Frage an Horst Meierhofer bezüglich Familie

Portrait von Horst Meierhofer
Horst Meierhofer
FDP
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Horst Meierhofer zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Günter M. •

Frage an Horst Meierhofer von Günter M. bezüglich Familie

Sehr geehrter Herr Meierhofer,

laut Aussage der Bundesjustizministerin vom 23. Januar 2011 ( Neujahrsempfang DEG ) sei die FDP für das gemeinsame Sorgerecht ab Geburt...

Dieses sei jedoch mit dem Koalitionspartner der CDU nicht möglich. Daher müssten Sie einen Kompromiss eingehen.

Der so aussieht: "Der nichteheliche Vater kann das gemeinsame Sorgerecht beantragen.... die Mutter hätte ein 8 wöchige Einspruchsfrist"...

Ich bin der Meinung, dass dann die nichtehelichen Väter und ihre Kinder weiter hin diskriminiert werden, und die Ungerechtigkeit geht weiter. Bzw. nichteheliche Väter müssen dann weiterhin unser Vaterland im Ausland / Straßbourg verklagen, um Ihr Recht bzw. ihre Pflicht gegen über ihren Kindern einzuklagen....

Außer dem steht im Grundgesetz:

Artikel 3 "Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich"

Artikel 6 (2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Kinder

(5) Den nichtehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

und im BGB II § 1684 steht: Ein Kind hat ein Recht auf den Umgang mit beiden Elternteilen; der Elternteil ist sogar zum Umgang berechtigt bzw. verpflichtet.

Im BGB II § 1684 steht: Ein Kind hat ein Recht auf Umgang mit den Großeltern, ....

Daher fordern wir u.a.:
Das gemeinsame Sorgerecht ab der Geburt.

Denn was kann ein Kind dafür, ob es in der Ehe außer der Ehe oder neben bei entstanden ist?
Wie sehen Sie dass?

Denn ich bin der Meinung: "Kinder brauchen zu einer gesunden Entwicklung beide Elternteile & Großeltern. Erst RECHT nach einer Trennung oder Scheidung der Eltern"...

Mit freundlichen Grüßen

Günter Mühlbauer
TRENNUNGSELTERN-Initiative

Portrait von Horst Meierhofer
Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Mühlbauer,
 
herzlichen Dank für Ihre Anfrage.
 
I.
Die FDP ist der Ansicht, dass alle Kinder ein Recht auf beide Eltern mit allen Rechten und Pflichten haben. Daher haben wir uns seit Beginn der Debatte für die Widerspruchslösung eingesetzt. Danach erhalten nicht miteinander verheiratete Eltern die gemeinsame Sorge für ihr Kind unter folgenden Voraussetzungen:
1.            Die Vaterschaft des Vaters muss entweder nach den §§ 1594, 1595 BGB (Vaterschaftanerkennung des Vaters + Zustimmung der Mutter) anerkannt oder durch eine Vaterschaftfeststellung festgestellt worden sein.
2.            Der Vater muss erklärt haben, dass er die Sorge für das Kind gemeinsam mit der Mutter ausüben will.
 
Die Mutter hat dabei die Möglichkeit, gegen die gemeinsame Sorge Widerspruch einzulegen. Über diesen muss dann das zuständige Familiengericht am Maßstab des Kindeswohls entscheiden.
 
Der Vorteil dieser Position liegt darin, dass der Vater das Sorgerecht auch ohne ein Gerichtsverfahren erhalten kann und somit auch nicht von vorn herein die Eskalationsstufe rot zwischen den Eltern herrscht. Die FDP wendet sich gegen eine künstlich erzeugte Flut von Gerichtsverfahren.

