Frage an Gerald Weiß bezüglich Senioren

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Gerald Weiß
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Frage von Norbert K. •

Frage an Gerald Weiß von Norbert K. bezüglich Senioren

Hallo Herr Weiß
1.) Warum werden in der Berechnung der persönl. Rentenpunkte RP die steuerl. Bruttoverdienste aller (ohne Begrenz. durch die Beitragsbemessungsgrenze BBGr) berechnet , während d. steuerliche Bruttoverdienst des einzelnen (nur bis zur BBGr)) angesetzt wird ?
2.) Wer berechnet den Durchschnittsverdienst aller Arbeitnehmer An pro Jahr und werden auch Beamte und 400€-Jobber mitgerechnet ?
3.) Werden bei der Berechnung dieses Durchschnittsverdienstes alle steuerliche Brutto-Einkommen auch oberhalb der Beitragsbemessungsgrenzen mitgezählt ?
4.) Warum werden bei d. Berechnung d. Abschläge (bei vorzeitiger Renteninanspruchnahme ) diese Abschläge in einem Rechnungsvorgang berechnet und nicht in monatl. Schritten ?
5.) Was hat der Faktor alpha =0,25 in der Rentenformel für einen Sinn?
6.) Was sind die Gründe , daß kinderlose RV-Pflichtige im Rentenrecht gleich behandelt werden wie RV-Pflichtige mit Kinder ? Denkt man zukünftig in der CDU an eine Besserstellung der RV-Pflichtige mit Kinder ?
7.) Wie weit sind die Überlegungen in der CDU , das Ehegatten Splitting für kinderlose Ehepaare zu streichen ?

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Kandziora,

Sie hatten eine Reihe von Detailfragen zum Thema Rente gestellt. Die Antwort hat leider auf sich warten lassen, ist dafür aber umso detaillierter. Ich stütze mich bei der folgenden Beantwortung im Wesentlichen auf Informationen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales:

Zu Frage 1:
Entgegen der Fragestellung wird bei der Berechnung von Entgeltpunkten dem individuellen -- bis zur BBG begrenzten -- Bruttoverdienst kein Bruttoverdienst gegenübergestellt, der die Bruttoverdienste aller (ohne Begrenzung auf die BBG) darstellt. Entgeltpunkte errechnen sich, indem die Beitragsbemessungsgrundlage (beitragspflichtige Einnahme) durch das Durchschnittsentgelt der Anlage 1 zum Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) geteilt wird. Beitragspflichtige Einnahme ist z. B. bei Personen, die versicherungspflichtig beschäftigt sind, das beitragspflichtige Arbeitsentgelt, maximal bis zur Beitragsbemessungsgrenze (BBG). Das Durchschnittsentgelt der Anlage 1 zum SGB VI wird anhand der Entwicklung der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer ohne Personen in Arbeitsgelegenheiten mit Entschädigungen für Mehraufwendungen (sogenannte "Zusatzjobs" nach § 16 Abs. 3 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch) jeweils nach der Systematik der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (VGR) fortgeschrieben (§ 69 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI). Die um Zusatzjobs bereinigte Größe der "Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer" wird vom Statistischen Bundesamt ermittelt, umfasst lediglich die Einkommensart "Einkommen aus unselbständiger Tätigkeit", ohne dass jedoch die BBG eine Rolle spielt.

Es ist richtig, dass sich die rentenrechtlichen Durchschnittsentgelte und die Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer nach den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (VGR) nicht entsprechen. Dies liegt in erster Linie an den von Zeit zu Zeit stattfindenden methodischen und systematischen Revisionen der VGR. In deren Folge werden auch die Absolutwerte der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer zurückliegender Jahre nachträglich angepasst. Weiterhin gehen in die Ermittlung der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer gemäß den Vorschriften des Europäischen Systems Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen (ESVG 1995) auch rentenrechtlich nicht relevante Aspekte ein, z. B. nicht rentenversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse.
Die rentenrechtlichen Durchschnittsentgelte bilden demgegenüber im Ergebnis das durchschnittliche Entgelt der in der Rentenversicherung Versicherten ab. Das Durchschnittsentgelt der Versicherten der Rentenversicherung ist im Jahr 1955 auf der Basis von Teilstatistiken über die Bruttoverdienste von Arbeitern und Angestellten in den unterschiedlichen Wirtschaftszweigen festgestellt worden. Seitdem wird dieses Entgelt nicht mehr Jahr für Jahr erhoben, sondern entsprechend der Veränderung der Bruttolohn- und -gehaltsentwicklung fortgeschrieben. Eine rückwirkende Revision der rentenrechtlichen Durchschnittsentgelte erfolgt nicht.

