Frage an Horst Meierhofer bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Horst Meierhofer
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Frage von Chris W. •

Frage an Horst Meierhofer von Chris W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Meierhofer,

vielen Dank für Ihre Rückmeldung vom 27.08.2013.
Sie schreiben, für "hochkomplexe Fragestellungen" würde sich Plebiszite nicht eignen.
Frage: Denken Sie dabei an die Währungspolitik oder die Abtretung von Kompetenzen an die EU?

Ich möchte Ihnen diesbezüglich Machiavelli ans Herz legen. Der wusste bereits, dass jeder Staat notwendigerweise über kurz oder lang "verderben" würde: durch Korruption, Sittenverfall, Ideologien, Faulheit usw.
Daher müssten Staaten regelmäßig entweder zugrunde gehen oder von Reformern "auf ihre Anfänge zurückgeführt werden". Je nach Fortschritt der Verderbnis könnte dies zivilisiert oder blutig geschehen.

Wünschenswerterweise unblutige Korrekturen bedienen sich (ur-)demokratischer Prozesse, die vom Volk ausgehen - heute z.B. der Volksentscheide.
U.a. das Subsidiaritätsprinzip soll dabei verhindern, dass dem Zugriff des Bürgers auf die Machtelite keine zu großen Hindernisse in den Weg gestellt werden. Genauso sollte m.E. auch bei der "Themenauswahl" verfahren werden: keine Beschränkungen, sofern ein Vorschlag nicht gegen die Verfassung verstösst.

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Weber,

Eine stabile Gemeinschaftswährung ist die Grundvoraussetzung für Wachstum und Wohlstand in Deutschland und Europa. Mit dem ESM haben wir ein Instrument geschaffen, das Staaten bei Gefahr für die Eurozone insgesamt stabilisieren kann, wenn sie im Gegenzug strenge Sanierungsauflagen zur Wiederherstellung ihrer Wettbewerbsfähigkeit erfüllen. Der Fiskalvertrag beinhaltet dauerhaft verlässliche Defizitregeln, deren Verletzung automatisch zu Sanktionen führt. Dies sind die beiden zentralen Säulen der von dieser Koalition errichteten Stabilitätsunion. Die FDP setzt auf Solidität bei der Haushaltsführung und kämpft für ein wettbewerbsfähiges Europa, das von Freiheit und Eigenverantwortung geprägt ist. Dieser Weg zur Errichtung einer Stabilitätsunion muss konsequent weiter beschritten werden.

Wirtschafts- und Haushaltspolitik der Mitgliedstaaten befinden sich zwar in ihrer eigenen Zuständigkeit, sie können jedoch erhebliche Auswirkungen auf die Stabilität der Eurozone als ganzer und anderer Mitgliedstaaten haben. Nur wenn die Mitgliedstaaten solide Wirtschafts- und Haushaltspolitiken führen, wird die Eurozone dauerhaft stabil. Hierzu müssen Mitgliedstaaten ihre Haushalte und ihre Staatsverschuldung unter Kontrolle haben und müssen z.T. noch erhebliche Anstrengungen zur Verbesserung ihrer Wettbewerbsfähigkeit unternehmen. (u.a. leistungsfähige, mittelstandsfreundliche und kostengünstige Verwaltung und Justiz, gutes Schul- und Ausbildungssystem, Lohnentwicklung proportional mit der Produktivitätsentwicklung, investitionsfreundliches Rechtssystem, gerechtes und investitionsfreundliches Steuersystem) Reformen in diesen Gebieten sollte jeder Mitgliedstaat schon in seinem eigenen Interesse durchführen. Die Christlich-liberale Koalition hat die Verschärfung des Stabilitätspakts und eine bessere makroökonomische Überwachung und soweit erforderlich Koordinierung der Wirtschaftspolitiken der Mitgliedstaaten durchgesetzt.

Die Haushalts- und Wirtschaftspolitik sollte jedoch nicht zentral in Brüssel gemacht werden, denn die Ausgangsvoraussetzungen sind in vielen Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich, angefangen von den Rechts- und Steuersystemen bis zu den Ausbildungssystemen, den Mentalitäten der Bevölkerungen und der Struktur der Volkswirtschaften.

Wir Liberale wollen uns nicht alleine auf Verträge verlassen, denn wir wissen aus Erfahrung mit dem Stabilitätspakt, dass Verträge von den jeweils amtierenden Regierungen interpretiert werden können. Besser als alle Verträge haben schon immer knappe Finanzmittel und steigende Zinsen auf Staatsschulden Regierungen zu Reformen motiviert. Wir treten daher sehr dafür ein, diese marktwirtschaftlichen Mechanismen nicht durch zu große Finanzhilfen oder durch Interventionen der EZB zu zerstören. Um diese Motivation zu Reformen in den Krisenstaaten zu erhalten, und um unsere Steuerzahler vor unzumutbaren Belastungen zu schützen, haben wir uns daher mit Erfolg für begrenzte und knappe Finanzhilfen und gegen Vergemeinschaftung von Schulden eingesetzt, wie sie z.B. Grüne und SPD immer wieder gefordert haben.

