Frage an Gabriele Hiller-Ohm bezüglich Soziale Sicherung

Gabriele Hiller-Ohm
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SPD
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Frage von Thomas S. •

Frage an Gabriele Hiller-Ohm von Thomas S. bezüglich Soziale Sicherung

Was hat nach Ihrer Meinung die SPD noch mit sozialer Gerechtigkeit zu tun? War es ncht die SPD die Hartz eingeführt hat? Herr Westerwelle liegt im Kern seiner Aussage gar nicht mal so falsch!
Arbeit muss sich wieder lohnen! Frage von mir - für wen?Die Begründungen die Herr Westerwelle von sich gab(römische Dekadenz u. Sozialismus) sind eines deutschen Aussenministers unwürdig.
Wie stehen Sie zu Hartz ? Muss es einen Mindestlohn geben von dem man auch leben kann?

Was glauben Sie wie lange es noch möglich ist dem deutschen Steuerzahler das Versagen einer Regierung in Fragen wie Rente - Steuer und Finanzen etwas vor zu machen?
ich könnte hier sehr lange auch sehr detailiert so weiter machen. Bin aber erst mal gespannt , ob Sie überhaupt antworten.

Mit freundlichen Grüßen Thomas Schumacher

Gabriele Hiller-Ohm
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Schumacher,

für Ihre Anfrage über bedanke ich mich sehr herzlich.

Sie haben Recht, dass die SPD zusammen mit dem damaligen Koalitionspartner Bündnis90/Die Grünen die Reformen am Arbeitsmarkt auf den Weg gebracht hat. Darunter auch das Gesetz, das Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zum Arbeitslosengeld II zusammengefasst hat.

Fünf Jahre später muss man in der Tat kritisch prüfen, wo Veränderungen notwendig sind – nicht nur beim Arbeitslosengeld II. Die Zusammenlegung von Sozialhilfe und Arbeitslosenhilfe finde ich nach wie vor richtig. Erst hierdurch haben alle erwerbsfähigen Arbeitsuchenden das Recht auf Vermittlung und Qualifikation durch die Bundesagentur für Arbeit erhalten. Dabei ist es egal, ob und wie lange jemand vorher berufstätig war.

Klar ist aber auch: Viele Dinge haben sich nicht zufriedenstellend entwickelt, dazu zählen besonders Leiharbeit, befristete Arbeitsverhältnisse, Minijobs und Praktika. Die Lohnentwicklung ist unbefriedigend. Niedriglöhne stellen ein echtes Problem für die betroffenen Beschäftigten, aber auch für die Sozialversicherungen und die Binnennachfrage dar. Darüber hinaus müssen im Bereich der Grundsicherung Regelungen gefunden werden, die die Lebensleistung besser berücksichtigen und nicht Angst vor einem sozialen Abstieg hervorrufen. Hinzu kommt eine generelle Neuberechnung der Regelsätze, die das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 9. Februar 2010 dem Gesetzgeber auferlegt hat. Besonders bei den Kinderregelsätzen erwarte ich in diesem Zusammenhang eine deutliche Erhöhung.

Die SPD hat sich in den vergangen Monaten dazu eindeutig positioniert – zuletzt durch das Beschlusspapier des Präsidiums „Fairness auf dem Arbeitsmarkt“. Sie finden dieses Papier unter folgendem Link: http://www.spd.de/de/pdf/100315_beschluss_arbeitsmarkt.pdf

Die SPD kämpft seit vielen Jahren für Mindestlöhne. Mit der Forderung von 8,50 pro Stunde als absolute Lohnuntergrenze gehen wir mit den Gewerkschaften Hand in Hand. Allein in Lübeck gibt es über 6.000 Menschen, die arbeiten gehen und zusätzlich mit Arbeitslosengeld II aufstocken müssen, weil sie von ihrem Lohn nicht leben können. Mit Niedriglöhnen wird zudem der Grundstein für Altersarmut gelegt. Dieses Problem lässt sich durch einen Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde lösen, der zudem die Leistung der Beschäftigten besser anerkennt.

Die Leiharbeit muss dringend reguliert werden. Der eigentliche Zweck von Leiharbeit war, Auftragsspitzen schnell personell abdecken zu können. Dieses Instrument wird viel zu oft missbraucht, um Löhne zu drücken und Menschen in prekäre Arbeitsverhältnisse zu bringen. Bestes Beispiel ist die Drogeriekette „Schlecker“, die auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Druck ausgeübt hat, als Leiharbeiter in den neuen XL-Filialen mit drastischen Lohnabschlägen zu arbeiten. Das kann man nur als einzige Sauerei bezeichnen – und zwar XXL! Die SPD-Bundestagsfraktion bringt hierzu in den nächsten Tagen einen Antrag ein, der die Leiharbeit begrenzt und Missbrauch wirksam verhindert. Die schleswig-holsteinischen SPD-Bundestagsabgeordneten haben hierzu bereits im April 2008 eindeutig positioniert.

Die Äußerungen des Bundesaußenministers und Vizekanzlers Westerwelle halte ich für sehr bedenklich und höchst problematisch. Westerwelle stößt in erster Linie eine Faulheits- und Neiddebatte an, die Niedriglohnbezieher gegen Empfänger von staatlichen Leistungen aufwiegelt und Langzeitarbeitslose stigmatisiert. Westerwelle stört damit den sozialen Frieden in Deutschland empfindlich. Die meisten arbeitslosen Menschen machen alles dafür, Arbeit zu finden, gehen sogar in unzumutbaren Beschäftigungsverhältnissen. Langzeitarbeitslosen spätrömische Dekadenz zu unterstellen zeugt dabei von der Realitätsferne der FDP.

Die FDP und Westerwelle fordern, dass sich Arbeit wieder lohnen muss – so weit, so gut. Man muss aber sehen, welchen Weg die Liberalen dabei gehen möchten. Die FDP hat kein Interesse an Mindestlöhnen – es widerspricht ihrer Klientel. Deswegen diskutiert sie lieber über niedrigere Regelsätze. An den Arbeitsbedingungen ändert das natürlich nichts.

Und hier geht die SPD völlig anders ran: Mit Mindestlöhnen lohnt sich Arbeit, und es ist so gewährleistet, dass die Menschen, die arbeiten, mehr als diejenigen haben, die nicht arbeiten. Das so genannte Lohnabstandsgebot bleibt so erhalten – zum Nutzen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und nicht zum Schaden der Langzeitarbeitslosen.

Mit freundlichen Grüßen
Gabriele Hiller-Ohm