Hartz 4 : Warum wird Einkommen rückwirkend angerechnet?

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Hubertus Heil
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Frage von Anton G. •

Hartz 4 : Warum wird Einkommen rückwirkend angerechnet?

Sehr geehrter Herr Heil,
nach § 11 SGB 2 wird Einkommen in dem Monat berücksichtigt in dem es zufließt.
§ 9 SGB 2 sagt aber, aus meiner Sicht, das es nicht rückwirkend zu berücksichtigen ist, aber genau das ist der Fall.
Bei mir wird es rückwirkend berücksichtigt, aber auch festgehalten das ich im Folgemonat davon leben soll!?
§ 9 SGB 2: (1) Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann...
Wie soll ich mit Einkommen, das in meinem Fall am 29.04.2022 auf meinem Konto eingegangen ist, meinen Lebensunterhalt am 01.04.2022 sichern können?
Es ist nicht möglich eine Hilfebedürftigkeit rückwirkend zu beseitigen!
Ich werde in diesem Fall faktisch mit einer 10% Sanktion über 6 Monate belegt, weil ich einen Minijob angenommen habe?
Das wird dem Sozialstaat, oder dem Grundsatz des Fordern und Förderns nicht mal im Ansatz gerecht!?
Wann wird diese willkürliche Handhabung von Gesetzen beseitigt?

MfG

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Sehr geehrter Herr G.,

vielen Dank für Ihre Nachricht.

Die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende dienen der Sicherstellung des sozio-kulturellen Existenzminimums. Es ist deshalb zu prüfen, ob erwerbsfähigen Leistungsberechtigten ausreichende Einnahmen zur Bestreitung des Lebensunterhalts zur Verfügung stehen. Dies macht es erforderlich, zufließende Einnahmen einem Bedarfszeitraum zuzuordnen. Laufendes Einkommen wird dabei systematisch dem Kalendermonat zugeordnet, in dem es zufließt. Das in einem Kalendermonat zufließende Einkommen wird in aller Regel auch für eben diesen Kalendermonat gezahlt.

Wird bei einer Arbeits- bzw. Ausbildungsaufnahme zum ersten eines Monats das erste Arbeitsentgelt bzw. die erste Ausbildungsvergütung am Ende des Monats der Aufnahme einer Arbeit oder Ausbildung gezahlt, wird es in diesem Monat berücksichtigt und kann zum Entfallen der Hilfebedürftigkeit und damit des Leistungsanspruchs führen.

Die „Zahlungslücke“, die durch die Tatsache entsteht, dass das Bürgergeld monatlich im Voraus, die erste Arbeitsentgeltzahlung jedoch erst am Ende eines Monats erfolgt, kann durch die Regelung des § 24 Abs. 4 SGB II aufgefangen werden. Denn nach dieser Regelung können auf Antrag Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Darlehen erbracht werden, soweit in dem Monat, für den die Leistungen erbracht werden, voraussichtlich Einnahmen anfallen. Hierdurch wird für den Zeitraum von der Arbeitsaufnahme bis zur ersten Arbeitsentgeltzahlung die Sicherung des Lebensunterhaltes des erwerbsfähigen Leistungsberechtigten gewährleistet.

Der Darlehensbetrag muss grundsätzlich nicht in einer Summe zurückerstattet werden. Vielmehr soll unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Darlehensnehmers über die Rückzahlung eine Vereinbarung getroffen werden.

Mit freundlichen Grüßen
Hubertus Heil

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