Droht den Frauenhäusern mit dem Selbstbestimmungsgesetz der Verlust von Fördergeldern ?

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Heike Brehmer
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Frage von Nadine Z. •

Droht den Frauenhäusern mit dem Selbstbestimmungsgesetz der Verlust von Fördergeldern ?

Sehr geehrte Frau Brehmer,
droht den Frauenhäusern mit dem Selbstbestimmungsgesetz der Verlust von Fördergeldern ?

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CDU

Sehr geehrte Frau Z.

haben Sie vielen Dank für Ihre Nachricht.

Das geplante „Selbstbestimmungsgesetz“ der Ampelkoalition lässt bisher in der Tat erhebliche rechtliche und tatsächliche Unsicherheiten befürchten. Dies gilt gerade dort, wo es vorhersehbare Konflikte mit bestehenden Gesetzen und speziellen Schutzzwecken weitgehend ausblendet, so etwa bei dem gezielten Schutz von Frauen.

Eine negative Beeinflussung der finanziellen Förderung von Frauenhäusern durch ein „Selbstbestimmungsgesetz“ ist daher leider nicht auszuschließen.

Die Fördergelder für Frauenhäuser entstammen bisher maßgeblich dem Bundesinvestitionsprogramm „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“, dessen Laufzeit allerdings im Dezember 2024 endet. Spätestens bis zu diesem Zeitpunkt muss somit eine verlässliche andere Finanzierungsgrundlage etabliert werden. Die Bundesregierung hat seit 2021 zwar verschiedentlich angekündigt, einen einheitlichen bundesgesetzlichen Rahmen für die Regelfinanzierung von „Gewaltschutzeinrichtungen“ zu schaffen. Dies wäre in der Sache zu begrüßen. Jedoch ist konkret diesbezüglich bisher nichts geschehen und sowohl die zuständigen Ministerien als auch die Abgeordneten der Regierungsfraktionen halten sich mit Blick auf diese Thematik sehr bedeckt.

Ein „Selbstbestimmungsgesetz“ verschärft diese Problematik zusätzlich. War es bisher bereits schwierig, die verschiedenen landesgesetzlichen Regelungen miteinander in der Praxis in Einklang zu bringen und Frauen Überblick über verlässliche Schutzräume zu geben, kommen zu solchen administrativen Schwierigkeiten nun noch weitere hinzu.

Die Bundesregierung will einerseits einen Anspruch auf Schutz vor häuslicher und „geschlechtsspezifischer Gewalt“ schaffen. Die Schaffung von Rechtsansprüchen setzt jedoch stets eine genaue Identifikationsmöglichkeit der jeweiligen Anspruchsberechtigten voraus. Dies würde in Zukunft erheblich erschwert, wenn durch ein „Selbstbestimmungsgesetz“ die statusmäßige Zugehörigkeit – hier speziell zur Zielgruppe von Frauen – zu jeder Zeit und stets aufs Neue beliebig durch Einzelne festgelegt werden kann.

Hinsichtlich der Finanzierung liegt das größte Gefahrenpotential jedoch voraussichtlich nicht einmal in der missbräuchlichen beliebigen Festlegung des eigentlichen geschlechtlichen Status, sondern in einer aus der Beliebigkeit resultierenden Konkurrenz der Zielgruppen.

Frauenhäuser werden in den einschlägigen Stellungnahmen der Bundesregierung lediglich beispielhaft für „Gewaltschutzeinrichtungen“ aller Art aufgeführt. Auch die zurückhaltende Formulierung „geschlechtsspezifische Gewalt“ suggeriert eine statistische Gleichwertigkeit von Gewalt gegen Frauen im Vergleich mit Gewalt speziell gegen Männer oder Homosexuelle.

Wenngleich jede dieser Gruppen selbstredend über ihr jeweiliges Schutzbedürfnis verfügt, ist die zahlenmäßige Erforderlichkeit staatlichen Schutzes für diese Gruppen nicht mit der Erforderlichkeit der Arbeit von Frauenhäusern vergleichbar.

Wird jedoch im Rahmen eines „Selbstbestimmungsgesetzes“ unter dem Deckmantel gesellschaftlicher Gleichstellung nur eine Pauschalisierung des Bedarfs vorgenommen, ginge dies notwendigerweise unmittelbar zu Lasten der Frauenhäuser. Die Haushaltsmittel für diese Zusammenhänge sind schon jetzt knapp bemessen. Mit dem Selbstbestimmungsgesetz droht sowohl eine Aufweichung der Beurteilungsmaßstäbe schutzbedürftiger Frauen sowie eine unangemessene Verteilung der Haushaltsmittel von Bund und Ländern auf diesem Gebiet.

All diese Probleme werden jedoch von der Bundesregierung ignoriert. Um vulnerable Gruppen effektiv zu schützen, bedarf es einer klaren Bestimmung des Schutzniveaus, aber auch der Schutzbedürftigen. Diese ordnungsrechtliche Komponente des Namens- und Registersystems soll nun offenbar hinter einer kurzsichtigen Identitätspolitik zurücktreten.

Leider erhalten wir von der Bundesregierung zu diesen Themen keinerlei brauchbare Angaben. Trotz Nachfragen werden weder ein konkreter Zeitplan noch Lösungen für die bereits vorprogrammierten Auswirkungen in anderen Bereichen vorgelegt.

Wir sind als Union für diesen Bereich sehr sensibilisiert und machen die Themen des Schutzes von Frauen regelmäßig zum Gegenstand von Fragen an die Regierung, vgl. zuletzt Bundestagsdrucksache 20/5129 (Frage Nr. 58) und 20/6070 (Frage Nr. 72). Wir treten entschieden dafür ein, dass der Wunsch nach „mehr Schutz für alle“ nicht am Ende weniger Schutz für diejenigen bedeutet, die ihn erwiesenermaßen dringend benötigen.

Ich hoffe, Ihnen damit in Ihrem Anliegen weitergeholfen zu haben.

Mit freundlichen Grüßen

Heike Brehmer

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