II.
Nach unserer Überzeugung würde weder die Widerspruchslösung noch der vermittelnde Vorschlag des BMJ zu einer weiteren Verurteilung Deutschlands durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) führen. Der EGMR ist in seinem Urteil vom 3. Dezember 2009 (Zaunegger gegen Deutschland, Individualbeschwerde Nr. 22028/04) nicht zu dem Ergebnis gekommen, dass nicht miteinander verheiratete Eltern automatisch die gemeinsame Sorge bekommen müssen. Vielmehr hat er in Punkt 48. seiner Entscheidung festgestellt, „…dass hinreichende Gründe für die Schlussfolgerung vorliegen, dass es hinsichtlich der Übertragung des Sorgerechts auf den Beschwerdeführer in seiner Eigenschaft als Vater eines nichtehelichen Kindes eine unterschiedliche Behandlung gegenüber der Mutter und gegenüber verheirateten Väter gegeben hat.“
Die Verurteilung Deutschlands basiert stattdessen auf der Erkenntnis des EGMR, „…dass der grundsätzliche Ausschluss einer gerichtlichen Überprüfung der ursprünglichen Zuweisung der Alleinsorge an die Mutter nicht in einem angemessenen Verhältnis stand zu dem verfolgten Ziel, nämlich dem Schutz des Wohls eines nichtehelichen Kindes“ (Punkt 63. des Urteils).
 
III.
Wir verhandeln mit der Union nach wie vor über eine gemeinsame Lösung. Bislang wollte sich unser Koalitionspartner weder der Widerspruchlösung noch dem von Ihnen erwähnten vermittelnden Vorschlag seitens des Bundesministeriums der Justiz vom Dezember 2010 anschließen.
 
IV.
Gegen ein automatisches Sorgerecht ab der Geburt spricht nach unserer Ansicht Folgendes:  Es wird immer Fälle geben, in denen ein tatsächlich berechtigtes Interesse besteht, den Vater des Kindes von vornherein vom Sorgerecht auszuschließen. Genauso wird es Fälle geben, in denen der Vater gar kein Interesse am Sorgerecht hat. Er würde dann bei einem Automatismus ein Recht erhalten, das er weder will noch ausfüllen wird. Würde man den nicht mit einander verheirateten Eltern automatisch die gemeinsame Sorge zusprechen, müsste die Mutter der Vaterschaftsanerkennung durch den Vater widersprechen, um den Vater tatsächlich vom Sorgerecht auszuschließen. Dies hätte aber zur Folge, dass das Kind ohne rechtlichen Vater aufwachsen würde. Darüber hinaus würde ihm eine zusätzlich unterhaltsverpflichtete Person neben der Mutter fehlen. Dies kann in niemandes Interesse sein.
 
V.
Abschließend erlauben Sie mir noch folgenden Hinweis: Sie weisen in Ihrem Schreiben auf § 1684 BGB hin, in dem der Umgang des Kindes mit seinen Eltern geregelt ist, und ziehen daraus Argumente für das gemeinsame Sorgerecht ab der Geburt. Allerdings sind das Umgangsrecht und das Sorgerecht rechtlich zwei unterschiedliche Dinge.
 
1.Beim Sorgerecht geht es um für das Kind grundlegende Fragen: Zum Beispiel welchen Namen es tragen soll, ob und welcher Religion es angehört, welche Schule es besuchen soll, ob und welche medizinischen Eingriffe vorgenommen werden dürfen, etc. Über solche Fragen dürfen Eltern nur dann entscheiden, wenn sie auch das Sorgerecht innehaben.
 
2. Bei der Frage des Umgangsrechts geht es darum, wie viel Zeit ein Elternteil mit seinem Kind verbringen darf. Hier ist es in erster Linie an den Eltern, eine Einigung zu finden. Nur wenn die Eltern sich nicht auf eine Vereinbarung verständigen können, kann das Familiengericht auf Antrag entscheiden. Auch dabei hat es sich am Wohl des Kindes zu orientieren. Es gibt folglich sehr viele unverheiratete Eltern, die zwar ein Umgangsrecht mit ihrem Kind, nicht aber das Sorgerecht für ihr Kind haben.


Mit freundlichen Grüßen,
Horst Meierhofer