Warum drängen Sie so auf die Vollzeitbeschäftigung von Frauen?

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Hubertus Heil
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Frage von Anne-Christine v. •

Warum drängen Sie so auf die Vollzeitbeschäftigung von Frauen?

Sehr geehrter Herr Heil, nicht nur ich habe den unangenehmen Eindruck, dass Sie Frauen aufgrund des Fachkräftemangels in Vollzeit drängen wollen. Mit dem sonderbaren Begriff „Teilzeitfalle“ wird so getan, als würden alle Frauen vom autoritärem Kalifat Deutschland ein Arbeitsverbot erhalten. Es wäre eine gute Idee, wenn Sie sich einmal unter die Menschen in die tatsächliche Welt begeben würden. Dann werden Sie feststellen, dass ein ganz großer Teil der Leute gar nicht in Vollzeit arbeiten will! Die meisten Menschen möchten ihre Kinder nicht den ganzen Tag in Aufbewahrungsstätten unterbringen. Sie wollen möglichst viel Zeit mit ihnen verbringen. Ich beobachte, dass sich auch zunehmend Männer für eine Tätigkeit in Teilzeit interessieren. Leider werden von den Firmen ausschließlich Vollzeitstellen angeboten. Menschen, die eine qualifizierte Teilzeitstelle suchen, haben es verdammt schwer. Es ist also genau umgekehrt! Warum drängen Sie Frauen, in VZ zu arbeiten?

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau von L.,

vielen Dank für Ihre Nachricht.

Mehr Flexibilität bei der Gestaltung der Arbeitszeit ist für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ein großes Anliegen. Dabei ist Teilzeitarbeit für viele Beschäftigte nach wie vor eine Lösung, um Arbeit und sonstige Verpflichtungen und Bedürfnisse miteinander zu verbinden. Es ist mir besonders wichtig, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zwar freiwillig in Teilzeit arbeiten können, aber nicht unfreiwillig in Teilzeitarbeit verbleiben müssen.

Unfreiwillige Teilzeit ist nicht nur für die betroffene Person persönlich unbefriedigend, sondern führt dazu, dass volkswirtschaftlich das Arbeitsvolumenpotential nicht voll ausgeschöpft wird. Außerdem verringert unfreiwillige Teilzeit die Geschlechtergerechtigkeit am Arbeitsmarkt, u.a., weil mehr Frauen in Teilzeit arbeiten als Männer und Teilzeitstellen häufig mit niedrigeren Löhnen, schlechteren Karrierechancen und in der Folge mit nicht existenzsichernden Renten einhergehen.

Generell gilt, dass Arbeitgeber*innen nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern – auch in leitenden Positionen - Teilzeitarbeit ermöglichen müssen. Wenn sich ein Arbeitsplatz hierfür eignet, ist dieser auch als Teilzeitarbeitsplatz auszuschreiben.

Einen wichtigen Schritt, um sicherzustellen, dass Arbeitszeiten den Bedürfnissen der Menschen besser entsprechen, konnten wir zum 1. Januar 2019 mit der Reform des Teilzeitrechts und insbesondere der Einführung der Brückenteilzeit gehen. Mit der Brückenteilzeit haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Möglichkeit, ihre Arbeitszeit für einen vereinbarten Zeitraum zwischen einem Jahr und fünf Jahren zu verringern und anschließend wieder zur ursprünglichen Arbeitszeit zurückzukehren.

Wir haben aber auch das Recht derjenigen gestärkt, die bereits in zeitlich nicht begrenzter Teilzeit arbeiten und ihre Arbeitszeit erhöhen möchten. Diese Teilzeitbeschäftigten sind bei der Besetzung eines entsprechenden freien Arbeitsplatzes vorrangig zu berücksichtigen. Die Beweislast, dass kein entsprechender Arbeitsplatz zur Verfügung steht, wurde stärker auf den Arbeitgeber verlagert.

Schließlich wurde geregelt, dass der oder die Arbeitgeber*in mit der Arbeitnehmerin bzw. dem Arbeitnehmer einen Wusch nach Veränderung von Dauer und/oder Lage der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit zu erörtern hat.

Mit diesen Maßnahmen unterstützen wir Beschäftigte in der Umsetzung der persönlichen Arbeitszeitwünsche – das ist mir besonders wichtig.

Mit freundlichen Grüßen
Hubertus Heil

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