Frage an Hiltrud Breyer bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Hiltrud Breyer
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage an Hiltrud Breyer von Thomas G. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Breyer,

derzeit laufen Verhandlungen zum sog. Freihandelsabkommen TTIP zwischen den USA und der EU.
Ihnen ist sicher bekannt, dass im Rahmen dieses Abkommens die Einrichtung einer privaten, nicht-staatlichen Gerichtsbarkeit vorgesehen ist.
Wie bewerten Sie diese Tatsache unter rechtsstaatlichen und demokratischen Grundwerten und würden Sie im Falle einer Abstimmung im Europäischen Parlament einem Abkommen mit einem solchen Inhalt zustimmen, unabhängig von den anderen Inhalten des Abkommens?

Mit freundlichen Grüßen
- Thomas Gretscher

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Thomas Gretscher.

Investor-Staat-Klagen (ISDS) sind spätestens seit den Verhandlungen zu einem Freihandelsabkommen mit den USA (TTIP) in den Fokus von KritikerInnen geraten. InvestorInnen können Staaten vor internationalen Gerichten verklagen, wenn sie sich in ihren Rechten verletzt sehen. Bereits mehrere EU Mitgliedsstaaten wurden im Rahmen der Finanzkrise von internationalen InvestorInnen verklagt. Momentan klagt dazu beispielsweise gerade Vattenfall gegen die Bundesregierung wegen des deutschen Atomausstiegs über 3 Milliarden Euro.

Wir Grünen sind gegen die Aufnahme von ISDS in Handelsabkommen, so wie das die EU aktuell in den Abkommen mit Singapur, Kanada und den USA plant. Wir treten auch für eine Revision der unzähligen Investitionsabkommen der Mitgliedsstaaten ein, die in vielen Fällen bereits ISDS enthalten. Wir konnten uns im Handelsausschuss jedoch nicht mit der Forderung durchsetzen, den EuGH als einen Filter einzusetzen, der erst einmal alle Klagen von InvestorInnen auf Zulässigkeit prüft bevor sie vor internationalen Schiedsgerichten behandelt werden dürfen. Außerdem haben sich in den Verhandlungen die Mitgliedsstaaten weitaus durchgesetzt: So wird die EU fast kaum Kompetenzen in den ISDS Verfahren haben was eine wirkliche europäische Investitionspolitik wie von Lissabon vorgesehen erschwert oder sogar unmöglich macht, da ISDS Verfahren Recht setzen für zukünftige Fälle.

Nach Druck von uns Grünen und der Öffentlichkeit hat die Kommission eine Konsultation zu ISDS im TTIP gestartet. Im Europäischen Parlament haben wir Grünen gegen die eine entsprechende Richtlinie gestimmt.

Darüber hinaus habe ich weitere Anfragen zum Thema TTIP gestellt ("Gefahr für die Demokratie durch Investitionsschutzbestimmungen im TTIP", http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//TEXT+WQ+E-2014-004304+0+DOC+XML+V0//DE&language=de ). Es ist ebenfalls zu befürchten, dass TTIP das Teilverbot von Neonikotinoiden aushebelt ( http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//TEXT+WQ+E-2014-005386+0+DOC+XML+V0//DE&language=de ). Auch europäischen Regelungen zum Tierschutz dürfen nicht in Frage gestellt werden (Anfrage: "Legehennen, Tierschutz und TTIP", http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//TEXT+WQ+E-2014-000690+0+DOC+XML+V0//DE&language=de ).

Weiterhin steht das Thema CETA ebenfalls auf unserer Grünen Tagesordnung. Auf meine Anfrage musste die EU-Kommission bestätigen, dass Unternehmen aus den USA, die eine Tochtergesellschaft in Kanada haben können durch die Bestimmungen des CETA-Investitionsschutzkapitels auch dann eine Investor-Staat-Klage gegen Maßnahmen europäischer Regierungen erheben, wenn TTIP kein Investitionsschutzkapitel enthält ( http://www.hiltrudbreyer.eu/de/ct/542-Kanada-Abkommen-%28CETA%29%3A-Verabschiedung-ohne-%C3%B6ffentlichen-Dialog%3F ).

Viele Grüße

Hiltrud Breyer