Frage an Gustav Herzog

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Gustav Herzog
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Frage von Klaus T. •

Frage an Gustav Herzog von Klaus T.

Mit Zustimmung der SPD wurden die Diäten heute erheblich erhöht. In Rheinland-Pfalz gewährt die SPD nach Gutsherrenart ihren Landesbeamten für die Jahre 2012 - 2016 nur eine Mini-Erhöhung von 1% jährlich, was auf inflationsbereinigte Besoldungskürzungen hinausläuft.

Werden Sie sich jetzt als rheinland-pfälzischer Abgeordneter der regierenden SPD für eine Aufhebung der Deckelung einsetzen?

Beamte haben leider kein Streikrecht. Abgeordnete können sich ihre Diäten selber festlegen. Den Unterschied sieht man hier.

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Sehr geehrter Herr Thönnessen,

zum Thema Abgeordnetenentschädigung haben Sie mehrere Fragen gestellt und kritisch kommentiert. Gerne äußere ich mich zu Ihrem Anliegen:

Der Rheinland-Pfälzische Landtag hat mit der Koalition aus SPD und Grünen seine Verantwortung im Hinblick auf die finanzielle Belastung zukünftiger Generationen ernst genommen und erste Entscheidungen aufgrund der grundgesetzlichen „Schuldenbremse“ beschlossen. Dazu gehört auch die von Ihnen kritisierte Festlegung der Besoldungshöhe für Beamte.

Nach Rücksprache mit dem Finanzministerium in Mainz möchte ich Ihnen dazu gerne noch folgende Hintergrundinformationen geben:

Die geplanten Einsparungen aufgrund der Deckelung der Bezügeanpassungen auf 1 % p.a. für die Beamtinnen und Beamten, Richterinnen und Richter in RLP sind eingebunden in ein Gesamtkonzept und stellen kein „Sonderopfer“ dar. Hinzu kommt, dass die Konsolidierung des Landeshaushalts in letzter Konsequenz auch dazu dient, zukünftige Pensionszahlungen tragen zu können.

Die Höhe der Anpassungen wurde 2011 vor dem Hintergrund der recht hohen Bezügeanpassungen in den Rezessionsjahren 2009 und 2010 und der hohen konjunkturellen Unsicherheit festgelegt. In den beiden Rezessionsjahren wurden die Bezüge je nach Besoldungsgruppe um effektiv zwischen rd. 4,9 und 6,0 % angehoben, während gleichzeitig das reale Bruttoinlandsprodukt über beide Jahre um 1 % zurückging und die Steuereinnahmen in Rheinland-Pfalz um 437 Mio. Euro oder 4,5 % absanken. Mit den hohen Bezügeanpassungen sollte ein Beitrag zur Konjunkturstabilisierung geleistet werden. Es war aber auch klar, dass die Bezügeerhöhungen für den restlichen Konjunkturzyklus schmäler ausfallen mussten. Mit der Festlegung der Besoldung und Versorgung für die Jahre 2012 bis 2016 wurde den Beamtinnen und Beamten, Richterinnen und Richtern 2011 in einer Phase hoher wirtschaftlicher Unsicherheit faktisch ein Mindestaufwuchs garantiert. Insgesamt sollte ihnen über einen Konjunkturzyklus der volle Inflationsausgleich zukommen.

Die Besoldungsanpassungen der Jahre 2014 und 2015 wurden vor diesem Hintergrund neu geprüft. Die Entwicklung der voraussichtlichen Preissteigerung lässt erwarten, dass die Beamten- und Richtergehälter in Rheinland-Pfalz bis 2015 gegenüber 2008 stärker steigen als die Inflation. Bis 2015 ist zudem zu erwarten, dass rheinland-pfälzische Beamtinnen und Beamte, Richterinnen und Richter netto auch unter Beachtung des Tarifabschlusses zum TV-L 2013/2014 weiterhin mehr verdienen als vergleichbare Beschäftigte im öffentlichen Dienst.

Nach diesem Verweis auf die Situation der LandesbeamtInnen in Rheinland-Pfalz möchte ich an dieser Stelle auch nochmal auf meine Antwort vom 12.02.2014 zur Frage von Herrn Schmidt verweisen. Lesen Sie bitte den Absatz zur Orientierungsgröße Besoldungsstufe R6. Seit 17 Jahren haben wir diese Grundlage und lagen in diesem Zeitraum durchgehend unter dieser Richtgröße, auch die vielen Jahre ohne Erhöhung der Abgeordnetenbezüge sind in der Antwort vom 12.02.14 aufgeführt. Erst mit der von Ihnen kritisierten „erheblichen“ Erhöhung in diesem Jahr erreichen wir erstmalig (!) die Besoldungshöhe R6!

Ein ebenfalls interessantes statistisches Detail zu Ihrer Information: Die Ausgaben des Landes Rheinland-Pfalz für das Personal (Besoldung der Beamtinnen und Beamte, der Richterinnen und Richter, die Beihilfen und Rücklagen für die Alterssicherung, die Gehälter der Angestellten des öffentlichen Dienstes) machen etwa 40% der gesamten Ausgabenseite des Landeshaushaltes aus. Im Bundeshaushalt macht dieser Ausgabenposten für Personal 9% aus (dort mit drin auch alle Ausgaben für die Bundestagsabgeordneten). Der Anteil der reinen Abgeordnetenentschädigung am Bundeshaushalt beträgt 0,019 %.

Des Weiteren: Beide Entscheidungen (zu den Diäten wie zu der Landesbeamtenbesoldung) wurden nicht nach „Gutsherrenart“ getroffen. Das Bundesverfassungsgericht hat klar festgestellt, dass unser Grundgesetz die Abgeordneten zwingt, selbst über ihre Entschädigung zu entscheiden.

Zum Streikrecht: Ja, Beamte haben kein Streikrecht. Die „hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums“ als besonderes Dienst- und Treueverhältnis garantieren nicht nur eine Anstellung auf Lebenszeit (!), sondern beinhalten auch das Alimentationsprinzip – mit Vor- und Nachteilen.

Abgeordnete werden im Unterschied dazu nur für vier Jahre gewählt. Dann müssen sie erneut sich selbst, ihre Familie, tausende Mitglieder ihrer Partei und hundertausende Wählerinnen und Wähler für eine erneute und wieder befristete Mandatszeit überzeugen und gewinnen.

Mit freundlichen Grüßen

Gustav Herzog