Frage an Helge Braun bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

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Helge Braun
CDU
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Frage von Elisabeth G. •

Frage an Helge Braun von Elisabeth G. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Dr. Braun,
im Zuge der Aufregung über das Mohammed-Video kommt es zu immer grösseren Ausschreitungen gegen Christen und die christliche Religion wird diffamiert. Das ist eindeutig zu sehen in dem Bericht des ZDF vom 18.09.:
www.zdf.de
Wie lange will sich eine christlich-demokratische Regierung in Deutschland deratige Schmähungen gefallen lassen? Mit welchem Recht zerreisst dieser tollwütige Mann die christliche Bibel und verbrennt Exemplare davon? Gilt nicht gleiches Recht für alle?
Wir wissen doch alle nur zu genau, was passiert, wenn ein Koran verbrannt werden würde!
Wann gedenkt die deutsche Regierung endlich ein Zeichen zu setzen, dass die Religionen wirklich gleich behandelt werden und sich diese fanatischen radikalen Moslems nicht mehr alles erlauben dürfen?
Mit freundlichen Grüssen

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Antwort von
CDU

Sehr geehrte Frau Gotzmann,

haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage, in der Sie vor dem Hintergrund der Veröffentlichung des sogenannten „Mohammed-Videos“ um Auskunft darüber bitten, ob und wie die Bundesregierung gegen die Verfolgung von Christen vorgeht.
Die Religion spielt im Leben des Menschen eine zentrale Rolle. Die freie Ausübung der Religion ist deshalb ein fundamentales Menschenrecht und in der UN-Charta verankert.
Wie Sie richtig feststellten, werden dennoch auf der Welt immer wieder Menschen in ihrer Religionsausübung behindert. Diskriminierungen, tätliche Übergriffe bis hin zu Mord sind zu beklagen. Zwei Drittel der Weltbevölkerung lebt in Ländern, in denen das Recht der freien Religionsausübung eingeschränkt oder gar nicht gegeben ist. Frau Bundeskanzlerin Angela Merkel wies Ende letzten Jahres auf der Synode der Evangelischen Kirche darauf hin, dass Christen von allen Glaubensgemeinschaften weltweit am stärksten verfolgt werden.
Meldungen aus dem Irak, aus Syrien, Indien oder Nigeria, in denen Christen um ihr Leben fürchten müssen, oder Bilder aus Ägypten (heute-Sendung des ZDF vom 18.9.2012), wo die Heilige Schrift verbrannt wird, bestürzen und fordern uns auf, uns für ein friedliches Miteinander der Religionen zu engagieren.
2010 hat der Bundestag eine Resolution zu Religionsfreiheit und Christenverfolgung verabschiedet und damit deutlich gemacht, dass wir die Verfolgung von Christen verurteilen. Der Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, Volker Kauder, hat zudem im September 2011 in seiner Grundsatzrede auf dem Kongress „Religionsfreiheit schützen – Christen verteidigen“ darauf hingewiesen, dass die Union den Einsatz für die Religionsfreiheit auf ihre politische Tagesordnung gesetzt und zu einem festen Bestandteil der deutschen Außenpolitik gemacht hat.
Dass sich die Bundesregierung gegen die Verfolgung von Christen engagiert, beruht nicht nur auf der Tatsache, dass unsere Gesellschaft von christlichen Werten stark geprägt ist und auf unserem Verständnis von Religionsfreiheit, sondern auch auf unserer Überzeugung, dass die Würde des Menschen unantastbar ist. Unser Engagement konzentriert sich dabei nicht nur darauf, Gewalt gegen Christen zu stoppen, sondern jegliche Form von Religionsfeindlichkeit und religiösem Radikalismus zu bekämpfen, um ein friedliches und respektvolles Miteinander zu gewährleisten.
