Frage an Eva Högl

Bundestagsabgeordnete für Berlin-Mitte
Eva Högl
SPD
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Frage von Hanz M. •

Frage an Eva Högl von Hanz M.

Sehr geehrte Frau Högel,

zuerst einmal, ich habe sie nicht gewählt und werde es nächstes Jahr wohl auch nicht machen aber mich interessiert warum sie der VDS zugestimmt haben obwohl noch im Frühjahr diesen Jahres selbst Herr Maas strickt dagegen war? Und sind sie wirklich überzeugt, dass dieses Gesetz auch mit Blick auf die letzten Urteile vom EUGH vor dem Verfassungsgericht bestand haben wird? Wie fühlt es sich an in aller regelmässigkeit vor dem Verfassungsgericht zu verlieren?

Mit freundlichen Grüßen

Bundestagsabgeordnete für Berlin-Mitte
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Meier,

vielen Dank für Ihre E-Mail vom 16. Oktober 2015, mit der Sie mir Ihre Bedenken gegen das Gesetz zur Einführung einer Speicherpflicht und einer Höchstspeicherpflicht für Verkehrsdaten mitteilen. Bitte entschuldigen Sie die verspätete Antwort.
Am 16.10.2015 haben wir das Gesetz im Deutschen Bundestag verabschiedet. Ich habe diesem Gesetzentwurf zugestimmt und teile Ihnen gerne die für mich maßgeblichen Gründe für diese Entscheidung mit.

1. Der Gesetzentwurf orientiert sich streng an den Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs sowie des Bundesverfassungsgerichts. Beide Gerichte hatten über gesetzliche Regelungen zu entscheiden, die die Anforderungen an die Wahrung der Grundrechte nicht erfüllten. Zu Recht wurden sie daher beanstandet. Die Richterinnen und Richter führten in ihren Entscheidungen zugleich aus, welche rechtlichen Grenzen der Gesetzgeber beachten muss, wenn er eine Speicherpflicht einführen möchte. Keineswegs erklärten sie die anlasslose Speicherung von Daten grundsätzlich für unzulässig.

2. Die Möglichkeit der Verfolgung schwerster Verbrechen durch die Strafverfolgungsbehörden wird verbessert. Aus vielen Gesprächen mit Staatsanwältinnen und Staatsanwälten weiß ich, dass die Auswertung der Daten hilft, besonders schwere Straftaten aufzuklären und die Täterinnen und Täter einer Verurteilung zuzuführen. Hier geht es um terroristische Verbrechen oder Mord, Totschlag und schweren sexuellen Missbrauch von Kindern. Ich finde, diese Möglichkeit müssen Strafverfolgungsbehörden in einer Gesellschaft haben, in der Straftäterinnen und Straftäter sich digitaler Kommunikationsmethoden zur Verbrechensbegehung bedienen.

3. Die gespeicherten Daten werden bei den Telekommunikationsunternehmen gespeichert und von ihnen besonders gesichert. Nur wenn ein Richter oder eine Richterin dies für den konkreten Einzelfall nach Prüfung der gesetzlichen Voraussetzungen erlaubt, dürfen die Strafverfolgungsbehörden auf sie zugreifen.

4. Die einheitliche Speicherpraxis, die mit dem Gesetz einhergehen wird, ist ein Fortschritt für die Rechtssicherheit in Deutschland. Derzeit ist die Speicher- und Herausgabepraxis der Telekommunikationsunternehmen nämlich höchst unterschiedlich, so dass es von Zufällen abhängt, welche Daten der Bürgerinnen und Bürger den Strafverfolgungsbehörden zur Verfügung stehen. Dies hilft weder der Strafverfolgung noch stellt dies einen effektiven Grundrechteschutz sicher.

5. Das von Bundesjustizminister Heiko Maas vorgelegte Gesetz ist deutlich restriktiver als das, was bisher als Vorratsdatenspeicherung bezeichnet wurde oder in europäischen Nachbarländern als solche bezeichnet wird. Die Speicherfristen sind kurz, die zu speichernden Daten sind minimiert und der Zugriff auf die Daten wird an strengere Voraussetzungen geknüpft.

6. Im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens habe ich mich für die Aufnahme einer verpflichtenden Evaluierung in den Gesetzestext eingesetzt, mit der Auswirkungen, Kosten und Nutzen der geplanten Regelungen durch Sachverständige festgestellt werden sollen, damit gegebenenfalls erforderliche Änderungen vorgenommen werden können.

Die Debatten um die Vorratsdatenspeicherung werden seit mehr als 10 Jahren geführt – viele waren geprägt von einer „schwarz-weiß-Argumentation“. Ich denke, es ist Zeit für eine differenzierte Diskussion, die den geänderten Gegebenheiten Rechnung trägt. Die technischen Anforderungen, die Möglichkeiten für Straftäter und schließlich auch die Speicherpraxis privater Anbieter haben sich geändert, so dass auch die Notwendigkeit für die Einführung einer Speicherpraxis heute anders zu beurteilen ist als zu Beginn dieser Diskussion. Ich würde mich freuen, wenn Sie sich offen für meine Argumentation zeigen.

Mit freundlichen Grüßen
Eva Högl