Wird die FDP dafür sorgen, dass die schwerwiegende Erkrankung ME/CFS in die GdB-Tabelle der VersMedV zur Anerkennung einer Behinderung endlich angemessen aufgenommen wird?

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Jens Beeck
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Frage von Stefan A. •

Wird die FDP dafür sorgen, dass die schwerwiegende Erkrankung ME/CFS in die GdB-Tabelle der VersMedV zur Anerkennung einer Behinderung endlich angemessen aufgenommen wird?

Die schwerwiegende und häufige neuroimmunologische Erkrankung ME/CFS ist weiterhin eine stille humanitäre Katastrophe in Deutschland und führt oft zu einem hohen Grad der körperl. Behinderung. Es fehlt leider weiter völlig an Versorgung, Anerkennung, Aufklärung, weitgehend an Forschung und es kommt weiter keine Hilfe bei den vielen Erkrankten an. Im Bereich Anerkennung der Behinderung hätte man längst eine sehr relevante Verbesserung herbeiführen können, indem ME/CFS in die VersMedV als eigenständige Krankheit angemessen aufgenommen worden wäre. Dies hätte mit geringem Aufwand für deutlich mehr Gerechtigkeit und weniger Streit mit Behörden und Sozialgerichten bei der Anerkennung geführt. In Deutschland sind aktuell mind. ca. 500.000 Menschen an ME/CFS erkrankt. Schnelle Hilfe bleibt trotz der Bekanntheit in der Ampelkoalition weiter aus. Die Bundesreg. hat versäumt, diesen Beitrag und weitere zur Verbesserung der dramatisch schlechten Situation umzusetzen. Werden Sie nun handeln?

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FDP

Den Freien Demokraten ist bewusst, dass die Versorgungslage für ME/CFS-Betroffene prekär ist und bis heute keine medikamentösen oder kurativen Ansätze existieren, um die Erkrankung gezielt und ursächlich zu behandeln oder gar zu heilen. Dies hängt vor allem mit der bereits seit Jahrzehnten vernachlässigten Grundlagenforschung zusammen. Die Ampel hat bereits einen ersten wichtigen Schritt gemacht: Das Bundesministerium für Bildung und Forschung förderte 2022/2023 erstmals den Aufbau eines Forschungsnetzwerks zu ME/CFS und setzt diese Förderung auch in 2024 fort. Uns als FDP ist bewusst, dass dies nur ein erster kleiner Schritt ist, denn Forschungsstrukturen zu implementieren benötigt viel Zeit.

Positiv zu erwähnen ist neben der Bereitstellung von Haushaltsmitteln für Versorgungsforschung beim BMG auch die neue Förderbekanntmachung des G-BA, welche die Versorgung von Patientinnen und Patienten mit postviralen Symptomkomplexen wie Post-/Long-COVID und ME/CFS kürzlich zum Forschungsgegenstand für Innovationsfondsprojekte gemacht hat. Damit stehen weitere 21 Mio. Euro für die Erforschung zur Verfügung.

Es ist fatal, dass durch fehlende Aufklärung von Politik, Ärzteschaft und Öffentlichkeit die Patientinnen und Patienten oft erhebliche Stigmatisierung sowie mangelnde Anerkennung bei Krankenkassen, Versorgungsämtern, Rentenversicherungen, Schulen und Einrichtungen des öffentlichen Gesundheitsdienstes, Sozialdienstes und der Jugend - und Familienberatung erfahren. Wir sehen hier dringenden Aufklärungsbedarf. Hier müssen wir den richtigen Adressaten finden. Inhalte ärztlicher Weiterbildungen sind de facto ausschließliche Angelegenheit der Ärztekammern, auf die der Gesetzgeber keinen Einfluss hat. Lehrkräfte-Fortbildungen hingegen liegen in der Zuständigkeit der Kultus- und Wissenschaftsministerien der Länder. Diese sind hier dringend aufgerufen, Initiative zu ergreifen. Hier gehen die Freien Demokraten mit positivem Beispiel voran. So wurde in Thüringen ein umfangreicher Antrag von der FDP in den Landtag eingebracht, der diese Themen unter anderem adressiert (https://parldok.thueringer-landtag.de/ParlDok/dokument/85272/das_stille_leiden_an_me_cfs_beenden_forschung_versorgung_und_aufklaerung_staerken_neufassung.pdf)

Zu Ihrer Frage der Aufnahme von ME/CFS in die Versorgungsmedizin-Verordnung müssen wir Ihnen leider mitteilen, dass die Inhalte dieser Verordnung nicht durch das Parlament bestimmt werden, sondern von einem beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales angesiedelten Beirat (Ärztlicher Sachverständigenbeirat Versorgungsmedizin).

Die Entscheidung über einen Grad der Behinderung und Merkzeichen wird i. d. R. nach Aktenlage (also ohne eine persönliche Begutachtung) getroffen. Während die Versorgungsmedizin-Verordnung anderen Erkrankungen grob einen GdB zuordnet, heißt es unter 18.4: „Die Fibromyalgie, das Chronische Fatigue Syndrom (CFS), die Multiple Chemical Sensitivity (MCS) und ähnliche Syndrome sind jeweils im Einzelfall entsprechend der funktionellen Auswirkungen analog zu beurteilen.“

Ausschlaggebend für die Bemessung des Grads der Behinderung bei ME/CFS sind also die individuellen Funktionseinschränkungen. Diese sind bei ME/CFS oft schwer objektivierbar, da die Erkrankung in sehr unterschiedlichen Schweregraden existiert. Die Vermutung liegt nahe, dass dies auch der Grund dafür sein könnte, weshalb das Krankheitsbild nicht pauschal einen Grad der Behinderung nach der Verordnung erhält. Aussagefähige Arztbriefe sind die beste Unterstützung bei Antragstellung. Dass dieser Prozess sehr mühsam ist und Betroffene oft große Schwierigkeiten haben, Anerkennung zu finden, ist uns bewusst. Es kann zudem sinnvoll sein, eine Übersicht zu den eigenen Einschränkungen zu ergänzen. Zum Beispiel in Form eines Aktivitäts-/Schmerz-/Betreuungs-/Pflegeprotokolls über mindestens 14 Tage. Es ist nützlich, nicht allein die Symptome aufzulisten, sondern vor allem ihre konkreten Auswirkungen, z. B. auf Mobilität, Erwerbsfähigkeit, soziales Leben, Mediennutzung. Dabei ist es hilfreich, sich eng am Wortlaut der Versorgungsmedizin-Verordnung zu orientieren.

Seien Sie versichert, dass wir als Freie Demokraten, die Förderung von Forschungsnetzwerken zu ME/CFS weiter unterstützen werden.

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