Sehr geehrter Herr Kauling,

rein formell-theoretisch betrachtet hätte ich als Direktkandidatin einer Partei ohne Landesliste im Bundestag wohl genau die selben Rechte wie jeder andere Abgeordnete auch.

Wobei ich ohne Fraktion mich anderen Fraktionen anschliessen müßte, um bei kleinen und großen Anträgen, Vorschlägen für Gesetzesänderungen, Entwürfen, Anfragen, usw. mitwirken zu dürfen. D.h. die oft von ganzen Fraktionen, aber auch gemischten Parteien belgeten Ausschüsse, müßte ich mir so genehm machen, dass die Mitglieder mich nicht nur als Zuhörer, sondern als Mitglied eines Ausschusses betrachteten und quasi, wenigstens der Kenntnis halber, anhörten und dadurch mitarbeiten ließen.

Wohl hat man als Abgeordnete ein Rederecht, aber kein eignes Antragsrecht ohne Fraktionszugehörigkeit. Wobei ich mir durchaus vorstellen kann, dass mir im unwahrscheinlichen Erfolgsfalle, der Einzug ins Bundesparlament, dann selbst hartgesottene Politiker des Bundestages in Anbetracht der frischen und ungewöhnlichen Situation Ihre ehrenwerten Ohren fünf Minuten zuneigen würden. Schon allein aus tatsächlicher Neugierde heraus, weil ich es immerhin als erste Einzelne seit 1949 soweit geschafft hätte. Und möglicherweise, weil ich so eine charmante Person bin, die nicht schönredet, sondern schön reden kann.

Im Zuge meiner 18 Jahren Erfahrung in der Kinder-, Jugend-, Familien-, Sozialfürsorge und meine direkten Erfahrungen mit den Arbeitsmarktreformen Hartz IV, Ich AG, Existenzgründern, eigenes Unternehmen, meine Journalistischen Tätigkeiten, des Stusiums der Betriebswirtschaft, meinen vielen beruflichen Erfahrungen - auch im Bundestag auf der Tribühne- und meiner Persönlichkeit kann ich mir sehr gut vorstellen sogar Fürsprecher/Innen für die entsprechenden Ausschüsse im Laufe der Zeit tatsächlich zu gewinnen.

Dadurch hätte ich über die konkreten, wachsenden Initiativen in den Ländern Berlin-Brandenburg und als Unternehmerin, Ehrenamtliche, politische Journalistin, Netzwerkerin hinaus sicher doch die einen oder anderen Wirkungskreise, die ich eben nur in dieser Rolle als Bundestagsabgeordnete zur Verfügung haben kann.

Kommt Zeit, kommt Bundestag.

Gerade heute hat mich wieder eine schwer gebeutelte Alleinerziehende Mutter erreicht, die von den anderen Wahlkreisabgeordneten, aber auch von der Agentur für Arbeit ignoriert wurde. Sie schreibt in Ihrer E-Mail, sie wolle jemanden einladen, ihr Leben anzusehen. Sie ist kein Einzelfall, ich weiß das. Sie ist nur eine, die mal jemanden erreichte, der wirklich weiß, worum es geht, und der ihr tatsächlich auch helfen kann. Ich habe die Power, das Wissen und die Möglichkeiten, Ihr trotz aller Widrigkeiten ein Stück weiter zu helfen. Und sie hilft mir, in dem sie auf mich zukommt. Denn dann weiß ich, meine Erfahrungen waren nicht umsonst.

Am Montag habe ich die nächsten Gespräche mit einigen Stellen, auch ich habe eine interessante Stelle für sie; ich habe schon anderen eine Arbetisstelle verschafft. Ich habe ihr ehrlich gesagt, dass damit nicht nächste Woche alles gut ist, es wird Wochen, Monate dauern, vielleicht länger. Sie sagte, sie wisse das. Ich werde nichts unversucht lassen. Und dann wird sie sehen, was ich ihr nützen konnte. Und für mich ist es keine harte Arbeit.

Und die nächsten Wahlen kommen bestimmt. Vielleicht schreibt sie dann für mich in einem meiner Medienprojekte, wenn ich draußen bin und keine Zeit zum Schreiben habe.

Mit freundlichen Grüßen

Franziska Sylla