Frage an Eva Högl bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Bundestagsabgeordnete für Berlin-Mitte
Eva Högl
SPD
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Frage von Matthias M. •

Frage an Eva Högl von Matthias M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Högl,

ich entschuldige mich schon im Voraus für die zeitnahe zweite Frage.
Ihre Antwort mag ja durchaus interessant erscheinen:
"Da die Abgeordneten in der Fraktion nicht nur ihrer persönlichen Überzeugung verpflichtet sind". Ich habe wohl das falsche Grundgesetz zur Hand, muss eine ältere Ausgabe sein.

Mich bewegt trotzdem weiterhin die Frage, inwiefern alternative Methoden zur Bekämpfung von Kinderpornographie in ihrem Entscheidungsprozess bedacht und bewertet wurden.
Ist nicht eine effektivere Polizeiarbeit ein sinnvolleres Instrument zur Bekämpfung der Kinderpornographie? Wie sind die technischen Möglichkeiten der Polizeibehörden beschaffen? Wie sieht es mit der Qualifikation des Personals aus? Warum ist es schon länger möglich, Phising-Seiten, die Bank-Daten abfangen, binnen kürzester Frist zu entfernen? Warum wurden solche Systeme nicht auch für die Bekämpfung der Kinderpornographie in Betracht gezogen?

Mit freundlichen Grüßen

Matthias Meinecke

Bundestagsabgeordnete für Berlin-Mitte
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Meinecke,

selbstverständlich sind Abgeordnete nach dem Grundgesetz nur ihrem Gewissen verpflichtet (Art. 38 Abs. 2 GG). Das heißt, dass sie vor dem Gesetz frei sind. Um im Interesse der Bürgerinnen und Bürger sicherzustellen, dass eine effektive Regierungsarbeit stattfindet, ist es notwendig, dass die Abgeordneten einer Fraktion ein Minimum an Geschlossenheit in ihrem Abstimmungsverhalten an den Tag legen. Im Einzelfall kann dies sogar bedeuten, gegen seine eigene Überzeugung stimmen zu müssen, um die Stabilität der eigenen Regierung zu gewährleisten. In einer Demokratie funktioniert eine Gesellschaft durch Miteinander und Kompromissbereitschaft. Dies gilt auch für die parlamentarische Arbeit eines oder einer Abgeordneten. Nur durch ein Geben und Nehmen können Mehrheiten organisiert werden. Würden alle Parlamentarier "mit dem Kopf durch die Wand" wollen, ergäbe dies im Ergebnis nicht eine "gewissenhaftere" Demokratie, sondern ein gegenseitiges Blockieren.

Im Falle des Gesetzes zur Bekämpfung der Kinderpornographie stimme ich Ihnen bezüglich einer Verstärkung der Polizeiarbeit zu. Natürlich muss alles Denkbare unternommen werden, um schon die Produktion, aber auch die Verbreitung solcher Videos zu verhindern.

Das Problem liegt hier weniger bei der Arbeit der Polizei an sich als in der internationalen polizeilichen Kooperation. Hier muss die Politik in Zukunft schnellere Entscheidungen ermöglichen, damit nicht durch lange Dienstwege wertvolle Zeit verstreicht, die Täter warnt und ein polizeiliches Eingreifen verhindert. Die Erfahrungen mit Pishing zeigen, dass das Löschen illegaler Inhalte unabhängig vom Serverstandort im Schnitt binnen vier Stunden möglich ist. Voraussetzung dafür ist, dass

- man von der Existenz der Inhalte weiß,
- die Entdecker der Inhalte wissen, wie und an wen Sie ihr Wissen kommunizieren müssen,
- es bei den Hosting-Providern eingeübte Takedown-Verfahren gibt und
- ein rechtlicher und institutioneller Rahmen gegeben ist, der den Handelnden ein effektives Tun ermöglicht.

Würden all die europäischen Polizeistellen, die "anlassunabhängige" Internetstreifen laufen, sowie die diversen Hotlines und Kinderschutzstellen ihre Kenntnisse über vorhandene illegale Inhalte teilen und würden all diese Akteure mit Hosting-Providern auf ähnliche Weise kooperieren, wie das Banken und Pishing-Provider tun, ließe sich jede neu entdeckte Kinderporno-Seite im Schnitt binnen vier Stunden löschen. Gleich, ob der Server in Magdeburg, Karlsruhe, London, Hongkong oder Petersburg steht.

Diese Aufgabe zu meistern und Anreize für die europäische polizeiliche Zusammenarbeit zu schaffen, muss ein Ziel für die zukünftige Politik der SPD sein. Die SPD hat durch ihre Initiative erreicht, dass Ursula von der Leyens Gesetzesentwurf dahingehend verbessert wurde, dass er "Löschen vor Sperren" zum Ziel hat. Nun gilt es, die Fälle, in denen ein Löschen bisher nicht möglich ist, aus der Welt zu schaffen. Eine internationale Kooperation ist der richtige Weg dahin.

Mit freundlichen Grüßen

Eva Högl