Wenn bei der Kapazitätserweiterung der Klimaschutz im Vordergrund steht, sollte dies dann nicht auch schon bei der Auswahl der Trassenführung in hohem Masse berücksichtigt werden?

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Frage von Axel B. •

Wenn bei der Kapazitätserweiterung der Klimaschutz im Vordergrund steht, sollte dies dann nicht auch schon bei der Auswahl der Trassenführung in hohem Masse berücksichtigt werden?

Sehr geehrte Frau Nestle,
Eine Neubaustrecke führt zu erheblicher Flächenverdichtung. In einem neuen Streckenverlauf liegen neue Risiken, denn mit extrem aufwendigen Erdbewegungen müssen neue Wälle aufgeschüttet oder Landstriche durchteilt werden. Moore und Auen müssen trockengelegt werden. Mit der Herstellung neuer Schienen und dem verbundenen Einsatz von Stahl und Beton ist die Bahn das Verkehrsmittel mit der schlechtesten Ökobilanz.

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Sehr geehrter Herr B.,

grundsätzlich gebe ich Ihnen Recht, dass schon die Schaffung einer Trasse zur Flächenverdichtung führt und Klimaauswirkungen haben kann.

Daher kann es sinnvoll sein, neue Gleise parallel zu existierenden Trassen oder an vorhandene Autobahnen zu legen, soweit möglich. Dies ist aber nicht überall möglich und es geht auch darum neue Verbindungen aufzubauen. Dies wäre z.B. der Fall bei den Verbindungen zwischen Schleswig-Mittelholstein und z.B. Norderstedt und den nördlichen Stadtteilen Hamburgs oder in der Lüneburger Heide für die Orte zwischen Bispingen und Walsrode, die sehr von einer schnellen Anbindung profitieren würden. Natürlich gilt es, Moore und Auen bei der Streckenplanung möglichst nicht zu durchschneiden.

Sie haben recht, dass die Herstellung von Stahl und Beton CO2-intensiv ist. Ich teile aber nicht Ihre Einschätzung zur Ökobilanz der Bahn. Nichts rollt so leicht wie Stahl auf Stahl. Entsprechend ist der Energieaufwand beim Transport von Gütern mit der Bahn drei bis fünf Mal geringer als mit dem LKW, vom Transport auf dem Luftweg ganz zu schweigen. Und auch der Bau von Straßen produziert viele Treibhausgase. Eine substantielle Verlagerung von der Straße in Richtung Schiene ist aber nur mit einem Ausbau der Schiene möglich, da an vielen Stellen schon heute Kapazitätsgrenzen erreicht werden. Maßnahmen zur Steigerung der Kapazität auf bestehender Strecke unterstützen wir natürlich auch und sie haben Priorität für uns.

Auch ist es im Sinne des Klimaschutzes, wenn es durch den Bau nicht zu massiven Zugausfällen und Verspätungen kommt, wie es beim Bau im vorhandenen Gleisbett der Fall ist.

Des Weiteren gilt es den Bau von Schienen künftig klimafreundlicher zu gestalten: Eine Betonschwelle hat einen durchschnittlichen Lebenszyklus von 42 Jahren. Es gibt bereits Hersteller, die die Dekarbonisierung bei der Beton- und Zementherstellung vorantreiben. Grüner Wasserstoff wird dabei eine wichtige Rolle spielen und muss prioritär für Industrie und Versorgungssicherheit Strom zur Verfügung stehen. Auch die Deutsche Bahn verwendet im Rahmen der Kreislaufwirtschaft und Ressourcenschonung sog. altbrauchbare Betonschwellen. Wir setzen uns dafür ein, dass derartige Fortschritte intensiviert werden.

Mit besten Grüßen

Ingrid Nestle

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