Frage an Joachim Herrmann bezüglich Recht

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Joachim Herrmann
CSU
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Frage von Christof K. •

Frage an Joachim Herrmann von Christof K. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Herrmann,

vor einigen Tagen habe ich im Bayerischen Rundfunk ein Interview mit Ihnen zum Thema Geschwindigkeitskontrollen auf Autobahnen mittel Section control gehört.
In diesem Interview haben Sie sich gegen diese Art der Geschwindigkeitskontrollen ausgesprochen, weil diese die Autofahrer unter "Generalverdacht" stellen würde.
Generell finde ich den Ansatz, dass die Bürger nicht unter Generalverdacht gestellt werden sollen richtig.
Meine Frage an Sie ist jetzt folgende.
Wie passt diese Ablehnung die Bürger unter Generalverdacht zu stellen zu der Forderung der CSU die Vorratsdatenspeicherung wieder einzuführen?
Meiner Meinung nach stellt die Vorratsdatenspeicherung die Bürger ebenfalls unter Generalverdacht.
Zusätzlich können meine Daten bei einer Section Control nach dem Verlassen des überwachten Abschnittes direkt gelöscht werden, sofern ich mich ordnungsgemäß verhalten habe.
Bei der Vorratsdatenspeicherung würden alle meine Verbindungsdaten über mehrere Monate gespeichert bleiben.
Bin ich also gefährlicher wenn ich telefoniere oder das Internet benutze als wenn ich Auto fahre?

Mit freundlichen Grüßen

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Kronseder,

die Mindestspeicherfrist für Telekommunikationsverkehrsdaten ist ein notwendiges Mittel zur effektiven Strafverfolgung und Gefahrenabwehr. Nicht nur bei der Kriminalitätsbekämpfung, insbesondere im Bereich des Terrorismus, sondern beispielsweise auch bei der Verhinderung von im Internet angekündigten Amokläufen oder zur Auffindung von Vermissten oder Suizidenten können wir auf eine Mindestspeicherfrist nicht verzichten.

Bei der Mindestspeicherfrist geht es darum, dass (private) Anbieter von Telekommunikationsdiensten verpflichtet werden, anlasslos und für einen bestimmten Zeitraum Telekommunikationsverkehrsdaten zu speichern, auch wenn diese für Abrechnungs- oder sicherheitstechnische Zwecke nicht benötigt werden. Nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen und zu ganz bestimmten Zwecken sind diese Daten von den Diensteanbietern an die zuständigen Behörden zu übermitteln.

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 2. März 2010 ausdrücklich festgestellt, dass eine sechsmonatige, vorsorglich anlasslose Speicherung von Telekommunikationsverkehrsdaten (keine Aufzeichnung von Gesprächsinhalten) durch private Diensteanbieter für qualifizierte Verwendungen im Rahmen der Strafverfolgung, der Gefahrenabwehr und der Aufgaben der Nachrichtendienste, wie sie die Richtlinie 2006/24/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 vorsieht, mit dem Fernmeldegeheimnis des Art. 10 GG nicht schlechthin unvereinbar ist. Ferner hat es detaillierte Vorgaben für eine künftige Neuregelung gemacht. Die Nutzung der Telekommunikationsverkehrsdaten unterliegt danach hohen rechtlichen Anforderungen und bedarf grundsätzlich einer richterlichen Anordnung. Ein rasches Tätigwerden des Bundesgesetzgebers ist unabdingbar nicht nur, weil Deutschland verpflichtet ist, die Richtlinie 2006/24/EG umzusetzen, sondern vor allem auch zum Schutz von Leib und Leben der hier lebenden Menschen.

Section Control ist dagegen ein neuer Ansatz der Geschwindigkeitskontrolle. Der Begriff bezeichnet ein System zur Überwachung von Tempolimits im Straßenverkehr, bei dem nicht die Geschwindigkeit an einem bestimmten Punkt gemessen, sondern die Durchschnittsgeschwindigkeit über eine längere Strecke ermittelt wird. Dazu ist es erforderlich, die Kennzeichen aller Fahrzeuge mit Hilfe von Videoaufzeichnungen beim Ein- und Ausfahren eines bestimmten Streckenabschnitts durch die Polizei zu erfassen. Einsatz kann diese Methode der Geschwindigkeitsmessung beispielsweise in langen Baustellenbereichen auf Autobahnen oder in Tunnels finden. Das geltende Recht enthält keine hinreichende Grundlage zur Umsetzung von Section Control. Aus datenschutzrechtlichen Gründen bleibt die Ermöglichung von Section Control alleine dem Gesetzgeber vorbehalten.

Die Überwachung von Geschwindigkeitsbegrenzungen hat für die Verkehrssicherheit in Bayern einen hohen Stellenwert. Die Bayerische Polizei kontrolliert daher regelmäßig die Geschwindigkeit an unfallträchtigen Streckenabschnitten und analysiert intensiv Geschwindigkeitsunfälle und -auffälligkeiten. Die Einführung von Section Control als neues System zur Geschwindigkeitskontrolle halte ich allerdings für nicht notwendig, da es für Geschwindigkeitskontrollen bereits bewährte und ausreichende Messverfahren gibt, die datenschutzrechtlich gesichert sind und wirkungsvoll zur Entschärfung von Unfall- und Gefahrenbrennpunkten eingesetzt werden.

Mit freundlichen Grüßen

Joachim Herrmann

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