Frage an Eva Högl bezüglich Finanzen

Bundestagsabgeordnete für Berlin-Mitte
Eva Högl
SPD
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Frage von Hans R. •

Frage an Eva Högl von Hans R. bezüglich Finanzen

Sehr geehrte Frau Högl,

werden sie die geplanten Diätenerhöhung um je 292 Euro für 2012 und 2013 und der Erhöhung der Wahlkampfkostenerstattung zustimmen?

Mit freundlichen Grüßen
Hans Richter

Bundestagsabgeordnete für Berlin-Mitte
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Richter,

vielen Dank für Ihr Schreiben vom 30.06. über die Internetplattform abgeordnetenwatch.com zum Thema Diäten der Abgeordneten.
Abgeordnete haben nach Artikel 48 Grundgesetz und der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes einen verfassungsrechtlichen Anspruch auf eine angemessene, ihre Unabhängigkeit sichernde Entschädigung („Diät“).

Die Diäten der Abgeordneten sind eine demokratische Errungenschaft. Niemand sollte in die Politik gehen, nur um Geld zu verdienen. Es darf aber auch nicht sein, dass nur diejenigen in die Politik gehen, die es sich finanziell leisten können. Wir brauchen daher eine angemessene Abgeordnetenentschädigung.
Was angemessen ist, wird in der Öffentlichkeit kontrovers diskutiert. Der Bundestag und damit die Abgeordneten sind nach dem Grundgesetz und der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts angehalten, selbst diese Frage zu beantworten. Über die Höhe des einem zustehenden Geldes zu entscheiden, ist jedoch keineswegs einfach. Nicht zuletzt deshalb hat es in den vergangenen 10 Jahren 5 Nullrunden für die Abgeordneten gegeben.

Die damit verbundene immer weitere relative Absenkung der Diäten der Abgeordneten kann aber auch nicht richtig sein. Das Bundesverfassungsgericht hat daran erinnert, dass die Abgeordnetenentschädigung von Zeit zu Zeit an die steigenden Lebenshaltungskosten angepasst werden müssen. Die Abgeordneten sollen schließlich wirklich unabhängig arbeiten können. Sie sollen eben nicht in die Versuchung geraten, sich andere Einkommensquellen zu suchen und dadurch von anderen Menschen und Interessen abhängig werden.
Der Bundestag hat daher 1995 eine Neuregelung der Abgeordnetenentschädigung verabschiedet. Die Entschädigung der Abgeordneten soll sich an dem Gehalt anderer Amtsinhaber mit ähnlicher Verantwortung und Belastung orientieren. Als Richtgröße sollen die Bezüge von Bürgermeistern kleiner Städte und Gemeinden mit 50.000 bis 100.000 Einwohnern gelten. Sie erhalten eine Vergütung nach der Besoldungsgruppe B6. Als vergleichbar wurden auch die einfachen Richter bei einem obersten Gerichtshof des Bundes (Bundesgerichtshof, Bundesarbeitsgericht, etc.) angesehen, die bei der Ausübung ihres Amtes ähnlich wie Abgeordnete unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen sind. Sie erhalten eine Vergütung nach der Besoldungsgruppe R6.

Gegenwärtig erhalten die Abgeordneten eine Entschädigung, die geringer ist als gesetzlich vorgesehen. Als die Vergütung für B6 und R6 nach den Tarifrunde 2008/2009 und der Tarifrunde 2010/2011 angehoben wurde, haben die Abgeordneten auf eine Erhöhung ihrer Entschädigung verzichtet. Die Diäten der Abgeordneten entspricht daher derzeit dem Niveau von B6/R6 aus dem Jahr 2007.

Um die Abgeordnetendiäten wie gesetzlich vorgesehen an die Vergütung von B6/R6 anzupassen, wurde entschieden, die Entschädigung von jetzt 7.668 Euro in zwei Schritten anzuheben: Zum 1.Januar 2012 und zum 1.Januar 2013 wird die Abgeordnetenentschädigung um jeweils 292 Euro angehoben. Im Jahr 2013 wird die Abgeordnetendiät dann 8.252 Euro betragen und damit dem Stand von B6/R6 im Jahr 2010 entsprechen.

Im internationalen Vergleich sind die deutschen Diäten übrigens äußerst moderat: Gemessen an der Zahl der Einwohner, die ein Abgeordneter vertritt, liegen die Diäten auch nach der Erhöhung im unteren Drittel in Europa. Insgesamt machen die Diäten übrigens nach dieser Erhöhung einen Betrag von nur 0,75 Euro pro Einwohner und Jahr aus.
Insgesamt handelt es sich somit um eine zurückhaltende und angemessene Diätenerhöhung. Im Durchschnitt steigen die Diäten von 2010 bis 2013 jedes Jahr um 1,9 Prozent. Das ist auch im Vergleich zu aktuellen Tarifabschlüsse moderat und absolut vertretbar.
Entgegen einer weit verbreiteten Vorstellung müssen die Abgeordneten ihre Diäten zudem voll versteuern. Dabei wird es auch bleiben.
Außerdem wird eine unabhängige Kommission beim Deutschen Bundestag eingesetzt, die bis Ende der laufenden Wahlperiode ein Verfahren empfehlen soll, wie die Diäten künftig angepasst werden.

Die Diätenerhöhung ist somit moderat und folgt transparenten Regeln. Ich stimme aus den eben dargelegten sachlichen Gründen der Diätenerhöhung zu.
Bezüglich der Wahlkampfkostenerstattung bzw. Parteienfinanzierung ist gesetzlich eine staatliche Teilfinanzierung mit einer absoluten Obergrenze für das Gesamtvolumen der staatlichen Mittel, das den politischen Parteien insgesamt höchstens ausgezahlt werden darf, festgelegt.

Eine vom Bundestag zu beschließende jährliche Erhöhung dieser sog. absoluten Obergrenze muss auf der Entwicklung des Preisindexes der parteitypischen Ausgaben basieren, welche wiederum vom statistischen Bundesamt festgestellt wird. Dabei werden zu 70% der allgemeine Verbraucherpreisindex und zu 30% der Index der tariflichen Monatsgehälter der Angestellten bei Gebietskörperschaften einbezogen. Im Jahr 1994 betrug diese Obergrenze 230 Millionen DM. Seither hat der Bundestag lediglich zweimal eine Erhöhung beschlossen: ab dem Jahr 1999 auf 245 Millionen DM und ab dem Jahr 2002 auf 133 Millionen Euro.

Seitdem hat trotz des Preisanstiegs für parteispezifische Ausgaben keine Anpassung der absoluten Obergrenze stattgefunden; es hat also eine Abkoppelung der Finanzierung der politischen Parteien von der allgemeinen Preis- und Lohnentwicklung stattgefunden. Zugleich sind die Aufgaben auch aufgrund direkter demokratischer Elemente und moderner Kommunikationsformen erheblich gewachsen. Bis zum Ende des Jahres 2010 haben die Parteien insgesamt auf staatliche Zuwendungen von mehr als 92 Millionen Euro verzichtet.

Damit die politischen Parteien ihre verfassungsgemäßen Aufgaben weiterhin wahrnehmen können, ist ein Anheben der absoluten Obergrenze erforderlich. Das wurde auch von allen Sachverständigen bei der öffentlichen Anhörung des Innenausschusses im Juni 2010 betätigt.

Aus diesen Gründen stimme ich der Erhöhung der Parteienfinanzierung ebenfalls zu.

Ich hoffe, Sie können meine Entscheidungen nachvollziehen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Eva Högl