Waffengewalt ist hierbei keine Hilfe, sondern schürt nur Gegengewalt. Die Bundesregierung setzt deshalb auf interkulturellen Dialog, die Zusammenarbeit mit den Kirchen und humanitäre Hilfe in den betroffenen Regionen.
Wie schwierig die Lage jedoch in manchen Regionen ist, verdeutlicht die Situation in Syrien. Im Bürgerkrieg zwischen dem Regime und den Oppositionellen sind zunehmend religiöse Minderheiten, zu denen die Christen im Land gehören, bedroht.
Insbesondere Lebensmittel und Medikamente werden benötigt. Die humanitäre Hilfe ist jedoch nicht immer möglich, da zu ihrer Sicherung eine große Militäroperation notwendig ist, um Helfer und Krankenwagen vor Angriffen zu schützen. Zusätzlich erschwert werden die Hilfsbemühungen dadurch, dass jede Hilfe vom Assad-Regime abgelehnt wird.
Derzeit gibt es nach Angaben des UNHCR (Stand 30.10.2012) 363.722 Syrien-Flüchtlinge. Die Bundesregierung hat nach Angaben des Bundesministeriums des Innern humanitäre Hilfe für Flüchtlinge und strukturbildende Übergangshilfe in der Region in Höhe von etwa 67,3 Millionen Euro geleistet: 30,3 Millionen Euro humanitäre Hilfe (AA), 25 Millionen Euro bilaterale Soforthilfe über UNICEF (BMZ), 8,5 Millionen Euro bilaterale Entwicklungszusammenarbeit (BMZ) und 3,5 Millionen Euro strukturbildende Übergangshilfe zur Unterstützung der Flüchtlinge und umliegender Gemeinden in Jordanien und im Libanon (BMZ). Deutschland ist demnach einer der größten Geldgeber (an zweiter Stelle nach den USA). Auch Einsatzkräfte des THW sind in der Region tätig. Wenngleich keine gezielte humanitäre Hilfe für religiöse Minderheiten erfolgt, dürften die Hilfen auch ihnen zugutekommen. Darüber hinaus gewährt Deutschland bereits einer Vielzahl von Syrern Schutz, die sich hier aufhalten. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) gewährt syrischen Staatsangehörigen im Rahmen der Asylverfahren zumindest subsidiären Schutz. Bereits seit Ende April 2011 werden keine Personen mehr nach Syrien abgeschoben. Außerdem besteht die Möglichkeit zur Aufnahme von Flüchtlingen in besonders schutzbedürftigen humanitären Einzelfällen.
Um die weltweite Christenverfolgung zu bekämpfen, ist Deutschland jedoch auf internationale Kooperation angewiesen. Leider sind die Möglichkeiten Deutschlands, das Problem gemeinsam mit den Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen anzugehen, sehr begrenzt. UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon hat darauf hingewiesen, dass eine UN-Resolution, die die Beendigung der Christenverfolgung zum Ziel hat, von den islamischen Staaten nicht mitgetragen würde und somit zum Scheitern verurteilt wäre. Dennoch fordern wir weiterhin die Einhaltung der Religionsfreiheit und setzen uns dafür ein, dass auf internationaler Ebene die Religionsfreiheit als Individualrecht betrachtet wird, auf das sich jeder Mensch berufen kann.
Die Verfolgung von Christen zu beenden ist eine langwierige und schwierige Aufgabe, die die Politik nicht allein bewältigen kann. Um weltweit das Bewusstsein für ein Recht auf freie Religionsausübung und damit die Basis für ein friedliches Miteinander zu schaffen, ist die Politik auf die Unterstützung durch die Zivilgesellschaft angewiesen. Jeder einzelne von uns kann seine Meinung zur Christenverfolgung in Diskussionen oder auf Veranstaltungen einbringen oder sich in humanitären Hilfsorganisationen engagieren. Ich würde mich freuen, auch auf Ihre Unterstützung zählen zu können.

Mit freundlichen Grüßen
Ihr

Helge Braun

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