Frage an Garrelt Agena bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Garrelt Agena
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Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Onno O. •

Frage an Garrelt Agena von Onno O. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Denken Sie Demokratie ist das Ziel oder sind Sie zufrieden mit dem jetzigen System?

Wenn nein, wie kann man den Verwaltungsapparat wie auch wichtige Entscheidungen auf die Basis Vieler bringen damit sich die Politik nicht noch weiter von den Arbeitern, Bürgern und der Jugend abhebt sprich entfernt?

Und wie sehen Sie Europa in diesem Zusammenhang?

Garrelt Agena
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr O.,

vielen Dank für Ihre Anfrage.
Ich bin der Meinung, dass wir, verglichen mit anderen Staaten, ein gutes demokratisches System haben. Das heißt nicht, dass es nicht auch Verbesserungsmöglichkeiten gibt. Wie z.B. die Ausweitung plebiszitärer Elemente durch Bürgerentscheide oder Bürgerbegehren. Gleichzeitig sehe ich es als wichtig an, das Wahlalter auch bei Bundes- und Europawahlen auf 16 Jahre herabzusetzen, um jungen Menschen die politische Teilhabe zu ermöglichen.
Leider ist festzustellen, dass viele Menschen heute über die herkömmlichen Kanäle für die Politik nicht mehr erreichbar sind. Dennoch muss es uns gelingen, den Menschen in unserem Land zu vermitteln, dass wir ihre Anliegen, Sorgen und Nöte nicht nur vor Wahlen ernst nehmen.
Wir Grünen kämpfen für ein starkes und demokratisches Europa. Aber auch hier darf nicht der Eindruck entstehen, dass anonyme Mächte am Werke sind, die unverständliche und intransparente Entscheidungen treffen. Gerade für junge Menschen muss klar sein, dass nur ein geeintes Europa der Garant für ein friedliches Zusammenleben der Völker mit demokratischen Strukturen ist. Die Politik hat die Aufgabe, hier viel erklärender tätig zu werden.
Im Folgenden kopiere ich Ihnen Auszüge aus Texten meiner Partei, die vertiefend auf Ihr Anliegen eingehen.

