Frage an Ingo Wellenreuther bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Ingo Wellenreuther
CDU
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Frage von H.-Ulrich B. •

Frage an Ingo Wellenreuther von H.-Ulrich B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Wie stehen Sie zu der Absicht des Innenministers Schäuble, das Grundgesetz zu verändern um Zustände wie in der Ex-DDR herbeizuführen. Z.B. den sogen. Bundestrojaner oder die Speicherung der Fingerabdrücke sämtlicher Bundesbürger? usw usw.

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Sehr geehrter Herr Buddenhagen,

der Vergleich der Bundesrepublik-Deutschland als demokratischen Rechtsstaat mit der Ex-DDR, also einem Staat mit einem Überwachungsapparat (Stasi) und einem Unrechtssystem, dem an der Grenze hunderte Menschenleben zum Opfer gefallen sind, ist nicht nur vollkommen unangebracht, sondern auch höchst bedenklich. Sie sollten diese Äußerung grundlegend überdenken!

Dennoch möchte ich Ihnen sachlich antworten, um Ihnen auch begreiflich zu machen, dass die von Ihnen angedeuteten Vorwürfe in diesem Maße in keiner Weise gerechtfertigt sind.

Online-Durchsuchungen:
Auf Grundlage einer Dienstvorschrift des Bundesinnenministeriums aus der Amtszeit Otto Schily wurden verdeckte Online-Durchsuchungen – ohne spezielle Rechtsgrundlage – bereits durchgeführt. Im Januar 2007 hat der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshof entschieden, dass eine solche Maßnahme ohne eine (derzeit nicht bestehende) ausdrückliche gesetzliche Grundlage unzulässig ist. Daraufhin hat Bundesinnenminister Dr. Wolfgang Schäuble die Praxis der Durchsuchungen sofort gestoppt.
Ohne Zweifel greift die verdeckte Online-Durchsuchung erheblich in die Grundrechte des Betroffenen ein. Ich halte daher die gerichtliche Entscheidung für richtig, dass dies ohne spezielle Ermächtigungsgrundlage nicht zulässig ist. Denn nur mit einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage können solche Maßnahme transparent, kontrolliert und nachprüfbar erfolgen. Solange die gesetzliche Grundlage nicht besteht, müssen derartige Maßnahmen daher auch unterbleiben.
Da aber das Internet das zentrale Medium für Terroristen und andere schwere Straftäter geworden ist, muss man doch zumindest darüber nachdenken, den Ermittlungsbehörden geeignete Mittel an die Hand zu geben, in diesen Bereich einzugreifen. Die Frage und Ausgestaltung einer gesetzlichen Grundlage für verdeckte Online-Durchsuchungen muss unter Berücksichtigung der juristischen und datenschutzrechtlichen Bedenken deshalb intensiv geprüft werden.
Wie bei derzeit bestehenden besonders grundrechtsintensiven Ermittlungsmaßnahmen mit technischen Mitteln, die ohne Wissen und des Betroffenen erfolgen, bedürfte es jedenfalls hoher formeller und materieller Anforderungen an die Anordnung und Durchführung von verdeckten Online-Durchsuchungen. Für unabdingbar halte ich in jedem Fall, dass eine entsprechende Maßnahme nur auf richterliche Anordnung erfolgen müsste.
Völlig abwegig ist es allerdings, wenn Ängste in der Bevölkerung vor einer flächendeckenden Ausforschung von Computern geweckt werden. Diese Befürchtungen hat zu Recht auch niemand z. B. bei der derzeit schon bestehenden Telefonüberwachung.

Speicherung der Fingerabdrücke:
Durch das Terrorismusbekämpfungsgesetz der rot-grünen Bundesregierung vom 09.01.2002 waren in das deutsche Passgesetz und in das Personalausweisgesetz Regelungen eingefügt worden, die prinzipiell die Aufnahme biometrischer Merkmale in Ausweisdokumente vorsehen.
Um eine EU-Verordnung vom 13.12.2004 umzusetzen wurde das deutsche Passgesetz in diesem Jahr unter anderem derart geändert, dass ab 01.11.2007 auf einem Chip der Pässe der biometrischen Fingerabdruck gespeichert ist.
Zudem ist zu erwähnen, dass – dies wurde immer wieder falsch berichtet – keine zentrale bundesweite Datenbank eingerichtet wird (vgl. § 4 Abs. 3 Satz 3 PassG).
Die Änderung des Passgesetzes sieht allerdings nicht vor, dass dieser Fingerabdruck – übrigens im Gegensatz zu anderen europäischen Staaten wie Frankreich, der Niederlande oder Österreich – dezentral bei der Passbehörde gespeichert wird.

Insgesamt möchte ich betonen, dass ich ein Verfechter der freiheitlichen, rechtsstaatlichen Verfassung bin und mich dabei an der Seite von Bundesinnenminister Dr. Wolfgang Schäuble weiß. Dabei ist immer das Spannungsfeld zwischen Freiheit und Sicherheit zu lösen. Die Menschen erwarten zu Recht vom freiheitlichen Verfassungsstaat, dass dieser verteidigt wird und die höchstmögliche Sicherheit für die Bevölkerung gewährleistet. Dieser Aufgabe werde ich mich weiterhin stellen.

Mit freundlichen Grüßen
Ingo Wellenreuther MdB

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