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Warum wird die Höhe der Entschädigung beim Keulen von Tieren wie z.B. bei der Vogelgrippe nicht an die Haltungsform der Tiere gebunden?

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Franziska Kersten
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Frage von Friedrich W. •

Warum wird die Höhe der Entschädigung beim Keulen von Tieren wie z.B. bei der Vogelgrippe nicht an die Haltungsform der Tiere gebunden?

Guten Tag Frau Dr.Kersten,

über 500.000 Tiere wurden bereits aufgrund der Ansteckung mit der Vogelgrippe gekeult. Die hochansteckende Variante der Vogelgrippe (HPAI) ist auf die Massentierhaltung zurückzuführen, schreibt die deutsche Wildtierstiftung (https://www.wildtierschutz-deutschland.de/single-post/vogelgrippe-ursachen). Warum wird vor diesem Hintergrund nicht die Höhe der Entschädigungszahlung pro Tier von der Haltungsform der Tiere abhängig gemacht? Z.B. so: Bei der Haltungsform1 (Stallhaltung) wird nur der bisher geltende Betrag pro Tier gezahlt, bei der Haltungsform5 (Bio) wird der erhöhte, bereits gerade beschlossene Betrag gezahlt und bei den Formen 2-4 ein Betrag ansteigend dazwischen. Solange keine Kennzeichnungspflicht besteht, sollte ein Betrieb, der seine Produkte nicht entsprechend kennzeichnet, nur einen Betrag der mit einem 10%igen Abschlag unter Haltungsstufe1 liegt bekommen, um eine Motivation zu fördern, sich an der Bewertung nach der Haltungsform zu beteiligen.

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Antwort von SPD

Sehr geehrter Herr W.

vielen Dank für Ihre Nachricht und Ihre Frage zur Entschädigung bei der Keulung von Tieren infolge der Vogelgrippe. 

Zunächst einmal: Die derzeitige Entschädigungspraxis richtet sich nach dem „gemeinen Wert“ der gekeulten Tiere. Das ist im in § 16 des Tiergesundheitsgesetzes (TierGesG) festgelegt. Tierhalterinnen und Tierhalter erhalten also eine Entschädigung in Höhe des Marktwertes der getöteten Tiere. Da jedoch der gemeine Wert eines Tieres – zum Beispiel bei Bio-Hühnern – regelmäßig höher ist als der eines konventionell gehaltenen Tieres, ergibt sich faktisch eine indirekte Berücksichtigung der Haltungsform über den Marktpreis, auch wenn keine formale Kopplung an die Haltungsbedingungen vorgesehen ist. Diese Regelung dient allgemein dazu, schnell, einheitlich und rechtssicher zu entschädigen, wenn Tiere aufgrund behördlicher Anordnungen im Zuge einer Tierseuche getötet werden müssen. Ziel ist der Ausgleich des wirtschaftlichen Schadens – nicht die Bewertung oder Förderung der jeweiligen Haltungsform. 

Ihr Vorschlag, die Höhe der Entschädigung gezielt an die jeweilige Haltungsform zu koppeln, ist nachvollziehbar, weil Sie damit einen Anreiz für tiergerechte Haltung schaffen möchten. Die Idee, Betriebe mit höheren Standards stärker zu belohnen, teile ich im Grundsatz. Dennoch ist es bei Entschädigungszahlungen nach dem Tierseuchenrecht rechtlich und praktisch nicht möglich, unterschiedliche Haltungsformen gesondert zu berücksichtigen. Eine solche Differenzierung würde das Verfahren erheblich verkomplizieren und verzögern. 

Angesichts der zunehmenden Ausbreitung der Vogelgrippe in Deutschland haben Bund und Länder eine engere Zusammenarbeit im Kampf gegen die Seuche angekündigt. Ein zentrales Element der geplanten Maßnahmen ist die deutliche Anhebung der Entschädigungszahlungen für betroffene Geflügelbetriebe. Bisher lag die Obergrenze der Zahlungen bei 50 Euro pro Tier (bei Geflügel). Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft hat bei der EU beantragt, diesen Betrag auf bis zu 110€ (insb. wichtig für Zuchtgänse und Zuchtenten) zu erhöhen. Damit sollen Tierhalterinnen und Tierhalter im Seuchenfall besser abgesichert werden und die wirtschaftlichen Risiken für die Betriebe deutlich reduziert werden. Das halte ich für notwendig und muss jetzt schnell umgesetzt werden. 

Gleichzeitig sind wir uns als SPD bewusst, dass Haltungsbedingungen eine zentrale Rolle für Tiergesundheit und Seuchenprävention spielen. Wir setzen uns, daher entschieden dafür ein, tiergerechte Haltungsformen stärker zu fördern und gezielt zu unterstützen – wie etwa durch das Tierkennzeichnungsgesetz. In der aktuellen Situation der Vogelgrippe-Bekämpfung befinden wir uns jedoch in einer Ausnahmelage, in der es zunächst darum geht, schnell und unbürokratisch alle betroffenen Betriebe zu entschädigen, um den wirtschaftlichen Schaden zu begrenzen und die Seuche einzudämmen. Als Veterinärepidemiologin möchte ich aber noch hinzufügen, dass die Vogelgrippe nicht auf die “Massentierhaltung” zurückzuführen ist, sondern dort nur eine schnellere Verbreitung findet. Neben der deutschen Wildtierstiftung stellt dazu bspw. das Friedrich-Löffler-Institut Informationen bereit: https://www.fli.de/de/aktuelles/tierseuchengeschehen/aviaere-influenza-ai-gefluegelpest/

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Franziska Kersten, MdB

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