Frage an Inge Gräßle bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Dr. Inge Gräßle
Inge Gräßle
CDU
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Frage von Jürgen T. •

Frage an Inge Gräßle von Jürgen T. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Guten Tag Fr. Dr. Gräßle,

ich stelle mir gerade die Frage, mit welchem Recht sie über die Weitergabe meiner (unserer aller Bürger) Daten an die USA zugestimmt haben? Sie wurden gewählt um die Bürger Deutschlands zu vertreten bzw. auch zu schützen gerade gegenüber solchen unverschämten Forderungen aus den USA. Zumal nicht im geringsten ersichtlich ist wofür die gesammelten Daten wirklich verwendet werden. Es gibt auch keinerlei Nachweise dass man mit dieser Sammelei Erfolge verbuchen konnte. Und falls ja, ist der Prozentsatz so gering, dass es wohl kaum vertretbar ist einen ganzen Kontinent zu verraten. Auch würde es mich interessieren warum die EU-Politiker im Gegenzug nicht die gleichen Datensätze aus den USA der dortigen Bürger verlangen. Oder wie sieht es mit einer Visapflicht für Amerikaner im Gegenzug aus? Ich fühle mich von Politiker wie ihnen schlichtweg verraten. Auf eine aufklärende Antwort hoffend, wünsche ich noch einen guten Tag.

J. Tschamler

Dr. Inge Gräßle
Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Tschamler,

herzlichen Dank für ihre Anfrage.

Wie Sie sicher in der Presse mitverfolgt haben, hat das Europäische Parlament,
als es gegen das ursprüngliche SWIFT-Abkommen stimmte, zum ersten Mal von seinen im Lissabon-Vertrag hinzugewonnenen Kompetenzen Gebrauch gemacht, weil es vom Ergebnis, das die europäischen Verhandlungsführer vorgelegt hatten, nicht überzeugt war.

Es verhinderte damit das Inkrafttreten eines internationalen, bereits von den Mitgliedstaaten ratifizierten Abkommens und verlangte Nachbesserungen in grundlegenden Bereichen.

In der neuen Version des Abkommens konnte das Parlament die Position der Unionsbürger stärken und Schutzklauseln einbringen. So müssen die US-Ermittler nun belegen, dass die Datenanfrage berechtigt ist und die Datenmenge so klein wie möglich gehalten wird. Für die Überprüfung ist die europäische Agentur für Verbrechensbekämpfung Europol zuständig. Darüber hinaus, wird der Datentransfer in Washington durch einen EU-Beamten kontrolliert. Auch sind die US-Behörden verpflichtet Daten, die nicht explizit angefragt und dennoch übertragen wurden, sofort zu löschen. SEPA (einheitlicher Euro- Zahlungsverkehrraum)- Daten werden von den Transfers grundsätzlich ausgenommen.

Überdies haben meine Kollegen im Europäischen Parlament und ich darauf hingewirkt, die ursprüngliche Fassung des Abkommens für den Bürger um die Möglichkeit der Beschwerde zu ergänzen.
Im Falle eines Missbrauchs haben die Unionsbürger nun auch Anspruch auf Schadensersatz.

Die Vereinbarung der Europäischen Union mit den Vereinigten Staaten respektiert die Grundrechte und befolgt die Prinzipien der Grundrechtscharta der EU, im Einzelnen den Artikel 7 über den Schutz der Familie und des Privatlebens, Artikel 8 über das Recht auf Privatsphäre und den Artikel 47 über das Recht auf einen fairen Prozess.
Die Resolution 1373 (2001) des UN Sicherheitsrates mit seinem Gebot, dass alle Staaten die notwendigen Schritte einleiten sollen, um terroristische Angriffe zu verhindern, beinhaltet, dass durch den Austausch von Informationen eine frühzeitige Warnung ermöglicht werden soll. Außerdem sollen die Staaten sich gegenseitig bei der Aufklärung von Verbrechen, die im Zusammenhang mit der Finanzierung und Unterstützung terroristischer Aktivitäten stehen, helfen.
Gemäß der Resolution des UN-Sicherheitsrates sollen Staaten ferner auch untereinander den Austausch von operativen Informationen beschleunigen und intensivieren, natürlich unter Berücksichtigung von nationalem und internationalem Recht.

Vor dem Hintergrund der Terrorabwehr ist das SWIFT-Abkommen notwendig geworden, auch weil uns die jüngere Vergangenheit gelehrt hat, dass die Bedrohungslage in den Vereinigten Staaten aber auch in Europa andauert. Dass dieses Abkommen zur Verfolgung der Finanzströme von terroristischen Vereinigungen einen wesentlichen Beitrag zur Sicherheit Europas leisten kann, hat letztlich auch bei sorgfältig abgewogenen Bedenken unsere Entscheidung für die parlamentarische Zustimmung maßgeblich beeinflusst.

Dass selbst die hinreichend beschränkte Weitergabe von Datenpaketen keine dauerhaft tragfähige Lösung sein kann, spiegelt sich im Bestreben der Europäischen Kommission wider, zeitnah Vorschläge zur Schaffung eines eigenen Instruments zur Auswertung von Finanztransaktionsdaten vorzulegen. Die Errichtung eines eigenen sogenannten EU-TFTP (Terrorist Finance Tracking Program) wäre ein richtungweisender Schritt für die Europäische Union. Demnach wäre die Notwendigkeit der Weitergabe von Daten an US-amerikanische Behörden in Zukunft obsolet. Die CDU/CSU-Gruppe im Europäischen Parlament begrüßt ausdrücklich diesen Aufbau eigener Kapazitäten.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Inge Gräßle

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