So sorgen wir für mehr Demokratie
1.Wahlrecht ausweiten: Wir wollen, dass möglichst viele Menschen am demokratischen Prozess teilhaben können. Damit sich gerade junge Menschen früh einbringen können, wollen wir das Wahlalter bei allen Wahlen auf 16 Jahre absenken. Damit sie ihr direktes Lebensumfeld aktiv mitgestalten können, wollen wir Kommunalwahlen auch für Menschen öffnen, die mit Aufenthaltsrecht, aber ohne deutschen oder EU-Pass in Deutschland leben. Bislang werden Menschen, die unter ständiger gesetzlicher Betreuung stehen, vom Wahlrecht ausgeschlossen. Das wollen wir ändern. Der Ausschluss ist mit dem Grundgesetz und der UN-Behindertenrechtskonvention nicht vereinbar.
2.Transparenz stärken: Die Organisation von Interessen gehört zur Demokratie. Der Austausch von Meinungen zwischen Interessengruppen und politischen Entscheidungsträgern ist Bestandteil politischer und gesetzgeberischer Arbeit. Aber es braucht Transparenz. Um den Einfluss von Lobbyistinnen und Lobbyisten und Interessengruppen offenzulegen, wollen wir ein verpflichtendes Lobbyregister einrichten. Und wir wollen für Bürgerinnen und Bürger nachvollziehbar machen, welche Verbände oder Unternehmen Einfluss auf ein Gesetz genommen haben („legislativer Fußabdruck“).
3.Demokratie braucht Parteien und Parteien brauchen Geld für ihre Arbeit. Aber schon der Anschein, eine bestimmte Politik könne gekauft werden, schadet allen demokratischen Kräften. Deshalb streiten wir für mehr Transparenz bei der Parteienfinanzierung. Um sichtbarer zu machen, wer an Parteien spendet, wollen wir im Parteiengesetz die Veröffentlichungsgrenzen für Parteispenden deutlich senken: Bereits für Spenden ab 5.000 Euro soll die Pflicht bestehen, sie im jährlichen Rechenschaftsbericht zu nennen. Spenden ab 25 000 Euro sollen verpflichtend sofort veröffentlich werden. Entsprechende Regeln wollen wir auch für Parteiensponsoring.
4.Korruption ist Gift für eine demokratische Gesellschaft, sei es in der Wirtschaft, im Sport oder in der Politik. Wir wollen ein Whistleblower-Schutzgesetz einführen. Denn bisher müssen Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber nicht nur mit Mobbing rechnen, sie verstoßen oft auch gegen arbeits-, dienst- oder gar strafrechtliche Bestimmungen. Häufig folgt die Kündigung. Wir wollen gesetzlich regeln, unter welchen Voraussetzungen Whistleblower sich an eine außerbetriebliche Stelle, an zuständige Behörden oder direkt an die Öffentlichkeit wenden dürfen. Und zwar ohne rechtliche Konsequenzen fürchten zu müssen.
5.Eine starke Zivilgesellschaft ist das Rückgrat unserer Demokratie. Deshalb werden wir Engagement nachhaltig unterstützen, indem wir die Rahmenbedingungen für zivilgesellschaftlichen Einsatz, gemeinnützige Organisationen und Freiwilligendienste deutlich verbessern.
6.Beteiligungsmöglichkeiten wollen wir ausbauen: Das Petitionsrecht beim Bundestag werden wir zu einem wirksamen Mittel der Bürgerbeteiligung weiterentwickeln. Wir wollen Volksentscheide im Grundgesetz verankern und direktdemokratische Beteiligung auf allen Ebenen stärken.
7.Modernisierung der Verwaltung
Bürgerinnen und Bürger erwarten zu Recht transparente, proaktive und barrierefreie Verwaltung auf Augenhöhe. Das Once-Only-Prinzip (einmal anmelden, Daten weitergeben, Datenschutz beachten) und der Vorrang der digitalen Verwaltungsleistungen (digital-by-default) ist einzuführen. Ein übergreifendes benutzerfreundliches Webportal für Dienstleistungen der öffentlichen Verwaltung muss aufgebaut werden. Fortschrittliche Konzepte bei Datenschutz und IT-Sicherheit können in Deutschland und der EU zu Standortfaktoren werden.

Zusammen stärken wir die europäische Demokratie.
1.Wir wollen das Europäische Parlament zum zentralen Ort aller europäischen Entscheidungen machen. Es soll das Recht erhalten, eigene Gesetzesvorschläge einzubringen. Nationale Parlamente sollen aktiver in der Europapolitik mitwirken und mit mehr Informationsrechten das Handeln ihrer Regierungen im Rat in Brüssel besser kontrollieren. Wir wollen den Austausch und die Zusammenarbeit der nationalen Parlamente mit dem Europäischen Parlament und der Kommission verbessern.
2.Wir sorgen dafür, dass Lobbyaktivitäten durch verbindliche Lobbyregister offengelegt werden und es striktere Übergangszeiten beim Wechsel von aktiven Politikerinnen und Politikern ins Lobby-Lager gibt. Ebenso wollen wir offenlegen, wenn Dritte Einfluss auf die EU-Gesetzgebung nehmen („legislativer Fußabdruck“). Wir kämpfen für besseren Zugang zu EU-Beteiligungsmöglichkeiten wie der Europäischen Bürgerinitiative. Wir streiten für ein kostenloses Interrail-Ticket zum 18. Geburtstag, um Europa für alle erfahrbar zu machen.

Ich hoffe, Ihnen mit diesen Ausführungen gedient zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Garrelt Agena