Zu Frage 2 und 3:
Das Durchschnittsentgelt der Anlage 1 zum SGB VI wird als Rechengröße der gesetzlichen Rentenversicherung jährlich neu bestimmt, grundsätzlich mittels Rechtsverordnung durch die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates. Das genaue Verfahren kann z. B. der Begründung zur Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung 2008 entnommen werden, die als Anlage beigefügt ist. Bei der Berechnung des Durchschnittsentgelts der Anlage 1 zum SGB finden auch Einkünfte von Beamten und geringfügig Beschäftigten Berücksichtigung. Es erfolgt keine Begrenzung von Einkünften auf die BBG. Dabei ist jedoch klarzustellen, dass diese Einkünfte nicht unmittelbar in dem Wert der Anlage 1 zum SGB VI enthalten sind. Sie wirken sich lediglich mittelbar über die Entwicklung der "Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer" auf die Fortschreibung des Durchschnittsentgelts aus (vgl. hierzu Frage 1).

Zu Frage 4:
Die lohnbezogene, beitragsabhängige und dynamische Rente leitet sich aus einer Rentenformel mit drei Faktoren ab: Persönliche Entgeltpunkte x Rentenartfaktor x Aktueller Rentenwert = Monatlicher Rentenbetrag. Durch den Zugangsfaktor werden finanzielle Vor- und Nachteile einer unterschiedlichen Rentenbezugsdauer ausgeglichen. Der Zugangsfaktor richtet sich nach dem Alter der Versicherten bei Rentenbeginn oder bei Hinterbliebenenrenten nach dem Alter des Verstorbenen. Er bestimmt, in welchem Umfang Entgeltpunkte bei der Ermittlung des Monatsbetrags der Rente zu berücksichtigen sind.
Persönliche Entgeltpunkte ergeben sich also aus der Multiplikation des Zugangsfaktors mit der Summe der Entgeltpunkte: Entgeltpunkte x Zugangsfaktor = Persönliche Entgeltpunkte. Der Zugangsfaktor bewirkt damit also Rentenzuschläge beziehungsweise Rentenabschläge.
Bei Inanspruchnahme einer Altersrente vor der maßgeblichen angehobenen Altersgrenze wird die Rente um einen Abschlag von 0,3 Prozent für jeden* Monat* der vorzeitigen Inanspruchnahme vermindert. Bei Inanspruchnahme einer Altersrente erst nach Erreichen der Regelaltersgrenze (bis Jahrgang 1947 Vollendung des 65. Lebensjahres) wird die Rente um einen Zu­schlag von 0,5 Prozent für jeden *Monat* der späteren Inanspruchnahme erhöht.
Bei einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder einer Erziehungsrente wird die Rente um einen Abschlag von 0,3 Prozent für jeden *Monat* der Inanspruchnahme vor Vollendung des 63. Lebensjahres vermindert. Beginnt die Rente vor Vollendung des 60. Lebensjahres, beträgt der Abschlag maximal 10,8 Prozent. Bei einer Rente wegen Todes wird in den Fällen, in denen der Ver­sicherte als Nichtrentenbezieher vor Vollendung des 63. Lebensjahres verstorben ist, die Rente um einen Abschlag von 0,3 Prozent für jeden *Monat* vor Vollendung des 63. Lebensjahres des verstorbenen Versicherten vermindert. Auch hier ist der Abschlag auf höchstens 10,8 Prozent begrenzt.

Zu Frage 5:
Der Parameter "alpha" (?) befindet sich nicht in der sog. Rentenformel (§ 64 SGB VI), sondern in der Rentenanpassungsformel (§§ 68, 255e SGB VI). Er ist Teil des sog. Nachhaltigkeitsfaktors, mit dem in der Rentenanpassungsformel seit 2005 das sich verändernde Zahlenverhältnis zwischen Rentnerinnen und Rentnern einerseits und Beitragszahlenden andererseits bei der Rentenanpassung berücksichtigt wird. Über den Parameter ? wird die Wirkung des Nachhaltigkeitsfaktors abgemildert und das Erreichen eines Beitragssatzzieles von 22 % im Jahr 2030 gesteuert. Durch den unter Berücksichtigung der aktuellen Vorausschätzungen auf 0,25 festgelegten Wert werden die Rentner unmittelbar zu ¼ an der Veränderung der Relation von Beitragszahlern zu Rentnern beteiligt.

