Frage an Filiz Polat bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Filiz Polat
Filiz Polat
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Philip G. •

Frage an Filiz Polat von Philip G. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Polat,

ich habe die Bundestagsdebatte zu dem Thema „Der Islam und die untrennbar mit ihm verbundene Scharia gehören nicht zum Rechtsstaat“ verfolgt. Omid Nouripour von Bündnis 90/ Die Grünen stellte zeitlich vor Ihrer Rede eine Zwischenfrage, worin er klarstellt, dass es Ihr Job als Abgeordnete sei, diejenigen Teile der Scharia, die mit dem Grundgesetz vereinbar seien, zu Anwendung zu bringen. Sie gehen in Ihrer Rede darauf nicht weiter ein. Haben Sie die Aussagen von ihm verstanden? Denken Sie auch, dass es Ihre Aufgabe ist Teile der Scharia hier in Deutschland anzuwenden?

Ich danke Ihnen schon jetzt sehr für eine Antwort, mit vielen Grüßen
Philip G.

Filiz Polat
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr G.,
vielen Dank für Ihre Frage, auf die ich gerne eingehe. Wie auch deutlich in meiner Rede hervorgehoben, gelten für alle Religionen in Deutschland die Vorgaben des Grundgesetzes. Für mich war bereits aus fachlicher Sicht in dem Antrag, auf deren Debatte Sie Bezug genommen haben, vieles unklar, beispielsweise was sogenannte geeignete Maßnahmen sind, die religiöse Inhalte „unterbinden“ sollen. Vielmehr wurde in dem Antrag der AfD ein Islambild vorgetragen, das auch in Lesart und Zitierweise des Korans so schriftgläubig war, wie es nur salafistische Prediger selbst interpretieren würden.

Dabei wird die Vielfalt des islamischen Lebens und der islamischen Theologie, wie sie nicht zuletzt auch in Deutschland vielerorts praktiziert wird, vollkommen ignoriert. Den Kulturkampf, den die AfD mit ihrem Antrag heraufbeschwört, ist kein Mittel des Rechtsstaates, sondern verstößt seinerseits diametral gegen unsere Grundwerte, gegen die Menschenrechte, die Freiheits- und Gleichheitsrechte unseres Landes.

Schließlich geht hier unter demokratischen und verfassungsrechtlichen Aspekten die Forderung nach der Unterbindung der Verbreitung religiöser Inhalte auch innerhalb der Religionsgemeinschaft erkennbar und weit über die Regelungen in Artikel 140 des Grundgesetzes hinaus. Glaubensinhalte können nicht untersagt werden, sondern ausschließlich Handlungen von Religionsgemeinschaften. Hier ist der deutsche Rechtsstaat schon heute ganz klar: Wer im Namen von wem auch immer aggressiv-kämpferisch gegen die Rechtsordnung vorgeht, wer gegen Gesetze verstößt, wer sich strafbar macht, wird dafür mit rechtsstaatlichen Mitteln zur Verantwortung gezogen – da kann sich niemand hinter der Religionsfreiheit verstecken.

Freundliche Grüße
Filiz Polat

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