Frage an Frank Heinrich bezüglich Senioren

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Frage von Gerhard F. •

Frage an Frank Heinrich von Gerhard F. bezüglich Senioren

Sehr geehrter Herr Heinrich,

in Ihrer Rede im Deutschen Bundestag am 20. Mai 2010 lese ich – bezogen auf Ansprüche zur Altersversorgung der ehemaligen DDR-Bürger - es seien „ungedeckte Schecks“ ausgestellt worden. Es sei nicht geboten, „unbegründete Hoffnungen zu schüren“. Können Sie das bitte angesichts folgender Rechtslage begründen?
Die in der DDR erworbenen und im Einigungsvertrag anerkannten Ansprüche und Anwartschaften genießen den Schutz des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG. (BVerfG, 1 BvL 32/95 vom 28.4.1999, Abs.-Nr. 119)
Im Einigungsvertrages ist bestimmt: „Ansprüche und Anwartschaften sind ...nach Art, Grund und Umfang .... anzupassen.“ (EV - Anlage Sachgebiet H: Gesetzliche Rentenversicherung).
Das Bundesverfassungsgericht widerlegte 1999 Auffassungen, wonach einer der Vertragspartner – die DDR –untergegangen sei. Eigentum als Versorgungsrechtsanspruch sei nicht übergekommen.
Weiter wurde (ebenfalls BVerfG) die pauschale Unterstellung widerlegt, in der DDR erzielte hohe Einkommen seien auch überhöhte Einkommen
Berücksichtigen Sie bei Ihren Urteilen die Folgen des Hitlerkrieges für die Lage der Bürger der DDR? Die östliche Zone wurde der Siegermacht Sowjetunion überlassen. Wer die deutsche Spaltung zu verantworten hat, ist im Urteil der Geschichte noch offen. Die DDR-Bürger waren vom kalten Krieg mit Embargo und anderen Maßnahmen besonders betroffen. Materiell war der Lebensstandard niedriger als im Westen. Dieser konnte von der Marshall-Plan-Hilfe und von der Eingliederung in das westliche Wirtschaftssystem profitieren. Halten Sie es angesichts dieser Tatsachen für gerecht, dass in der DDR rechtmäßig erworbene Ansprüche auf Altersversorgung noch nicht oder nur teilweise anerkannt werden? So führt ein in der DDR erreichter Durchschnittsverdienst bis heute zu einer geringeren Rente als im Westen (Eckrente).

Für Ihre Antwort dankt im Voraus

Gerhard Fröhlich

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CDU

Sehr geehrter Herr Fröhlich,

vielen Dank für Ihre Zuschrift, zu der ich gern Stellung beziehe.

Meine Äußerung über "ungedeckte Schecks" steht in keinem Widerspruch zu den Urteilen des Bundesverfassungsgerichts, die Sie anführen. Konkret habe ich Folgendes gesagt: "Politik kann nicht – das wissen wir nicht nur aus diesem Bereich – allen in gleichem Maß gerecht werden. Die Problematik besteht darin, dass Menschen, die zu DDR-Zeiten lange Jahre schwer gearbeitet haben, Versprechungen gemacht wurden, die mit dem Ende des Systems nicht eingelöst werden konnten. Dass sich diese Menschen nun benachteiligt fühlen, ist absolut verständlich. Aber dass das jetzt gültige Rentensystem diese ungedeckten Schecks einlösen soll, die es selber nicht ausgestellt hat, ist schlicht nicht finanzierbar."

Was meine ich mit "ungedeckt"? Ausgehend von einem Fortbestand der DDR - den die damalige Staatsführung ja vermutlich ihrem Handeln zugrunde gelegt hat - waren die Rentengarantien der DDR insofern ungedeckt, als dass das Wirtschaftssystem der DDR diese niemals hätte erfüllen können. Die Bundesrepublik hat einen Großteil dieser Garantien übernommen, ist aber nicht in der Lage, für alle diese ungedeckten Schecks einzustehen. Ich möchte deutlich hervorheben, dass es bei der bundesdeutschen Bewertung der zu DDR-Zeiten erworbenen Ansprüche auf Altersversorgung nicht um die individuelle Bewertung von Lebensleistung geht, sondern dass es die Grenzen der Finanzierbarkeit sind, welche die Bundesrepublik an dieser Stelle leiten.

Abschließend zu Ihrem letzten Satz: Es erscheint mir wichtig, die Ebenen, die nicht zueinander gehören, auch getrennt zu betrachten. Wie Sie wissen, ist die sogenannte "Eckrente" eine abstrakte Orientierungsgröße in der Rentenversicherung, um das Standard-Rentenniveau zu verdeutlichen. Grundlage dieser Orientierungsgröße ist ein Standardrentner ("Eckrentner"), der 45 Jahre lang das Durchschnittsentgelt verdient, davon Beiträge gezahlt und so 45 Entgeltpunkte erworben hat. Die Eckrente ist nicht zu verwechseln mit der tatsächlichen Durchschnittsrente, die niedriger ist. Die Durchschnittsrente wiederum liegt im Osten höher als im Westen. Laut DRV Bund betrug die Eckrente im Jahr 2008 1.071 Euro (vor Steuern), der durchschnittliche Zahlbetrag der Altersrenten in Westdeutschland 697 Euro und der durchschnittliche Zahlbetrag in den neuen Bundesländern 826 Euro. Natürlich ist auch mir bewusst, dass in Ostdeutschland im Gegensatz zu Westdeutschland kaum ergänzende Betriebsrentensysteme vorhanden sind, welche die Renten insgesamt in den alten Bundesländern anheben. Gleichwohl möchte ich einmal mehr auf diese absoluten Zahlen hinweisen, da sie nicht immer bekannt sind.

Bei vergleichbaren Tätigkeiten mit beitragspflichtigen Einkommen haben die Renten Ost bis heute 89% des Westniveaus erreicht. Dass dies noch nicht zufriedenstellend ist, sehe ich auch so. Aus diesem Grund wird die Regierungskoalition den Auftrag aus dem Koalitionsvertrag ernst nehmen und in dieser Legislaturperiode ein einheitliches Rentensystem in Ost und West einführen. Darüber hinaus muss es unsere Aufgabe sein, die Lohnkonvergenz zwischen Ost- und Westdeutschland voranzubringen, da Rentenwert und Aufwertungsfaktor bekanntlich primär von der Lohnentwicklung determiniert werden.

Falls Sie an einem persönlichen Gespräch interessiert sind, um unsere Ansichten besser diskutieren zu können, stehe ich dafür jederzeit gern zur Verfügung ( http://www.frankheinrich.de/kontakt.html ).

Mit freundlichen Grüßen

Frank Heinrich