Frage an Jerzy Montag bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

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Jerzy Montag
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Frage an Jerzy Montag von Karl W. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Guten Tag Herr Montag,

ich bin mir nicht ganz im Klaren in den folgenden Punkten und hoffe, dass Sie mir bei der Klärung helfen können.

1. Ist das GG eine Verfassung?
2. Wurde in den Lissabonner Verträgen rechtsstaatliche Ordnung Übertragen?
3. Sehen Sie die Lissabonner Verträge als staatsauflösende Maßnahme?
4. Wurde in den Lissabonner Verträgen Rechtshoheiten der BRD aufgegeben und wenn ja, welche?
5. Wurden die Zuständigkeitsbereiche des Bundesverfassungsgerichts damit in irgendeiner Art und Weise verändert?

Vielen Dank für Ihre Zeit
Mit freundlichen Grüßen
Walther

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Walther,

Faktisch ist das Grundgesetz die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland. Der Name "Grundgesetz" resultiert aus den Gegebenheiten nach dem Zweiten Weltkrieg, als man aufgrund der Teilung Deutschlands endgültige Namen und Symbole wie "Verfassung" vermeiden wollte. Mittlerweile ist das Grundgesetz unter Staatsrechtlern eine der angesehensten Verfassung der Welt. Dass es sich um eine Verfassung handelt, erkennt man auch am BundesVERFASSUNGSgericht. Den skeptischen Stimmen, die mit dem Vertrag von Lissabon eine unzulässige Kompetenzverlagerung hin zur EU oder gar eine Aushebelung des Grundgesetzes erkennen wollen, muss ich energisch widersprechen: Der Vertrag von Lissabon kann und darf das Grundgesetz nicht aushebeln. Er tut es auch gar nicht.

Auch begreife ich ihn nicht als "staatsauflösende Maßnahme", die Staaten Europas bleiben weiterhin die zentralen Handlungsakteure: Sie waren es, die in einer Regierungskonferenz den Vertrag ausgehandelt hatten und jeder Staat muss dem Vertrag einzeln zustimmen und ratifizieren. Zudem werden die Rechte der nationalen Parlamente gestärkt: durch das Subsidiaritäts-Frühwarnsystem sind sie direkt in die EU-Gesetzgebung eingebunden; außerdem besitzen sie ein Klagerecht beim EuGH bei Verstößen gegen das Subsidiaritätsprinzip.

Wir Grüne unterstützen den Reformvertrag von Lissabon, weil er dringend notwendige Reformen erfüllt. Er macht die EU demokratischer, transparenter und effizienter. Natürlich hätten uns auch wir an manchen Stellen andere Ergebnisse gewünscht, so z.B. ein europaweites Referendum für die Einführung des Vertrags. Aber es ist ein Vertrag, der im Ergebnis einen wirklich ausgewogenen und guten Kompromiss zwischen den vielen unterschiedlichen Vorstellungen in allen Politikbereichen darstellt.

Beste Grüße,
Jerzy Montag