Für die Schäden der Sturmflut am 20.10.23 werden keine Bundesmittel bereit gestellt. Finanzieren eigentlich Steuerzahler*innen aus SW Projekte in Peru und wenn ja, wofür konkret?

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Frage von Norbert R. •

Für die Schäden der Sturmflut am 20.10.23 werden keine Bundesmittel bereit gestellt. Finanzieren eigentlich Steuerzahler*innen aus SW Projekte in Peru und wenn ja, wofür konkret?

Sehr verehrte Frau Nestle,

am 20. und 21. Oktober wurden die Küstenbewohner der Ostsee in Schleswig-Holstein und in Mecklenburg-Vorpommern von einer schweren Sturmflut heimgesucht.

Nun wurde entschieden, daß sich der Bund nicht mit Bundesmitteln, die u. a. von Bürgern aus SW mitfinanziert werden, an der Beseitigung der Schäden beteiligen wird.

Nun fließen aber Bundesmittel in Drittländer.

Wieviel Bundesmittel gehen in 2024 gemäß neuester Haushaltsplanung z. B. nach Peru und wofür sollen die Mittel verwendet werden?

MfG N. R. +++

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Sehr geehrter Herr R.,

die Klimakrise führt zu immer häufigeren und immer drastischeren Fluten, Stürmen und Dürren – mit gefährlichen und teuren Folgen für die Menschen auch hier in Schleswig-Holstein. Dabei stehen wir immer öfter vor Entscheidungen, wie die Kosten dieser Katastrophen am gerechtesten aufgeteilt werden.

Wie viele andere Kolleginnen und Kollegen aus dem Norden habe ich mich dafür eingesetzt, dass der Bund zusätzlich zu den beträchtlichen Ausgaben für den Küstenschutz unter anderem in Schleswig-Holstein sich auch an den Kosten für die Beseitigung der Schäden dieser Sturmflut beteiligt. Deshalb freut mich besonders, dass wir trotz der Haushaltslage im Rahmen der GAK (Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“) für 2024 und 2025 50 Millionen Euro für die Sturmflutfolgen bereitstellen können. Damit sollen Deiche verstärkt und zerstörte Küstenschutzanlagen wieder aufgebaut werden.

Aber lassen Sie mich auch meinen kurzen Überblick über für Ihre Frage relevante Staatsausgaben geben:

Katastrophenhilfe in Deutschland und Entwicklungshilfe für andere Länder werden von zwei unterschiedlichen Ebenen organisiert. Die Verantwortung für Katastrophenhilfe liegt zunächst bei den einzelnen Bundesländern. Das Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler in Schleswig-Holstein wird also, über ihren Beitrag zum Landeshaushalt, auch zur Beseitigung von Schäden genutzt. Der Bund kann sich an den Kosten der Länder beteiligen, unter anderem, wenn die betroffenen Länder bei deren Bewältigung überfordert wären. Das wird über die GAK Aufstockung nun gewährleistet.

Entwicklungshilfe für andere Länder wird auf Bundesebene organisiert. Auch in Peru werden 2024 mehrere Projekte mit deutscher Förderung umgesetzt, etwa im Bereich des Waldschutzes.

Eine Übersicht der laufenden Projekte, die auch die jeweiligen Fördersummen auflistet, findet sich im Transparenzportal des BMZ: https://www.transparenzportal.bund.de/de/detailsuche?country=PE&project_status=running. Allerdings handelt es sich im Wesentlichen um Projekte, die schon in den vergangenen Jahren gestartet und jetzt vertragstreu weitergeführt werden.

Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung hat zudem einige Informationen zur Entwicklungshilfe übersichtlich zusammengestellt: https://www.bmz.de/de/aktuelles/kritische-fragen

Zu Entwicklungspolitik grundsätzlich: Wofür wir als Land Geld ausgeben sollten, ist eine Frage, die wir immer neu gemeinsam aushandeln müssen. Nicht ohne Grund sind die jährlichen Haushaltsverhandlungen intensiv. Ausgaben für den Küstenschutz etwa sind richtig und wichtig, und es ist gut, dass die GAK-Mittel nun konsequent aufgestockt wurden. Doch auch Entwicklungszusammenarbeit ist relevant, um die globalen Probleme gemeinsam anzugehen. Gerade die Überschwemmungen an der Ostsee sind durch die Klimakrise schon heute schlimmer als nötig – denn Sturmfluten sind bei höherem Meeresspiegel logischerweise auch immer höher als ohne diesen Anstieg. Stärkere Winde durch die Klimakrise kommen noch hinzu. Wir können den Anstieg des Meeresspiegels nicht rückgängig machen und auch nicht mehr auf dem heutigen Niveau einfrieren. Aber für die Zukunft kommt es sehr darauf an, ob wir die Erderhitzung bei 1,5°, bei 2°, bei 3° oder noch deutlich später stoppen. Ein Meeresspiegelanstieg von 5 Metern ist längst im Bereich des eher Wahrscheinlichen. Das ist mit Küstenschutz kaum zu bewältigen, und wenn, nur zu immensen Kosten. Auch deswegen kann es uns nicht egal sein, was in anderen Ländern passiert. Immer wieder wird zurecht darauf hingewiesen, dass Klimaschutz nicht in Deutschland allein passieren kann. Das ist uns bewusst und entsprechend handeln wir. Die Emissionen müssen weltweit sinken. Auch deshalb geht Deutschland Partnerschaften zur strategischen Zusammenarbeit zum Klima- und Umweltschutz mit einer wachsenden Liste von Ländern ein: https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Artikel/Energie/internationale-energiepolitik-2.html, seit November 2022 auch mit Peru (im verlinkten Artikel noch nicht aufgeführt).
 

Mit besten Grüßen

Ingrid Nestle

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