Frage an Helga Trüpel bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie

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Helga Trüpel
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Frage von Andrea F. •

Frage an Helga Trüpel von Andrea F. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie

Sehr geehrte Frau Trüpel,
als engagierte und interessierte Bürgerin muss ich Ihnen heute eine Frage stellen die mich nun schon seit längerem sehr bewegt.

Neulich fragte ich mich beim abendlichen Blick in das spannende Programm des TV Senders Arte (es war ein Themenabend zum Verhältnis der Briten zur EU):
Warum gibt es eigentlich keinen öffentlichen europäischen Fernsehsender mit einem einheitlichen europäischen Programm (untertitelt in jeweiliger Landessprache)?

Nun habe ich an Sie als Mitglied des europäischen Kulturausschusses (CULT) konkrete Fragen, denn Sie müssten hierauf doch sicher eine Antwort haben.
Die EU und die Arbeit des europäischen Parlaments sowie europäische Themen könnten in so einem Kanal wunderbar aufbereitet werden. Vom Inhalt sollte das Programm m.M. stark an Arte angelegt werden. Gleichzeitig müsste das Senden von reiner und unkritischer Regierungspropaganda (Bsp. "heute" - ZDF) verhindert werden.

Zu meinen konkreten Fragen:

- Warum gibt es keinen öffentlich finanzierten und europaweit empfangbaren Fernsehsender ?
- Gab es hierzu jemals Initiativen ?
- Was halten Sie grundsätzlich von meiner Idee ?
- Wie erfolgreich könnte man eine solche Idee umsetzen ?
- Welche möglichen Vetopunkte sehen Sie in Ihrer parlamentarischen Umgebung gegen einen solchen Vorschlag ?
- Was halten Sie in diesem Zusammenhang von dem deutsch-franzsöischen Sender Arte ?
- Erhält arte europäische Kulturförderung ? Wenn ja wie viel ?
- Warum ist arte nicht in ganz Europa frei empfangbar ?
- Warum gibt es keinen europäischen Radiosender ?
- Warum gibt es keine europäische Tageszeitung ?

Wie will die Eu Ihre Krise überwinden, wenn die europäische Kultur derart vernachlässigt wird?

In meinem Bekanntenkreis denken viele Menschen: Die Eu Parlamentarier hocken doch nur faul rum. Mit einer kompetenten Antwort hier bei abgeordnetenwatch.de könnten Sie zumindest mich vom Gegenteil überzeugen.

Mit freundlichen Grüßen,

Andrea Freismidl

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Bündnis 90/Die Grünen

Liebe Frau Freismidl,

haben Sie vielen Dank für Ihre Frage und Ihr Interesse an meiner Arbeit. Bitte entschuldigen Sie die leicht verspätete Antwort, aber wie Sie vielleicht auch mitverfolgt haben, befinden wir uns gerade mitten in der heißen Phase der Verhandlungen zum Mehrjährigen Finanzrahmen. Als haushaltspolitische Sprecherin der Grünen Fraktion im Europaparlament investiere ich sehr viel Arbeit, Energie und Zeit in diese Verhandlungen.

Nun zu Ihren Fragen:

Die Idee eines öffentlich finanzierten und europaweit empfangbaren Fernsehsender finde ich sehr gut. Leider haben die Mitgliedstaaten daran kein gesteigertes Interesse. Besonders Deutschland zeigt sich hier nicht sehr kooperativ. Somit sind die Vetopositionen nicht im Parlament zu finden, sondern im Rat, bei den Mitgliedstaaten.

Zu Ihrer Frage, was es bereits an europäische Medien gibt, möchte ich Sie gerne auf EURONEWS verweisen, als europäischen Fernsehsender. (http://de.euronews.com/) (Wobei bei dieser Kooperation weder das ZDF noch die ARD beteiligt sind.) Es gibt auch eine europäische Tageszeitung, "European Daily", wobei es sich hier noch um keine Printversion handelt.(http://europeandaily.com/) Es gibt weitere Projekte in diese Richtung, eine europäische Öffentlichkeit zu schaffen, wie zum Beispiel presseurop (http://www.presseurop.eu/de). Auch gibt es schon einen europäischen Radiosender Euranet, der aber leider nicht mehr in allen offiziellen Sprachen der EU verfügbar ist. (http://www.euranet.eu/ger/content/view/full/69639) Diesen Medien mangelt es leider an breiter Sichtbarkeit.

Hindernisse, die dem breiten Erfolg solcher Projekte entgegenstehen, sind beispielsweise ein hoher Finanzierungsbedarf und ein Mangel an Investoren; der Sprachenvielfalt der Europäischen Union gerecht zu werden, bedeutet eine große Herausforderung. Andererseits konkurrieren die europäischen Medien mit nationalen und regionalen Medien um die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit. Erschwerend wirkt sich hier die Komplexität der europäischen Themen und die gefühlte Entfernung zu den Brüsseler Entscheidungen aus.

Nun kurz zu Arte:

Im Vergleich zu EURONEWS wird ARTE fast ausschliesslich durch öffentliche Mittel gefördert:
95% kommen aus Fernsehgebühren aus Frankreich und Deutschland.
http://www.arte.tv/de/das-budget/2153580,CmC=2196680.html
Ein kleiner Anteil wird durch Partnerschaften und Kooperationsverträge mit anderen öffentlichen Fernsehanstalten aus anderen EU Ländern erzeugt.

Europäische Fördergelder kann ARTE durch das Programm MEDIA erhalten, wobei es sich hier um eine indirekte Förderung handelt, die nicht direkt in die Kasse von ARTE fließt, sondern über die Förderung einzelner ARTE-Produktionen läuft.
ARTE muss in jedem Land Verträge mit Kabelanbietern schliessen, um dort entweder auf Französisch und/oder Deutsch ausgestrahlt zu werden. Der Zugriff auf die Webseite ist durch das copyright der Programme begrenzt.

Ich teile Ihre Ansicht, dass es wichtig ist, gerade auch in der Krise, die Kultur nicht zu vernachlässigen und eine europäische Kultur zu fördern, und dass Kultur und Medien unabdingbar sind, für die Akzeptanz und das erfolgreiche Weiterbestehen der EU. Ich kann Ihnen versichern, dass wir als Grüne, gerade auch in den aktuellen Verhandlungen zum Haushalt, für die richtige Umverteilung von Geldern kämpfen. Neben den Forderungen nach mehr Investionen in Klima- und Umweltschutz, in Forschung und Entwicklung, setzen wir uns auch stark für mehr Förderung von Bildung und Kultur ein.

Ich bedanke mich nochmal bei Ihnen für Ihr Interesse und hoffe, Ihnen eine zufriedenstellende Antwort gegeben zu haben.

Mit freundlichen Grüßen

Helga Trüpel