der Union

a) die Verantwortung der Mitgliedstaaten für die Festlegung ihrer Gesundheitspolitik sowie für die Organisation des Gesundheitswesens und die medizinische Versorgung gewahrt wird, und

b) die Verantwortung der Mitgliedstaaten die Verwaltung des Gesundheitswesens und der medizinischen Versorgung sowie die Zuweisung der dafür bereitgestellten Mittel umfasst.[2]

Die primäre Anerkennung beruflicher Qualifikationen fällt nach meinem Verständnis in diese nationale Verantwortung.

Nun gibt es auch eine EU-Richtlinie zur Anerkennung von Berufsqualifikationen innerhalb der EU (Richtlinie 2005/36/EG)[3]. Die Nichtaufführung von Heilpraktikern in dieser Richtlinie kann meiner Ansicht nach aber nicht im Umkehrschluss als Nichtanerkennung als solches von Heilpraktikern gesehen werden. Die Nichtaufführung besagt lediglich, dass ein solcher Status in einem EU-Mitgliedsstaat - wie z.B. Deutschland - nicht in einem anderen EU-Mitgliedsstaat anerkannt werden muss. Dies ist aber nicht gleichzusetzen mit der Einschränkung oder gar Vernichtung therapeutischer Vielfalt.

Ich unterstütze voll und ganz die therapeutische Vielfalt, insbesondere die Homöopathie. Eine Bedrohung dieser durch EU-Gesetze oder andere Aktivitäten - abgesehen von dem oben bereits genannten Problem der traditionellen pflanzlichen Arzneimittel - kann ich ohne weitere Information allerdings nicht erkennen.

Mit freundlichen Grüßen,

Elisabeth Schroedter, MdEP

________________________________

[1] http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2007:301:0003:0013:DE:PDF

[2] http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:C:2010:083:0001:01:DE:HTML

[3] http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CONSLEG:2005L0036:20090427:DE:PDF