Dank der von dieser Koalition vorangetriebenen Strukturreformen in der EU stehen wir vor einer völlig neuen Stabilitätsarchitektur in Europa. Wir haben die Schwächen des alten seinerzeit von Rot-Grün aufgeweichten Stabilitätspaktes mit dem Fiskalvertrag beseitigt und mit dem ESM darüber hinaus ein schlagkräftiges Krisenreaktionsinstrument geschaffen, das den Reformdruck in Europa aufrechterhält.

Trotz enormen außen-und innenpolitischen Drucks hat die FDP zudem verhindern können, dass ein Schuldentilgungsfonds oder Eurobonds eingeführt werden, die eine gesamtschuldnerische Haftung Deutschlands für alle Schulden der Eurostaaten bedeuten. Ferner konnten wir verhindern, dass der ESM, wie von einigen Mitgliedstaaten, sowie SPD und Grünen gefordert, eine Banklizenz und damit unbegrenzten Zugang zu Mitteln der EZB bekommt. Durch diese Maßnahme wäre eine "Inflationsmaschine" ungeahnten Ausmaßes in Gang gesetzt worden.

Wir haben der Stabilisierungspolitik in Europa den Stempel der Solidität aufgedrückt.
Nur indem die Strukturreformen zur mehr Wettbewerbsfähigkeit angegangen werden, wird Europa sich im zunehmenden Konkurrenzkampf einer globalisierten Weltwirtschaft behaupten können!

Welche Bedingungen haben wir für Hilfsmaßnahmen gesetzt?

a. Sanierungsprogramm

Absolute Bedingung jedweder Hilfeleistungen ist ein tragfähiges und zukunftsweisendes Anpassungsprogramm, das die Ursachen der finanzpolitischen Schwäche beseitigt und den hilfesuchenden Mitgliedstaat zu mehr Wettbewerbsfähigkeit und eigener Kreditwürdigkeit am Kapitalmarkt verhilft. Wer Hilfe beansprucht, kann auf Solidarität anderer Staaten nur hoffen, wenn er seinerseits die nötige Solidität im politischen Handeln zeigt. Deshalb haben wir als FDP durchgesetzt, dass vor jedweder Hilfsmaßnahme ein zwischen dem Mitgliedstaat und Internationalen Währungsfonds (IWF), der Kommission und der Europäischen Zentralbank (EZB) ausgehandeltes Sanierungsprogramm stehen muss.

b. Schuldentragfähigkeit

Aus unserer Sicht muss klar sein, dass es keine Hilfen für ein Land geben darf, wenn es seine Schulden nicht aus eigener Kraft wird zurückzahlen können. Daher kommt der Schuldentragfähigkeitsanalyse des IWF eine entscheidende Bedeutung zu.

c. Parlamentsbeteiligung

Schon bei der Einrichtung des vorübergehenden Rettungsschirms EFSF aber auch des dauerhaften Euro-Stabilisierungsmechanismus ESM hat die FDP-Bundestagsfraktion ein Maximum an parlamentarischer Entscheidung durchsetzen können.
Sämtliche Entscheidungen der EFSF sowie des ESM, die das Haushaltsrecht des Deutschen Bundestages berühren, müssen vorab vom Deutschen Bundestag demokratisch legitimiert werden.

d. Gläubigerbeteiligung

Weil bei aller Sensibilität der Finanzmärkte Risiko und Lasten gerecht verteilt sein müssen, setzt sich die FDP für eine angemessene Beteiligung privater Gläubiger im Falle einer Staatsinsolvenz ein.

Durch eigene Haushaltsdisziplin und unsere kluge Wachstumspolitik gehen wir in Deutschland mit gutem Beispiel voran und haben damit auch eine sichere Basis für die Sparkonten in Deutschland geschaffen.

Eine stabile Gemeinschaftswährung ist die Grundvoraussetzung für Wachstum, Wohlstand und Sicherheit in Deutschland und Europa.

Daher wird die FDP auch weiterhin auf Solidität bei der Haushaltsführung setzen und für ein wettbewerbsfähiges Europa kämpfen, das von Freiheit, Eigenverantwortung aber auch von Solidarität mit unseren Nachbarn geprägt ist.

Mit freundlichen Grüßen
Horst Meierhofer