Sehr geehrter Herr Klekamp,

Ihre Nachricht vom 17. Mai hat mich erreicht. Es gab immer die Drohung, dass die Reichen Deutschland verließen, falls eine Vermögenssteuer eingeführt würde. Aber bis vor wenigen Jahren hatten wir eine Vermögenssteuer und die Betreffenden haben Deutschland nicht verlassen. In Schweden gab es auch über viele Jahre eine Vermögenssteuer, ohne dass sämtliche reichen Schweden nach Deutschland oder in ein anderes Land umgezogen wären. Die Meisten wollen auch ihre Staatsbürgerschaft nicht aufgeben. Wo ihr Geld lagert, spielt für den Umfang der Erhebung der Vermögenssteuer keine Rolle. Bei unserer Vermögenssteuer käme es nur darauf an, ob die Betreffende bzw. der Betreffende ein Privatvermögen von mehr als einer Million Euro hat. Nur von diesem Mehrbetrag müsste sie bzw. er einen jährlichen Steuerbetrag von 5 % entrichten.

Oskar Lafontaine hat ein sehr anstrengendes und schwieriges Leben hinter sich. Er hat sich ein schönes Haus geleistet. Ich finde daran nichts vorzuwerfen. Zu keinem Zeitpunkt hat er je gefordert, dass die Armen mehr an die Gesellschaft abgeben müssen. Im Gegenteil. Er hat immer Forderungen gestellt, wonach die Bestverdienenden und Vermögenden mehr abgeben müssen. Seine Steuerforderungen sahen immer so aus, dass er und ich aber hätten mehr zahlen müssen. Gerade das finde ich ehrlich. Die meisten Politiker unterbreiten Vorschläge nach denen sie selbst nicht mehr bezahlen müssen.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Gysi