Bestandsheizungen nicht betroffen? bspw. eine Heizung ca. 30 Jahre alt, mangels Installateuer 2023 keine Neuanlage mehr möglich. Welche Ausnahme kann man beanspruchen? (nach ihrer Erläuterung keine)

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Ingrid Nestle
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Frage von Franz W. •

Bestandsheizungen nicht betroffen? bspw. eine Heizung ca. 30 Jahre alt, mangels Installateuer 2023 keine Neuanlage mehr möglich. Welche Ausnahme kann man beanspruchen? (nach ihrer Erläuterung keine)

Sehr geehrte Frau Nestle, die Frage vom 12. April 2023, 10:02 ist nicht zufriedenstellend beantwortet. Beispiel: Heizung, 25-30 Jahre alt, darf absehbar nicht mehr repariert werden. Solarenergie (PV-Anlagen) sind realistisch oft wegen Teilbeschattung, (Nachbarhaus, Hanghaus) und normaler Dachfläche bei weitem nicht in der Lage die Energie für Wärmepumpen zu liefern, in MIete sowieso nicht. Wasserstoff ist Quatsch, jeder weiß dass dieser fast nirgends zur Verfügung steht und normale Gemeinden das nie umsetzen können und werden (ich rede von Gegenwart, nicht vom Jahr 2150!) Die Klausel bei 80-jährigen ist m.E. gesetzeswidrig (was wenn 79 alt?). Wärmepumpen ausgereift? Wenn man Heizungsbauer fragt die sich eine goldene Nase mit euerer Politik verdienen, dann ja. Die erforderliche Sanierung wird dauernd in der Diskussion vernachlässigt. Die Hauspreise purzeln, ihr nötigt die Bürger zu undurchführbaren und unfinanzierbaren Maßnahmen.Welche Ausnahmen können Sie in solchen Fällen zusichern?

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Sehr geehrter Herr W.,

tatsächlich gibt es in der aktuellen Fassung des Gebäudeenergiegesetzes keinen Passus, der Regeln für bestehende Heizungsanlagen verschärft. Es war vorübergehend im Gespräch, einige Ausnahmen bei der schon länger in bestimmten Fällen geltenden Austauschpflicht nach 30 Jahren schrittweise zurückzufahren, aber das ist vom Tisch. Es gibt keinerlei neue Regeln im Gesetz, die den Betrieb oder die Reparatur von bestehenden Anlagen einschränken. Wenn eine Anlage irreparabel kaputt ist, muss per Definition eine Neuanlage eingebaut werden. Für diese gelten die Regelungen der aktuellen Gesetzesnovelle. Dass der Einbau einer neuen, rein fossilen Heizung keine dauerhaft bezahlbare Option ist, hat allerdings spätestens Putin mit seinem Gaspreiskrieg gegen Europa gezeigt.

Im Falle einer kaputten Heizung kann 3 Jahre lang eine normale Gasheizung genutzt und die Entscheidung und Vorbereitung für eine andere Lösung in Ruhe getroffen werden. Dabei ist jede Option in Ordnung, die 65% erneuerbaren Anteil erreicht. Ein ganzer Strauß an Optionen ist sogar ohne individuellen Nachweis und teilweise erst mit schrittweiser Erreichung der erneuerbaren Ziele verfügbar. Fällt die Entscheidung für eine saubere Heizung schon innerhalb eines Jahres, werden von der Förderung mindestens 40% der Investitionskosten übernommen, in manchen Fällen mehr. Hinzu kommen zinsgünstige Kredite.

Ich teile Ihre Ansicht, dass Wasserstoff für die Menschen eine sehr riskante Option hinsichtlich Bezahlbarkeit und Verfügbarkeit ist. Unsere Koalitionspartner haben darauf gedrängt, diese Entscheidung den Hausbesitzern zu überlassen. So ist es im derzeitigen Gesetzentwurf geregelt. Komplett auf den erneuerbaren Anteil zu verzichten, wäre für Gesellschaft und Hausbewohner auf Dauer zu teuer. Letztes Jahr haben wir 300 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt, um die Auswirkungen der Gaspreiskrise nur abzufedern. Die Vergangenheit der billigen Gaspreise gibt es schlicht nicht mehr. Steuergeld ist um ein Vielfaches effizienter eingesetzt in der Förderung für Sanierung und saubere, bezahlbare Heizungen. Deshalb freue ich mich, dass die Bundesregierung sich erst Mittwoch auf eine weitere Ausweitung der Förderung von sauberen Heizungen geeinigt hat. Mindestens 30% der Investitionskosten werden jetzt Selbstnutzern ersetzt, manchmal auch bis zu 50%. Hinzu kommt der leichtere Zugang zu Krediten, die normalerweise über die geringeren Heizkosten günstiger sind  als die Öl- oder Gasrechnung für eine rein fossile Heizung.

Sie haben Recht, dass auch Sanierung ein sehr wichtiges Thema ist. Deshalb stehen auch hier umfangreiche Fördermittel zur Verfügung. In den meisten Fällen ist eine Sanierung oder Austausch aller Heizkörper aber gerade bei Einfamilien-, Zweifamilien- oder Reihenhäusern keine Voraussetzung für Wärmepumpen mehr. Hier hat die Technologie sich deutlich weiterentwickelt. Ich habe auch wahrgenommen, dass entsprechende Behauptungen in der Presse derzeit viel zu finden sind. Sie entsprechen aber nach meiner Kenntnis, die sich nicht nur auf Infos von Heizungsinstallateuren bezieht, nicht dem aktuellen Stand der Technik. Im Zweifelsfall ist eine Hybridheizung eine der im Gesetz vorgesehenen Standardlösungen, bei der die kalten Tage zunächst über einen Gaskessel abgedeckt werden, der bei späterer Sanierung ausgebaut werden kann. So ist die Wärmepumpe von Anfang an nicht überdimensioniert und kann effizient laufen.

Zu der Frage mit den 80 Jahren: Altersgrenzen sind in Gesetzen nichts Ungewöhnliches, beispielsweise beim Wahlalter und der Volljährigkeit. In diesem Fall ist eine Ausnahme nur für Menschen hohen Alters vorgesehen, die ihre Immobilie selbst nutzen, damit diese sich nicht mehr um eine neue Heizungslösung kümmern müssen. Das können später die Erben in die Wege leiten. Natürlich kann man immer debattieren, ob z.B. 80 genau die richtige Zahl ist. Auch das Wahlalter ist ja teilweise abgesenkt worden, diese Zahlen sind also Bestandteil einer politischen Diskussion. Aber ganz ohne Altersgrenze kommt eine Regel nicht aus, die den besonderen Bedürfnissen älterer Menschen Rechnung tragen soll.

Mit besten Grüßen

Ingrid Nestle

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