Zu Frage 6:
Die Fragestellung geht offensichtlich von unzutreffenden Gegebenheiten aus, denn Kindererziehende und Kinderlose werden in der gesetzlichen Rentenversicherung unterschiedlich behandelt. Das Rentenrecht enthält zahlreiche Regelungen, die die Leistung von Erziehenden honorieren und die folgerichtig Kinderlose nicht erhalten. Hierzu zählt in erster Linie die Anerkennung von Kindererziehungszeiten. Für die Erziehung eines Kindes werden danach bei der Rentenberechnung dem erziehenden Elternteil für nach 1991 geborene Kinder pro Kind drei Jahre als Kindererziehungszeit angerechnet die mit 100 % des Durchschnittsverdienstes bewertet werden. Dies führt bei einem aktuellen Rentenwert von derzeit 26,27 Euro zu einem Rentenertrag von rd. 79 Euro pro Kind. Hierfür entrichtet der Bund Beiträge von insgesamt über 17.000 Euro pro Kind. Daneben werden z. B. während der Kinderberücksichtigungszeit (bis zum 10. Lebensjahre des Kindes) Pflichtbeiträge von Erziehenden ab dem Jahr 1992 bei der Rentenberechnung aufgewertet (um 50 % bis auf max. 100 % des Durchschnittsentgelts). Kindererziehende, die in dieser Zeit gleichzeitig zwei oder mehr Kinder unter 10 Jahren erziehen und deshalb nicht er­werbstätig sein können, erhalten eine entsprechende Gutschrift an Entgelt­punkten. Die Gesamtausgaben des Bundes allein im Bereich der Kindererziehungszeiten der gesetzli­chen Rentenversicherung liegen derzeit bei jährlich rund 11,5 Mrd. Euro.
Soweit mit der Fragestellung die einheitliche Höhe der Beiträge für Kindererziehende und Kinderlose angesprochen sein sollte, liegt der Grund hierfür darin, dass eine Differenzierung der Beiträge nach der Kinderzahl mit dem Grundsatz der Lohn- und Beitragsbezogenheit der Rente nicht vereinbar wäre. Im Übrigen ist im Hinblick auf die Rechtsprechung eine Entlastung von Erziehenden auf der Beitragsseite in der gesetzlichen Rentenversicherung auch verfassungsrechtlich nicht erforderlich. Nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts geht die nach dem Grundgesetz bestehende Pflicht des Staates zur Förderung der Familie nicht soweit, dass er gehalten wäre, jegliche die Familie treffende finanzielle Belastung auszugleichen. Aus dem Gebot zum Schutze der Ehe und Familie lässt sich danach zwar die allgemeine Pflicht des Staates zu einem Familienlastenausgleich entnehmen, nicht aber die Entscheidung darüber, in welchem Umfang und in welcher Weise ein solcher Ausgleich vorzunehmen ist. Dies liegt danach vielmehr grundsätzlich in der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers. Dabei ist nach Auffassung des Bundessozialgerichts nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber den Ausgleich im Leistungsrecht vorgesehen hat. Eine kumulative Begünstigung auf der Leistungs- und auf der Beitragsseite ist danach nicht geboten.

Zu Frage 7:
Die Union möchte an der momentanen Ausgestaltung des Ehegattensplittings nichts ändern. Es wird jedoch innerhalb der CDU diskutiert, ob man das System zu einem Familiensplitting ummodifizieren sollte. Inhaltlich geht es darum, ob man die Vorhandensein von Kindern stärker berücksichtigt. Das halte ich aufgrund der gesellschaftlichen Veränderungen der letzten Jahrzehnte und der heutigen Familienstrukturen für durchaus überdenkenswert.

Ich hoffe, dass Ihnen diese Informationen weiterhelfen.
Mit freundlichen Grüssen

Gerald Weiß